Der Sommer der Frauen
umwerfenden roten Cupcakes mit Himbeerhaube ins Zimmer. June folgte ihr mit zwei riesigen Schalen Popcorn. «Ich gehöre ja zu den Spinnern, die gerne das Buch lesen, nachdem sie den Film gesehen haben. Also werde ich nach dem Film mit der Lektüre von
Sodbrennen
beginnen. Ich kenne weder Film noch Buch.»
Pearl stellte einen Cupcake vor sich auf den Couchtisch. «Das kann ich dir leihen. Ich bin ein großer Fan von Nora Ephron. Und jedes Mal, wenn ich diesen Film sehe, verstehe ich wieder, weshalb Jack Nicholson ein derart großer Filmstar ist. Er ist umwerfend charmant – eine Zeitlang jedenfalls.»
«Oh, ich habe den Eistee vergessen», sagte Isabel und ging zurück in die Küche, um Krug und Gläser zu holen. Sie warf im Vorbeigehen einen Blick auf die Treppe, in der Hoffnung, dass Griffin herunterkam. Fehlanzeige. Doch als sie wieder aus der Küche kam, stand er plötzlich vor ihr. Er wirkte so …
sexy
, das war das richtige Wort. Groß, dunkler Teint, leicht zerzaust. Sogar seine Haare waren sexy.
«Ich komme doch nicht zu spät, oder?», fragte er. «Emmy ist noch mal aufgewacht, und es hat mich einige Mühe gekostet, sie wieder zum Schlafen zu kriegen. Ich musste mich zweimal durch einen Song aus
Arielle, die Meerjungfrau
quälen, ehe Alexa endgültig keine falschgesungene Note mehr ertragen konnte und sich erbarmt hat. Bei ihr ist Emmy noch vor dem ersten Durchgang eingeschlafen.»
Isabel lächelte. Sie würde auch so gerne einmal ein kleines Kind in den Schlaf singen. Sie ging voraus zum Aufenthaltsraum. «Ich wünschte, davon gäbe es ein Video. Daddy, wie er seinem kleinen Mädchen schief und krumm ein Gutenachtlied singt. Das ist wunderbar!»
«Ich singe wie Pierce Brosnan in
Mamma Mia!
. Haben Sie den je gesehen? Ich wäre ja von selbst nie darauf gekommen, mir so einen Film anzusehen, aber Alexa hat ihn sich irgendwann ausgeliehen und gesagt, ich müsste ihn unbedingt mit ihr schauen. Das kommt nicht allzu oft vor.»
Isabel lachte. «Ja, erst vor ein paar Tagen. Wir haben hier gerade Meryl-Streep-Monat. Nichts als Meryl, die ganze Zeit. Ich freue mich, dass Sie mit von der Partie sind.»
«Ich mich auch. Es ist schon eine Weile her, seit ich einen Film gesehen habe, in dem nicht irgendwelche singenden Waldbewohner vorkommen», sagte er, als sie es sich nebeneinander in den Sesseln bequem machten.
June lächelte ihn an. «Oh, ich weiß genau, was Sie meinen.»
Es herrschte allgemeines Hallo und Smalltalk, die Popcornschüsseln machten die Runde, und Kat lief noch mal hinaus, um für Griffin und sich zwei Bier zu holen.
«Sind alle da, die kommen wollten?», fragte Lolly, die Fernbedienung in der Hand.
«Ich glaube schon», sagte Kat und reichte Griffin eine Flasche Shipyard. Kats Stammplatz auf dem Sitzsack war von einer mitteilsamen jungen Frau namens Jillian besetzt, die mit ihrem Freund angereist war, der es vorzog, oben im Möwenzimmer
World of Warcraft
auf seinem Laptop zu spielen.
Griffin war so nah! Gerade mal ein paar Zentimeter von Isabel entfernt. Als der Film begann, konnte sie sich auf nichts anderes als auf seine Präsenz konzentrieren. Die Seite seines Armes. Die Seite seines Oberschenkels. Das kräftige, männliche Profil. Die Haare. Er roch nach Ivory-Seife.
«Wow! Die dunklen Haare stehen Meryl Streep einfach phantastisch», sagte June. «Sie sieht toll aus. Ich liebe ihr Gesicht.»
«Ich auch», sagte Kat. «Sie hat so elegante Wangenknochen. Und sie sieht sogar mit Achtziger-Jahre-Frisur und Schulterpolstern toll aus.»
Die Schulterpolster von Meryls schickem Kleid waren in der Tat imposant. In der Eröffnungssequenz des Films befindet sie sich auf einer Hochzeit – und flirtet von weitem mit einem wildfremden Mann, Jack Nicholson. Es geht ein bisschen hin und her, bis sie irgendwann zusammen im Bett liegen und sich eine Schüssel Spaghetti carbonara teilen, die sie als kleinen Mitternachtssnack zusammengerührt hat. Sie liegen im Bett und essen, die Laken um sich herumdrapiert, und Jack sagt, wenn sie verheiratet sind, wünscht er sich einmal in der Woche Spaghetti carbonara von ihr.
Isabel musste an Edward denken. Als sie sechzehn waren, hatte Edward nur ein paar Wochen, nachdem sie sich kennengelernt hatten, zu ihr gesagt: «Wenn wir verheiratet sind, koche ich jeden Tag Spaghetti für dich.» Sie hatten in den Wochen und Monaten nach dem Tod ihrer Eltern jede Menge Spaghetti gegessen. Vom Spaghettikochen verstand Edward wirklich etwas und von belegten Sandwiches
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