Der Sommer der Frauen
flüsternd.
Marley schüttelte den Kopf. «Aber ich habe es meiner Mutter gesagt. Sie möchte, dass ich in Boothbay bleibe und mich hier nach einer Stelle als Lehrerin umsehe. Sie sagt, dass sie gerne den Babysitter für mich macht.» Marley lächelte. «Ich bin schon nicht mehr ganz so verzweifelt.»
«Ich fände es gut, wenn du hierbleibst – Kip wird sich ganz sicher blicken lassen. Wenn auch vielleicht erst, wenn das Baby da ist.»
«Hoffentlich. Wahrscheinlich ist es ja nur ein romantisches Hirngespinst, aber ich bin immer noch der Meinung, dass ihm ein wunderbares Geschenk angeboten wurde: eine Familie, eine Frau, die ihn fürchterlich liebt, ein Kind – und er macht sich rein gar nichts daraus.»
«Das wird sich rausstellen», sagte June. «Mit der Zeit. Aber dazu muss die Neuigkeit erst mal richtig bei ihm ankommen.»
Sie verabredeten sich für diese Woche zum Abendessen, um gemeinsam eine Liste der Dinge durchzugehen, die nach Junes Meinung jede junge Mutter brauchte, und auch über diejenigen zu sprechen, die sie für Blödsinn erachtete (wie zum Beispiel vorgewärmte Feuchttücher). Dann ließ sie Marley mit ihren Büchern wieder allein und setzte sich an den freien Computer.
Sie absolvierte die übliche Suchroutine. Eine halbe Stunde später wurde ihr klar, dass sie die wenigen Seiten, die sich zu lesen lohnten, alle schon kannte. Eine weitere halbe Stunde später war sie mit sämtlichen Treffern und Erwähnungen fast durch. Nichts Neues.
Doch dann stieß sie auf etwas Vielversprechendes. Etwas äußerst Vielversprechendes. Als sie
John Smith, Colby College, 2003 , 2004 , 2005
in die Google-Blogsuche eingab, erschien ein kurzer Bericht aus dem Jahr 2005 – inklusive eines Fotos in ziemlich schlechter Auflösung – über eine College-Jazzband, ein Quartett namens The Jazz Experience. Der John Smith, den sie suchte, hatte ihr zwar erzählt, dass er Jazzmusik liebte, aber nicht, dass er in einer Band gespielt hatte. Trotzdem, die Bildunterschrift identifizierte John Smith als den zweiten von links, und der Junge mit dem Bass hatte tatsächlich schwarze, glatte Haare. Er hielt den Blick auf seine Gitarre gesenkt, und die Haare verdeckten seine Augen.
Es war möglich. Der Jahrgang stimmte.
Und was jetzt? Sollte sie die drei anderen Bandmitglieder kontaktieren?
Äh, hallo, du bist mit einem John Smith aufs College gegangen, der schwarze, glatte Haare hatte. Er spielte mit dir in einer Band. Weißt du zufällig, ob er im letzten Jahr die Schule geschmissen hat, um zu reisen?
Immerhin hatte sie hier jemanden gefunden – und zwar gleich drei Personen die sie fragen konnte. Es war ein Anfang.
«Es tut mir leid, aber Ihre Sitzung ist schon seit zehn Minuten abgelaufen, und es wartet noch jemand auf den Computer», sagte eine Mitarbeiterin zu ihr.
June sprang auf. «Entschuldigung! Schon frei!» Sie eilte die Treppe hinunter. Endlich hatte sie etwas gefunden, mit dem sich etwas anfangen ließ.
Ich werde ihn finden.
Sie war auf dem richtigen Weg. Das spürte sie. Sie würde endlich erfahren, was geschehen war, wieso er nie wieder aufgetaucht war, trotz der unglaublichen zwei Nächte, die sie miteinander verbracht hatten, trotz der Art, wie er sie angesehen hatte, sie im Arm gehalten hatte, sie hatte spüren lassen, dass er sie liebte. Und vielleicht, ganz gleich, wie hauchdünn der Hoffnungsschimmer auch sein mochte, der sich hinter diesem Vielleicht verbarg, gab es doch noch eine Chance für sie und Charlie, endlich zu dritt zu sein.
*****
Nach dem Abendessen googelte June den Namen des Typen aus dem Blogpost mit dem ungewöhnlichsten Namen. Es tauchte tatsächlich nur ein Theodore Theronowki auf. Ein einziger!
Danke, Theodore Theronowki, für deinen schönen Namen!
Sie tippte den Namen und Adresssuche ins Suchfeld, und sofort erschienen eine Adresse und eine Telefonnummer in Illinois.
Ihr Herz klopfte wie verrückt. Sie griff zum Telefon und wählte.
«John Smith, John Smith …», sagte Theodore Theronowki, nachdem sie ihm den Grund ihres Anrufes erklärt hatte. «Aus der Jazz Experience? Ich erinnere mich ni– oh, warten Sie, doch. Als Parker ausstieg, ist sein Freund John für ein paar Monate für ihn am Bass eingesprungen. Ich bin dann an die Uni gegangen, wir haben uns nicht besonders gut kennengelernt.»
Er erinnerte sich an ihn. June schloss in stummem Dank die Augen. Sie war ihm auf der Spur.
«Sie haben nicht zufällig seine Adresse? Auch, wenn sie alt ist, oder eine Telefonnummer?
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