Der Sommer der lachenden Kühe
mit der Faust.
Sowie das Auto außer Sichtweite war, kam einer von Rytkönens ehemaligen Mannschaftskameraden mit dem Fahrrad ans Becken gefahren. Er war ein lang aufge schossener, pickliger Bengel, ebenso groß wie Rytkönen. Er näherte sich dem Kleiderhaufen des alten Mannes und griff sich flink den Anzug und die Schuhe. Rytkö nen sah ein Hosenbein seines nagelneuen Kleidungsstü ckes am Gepäckträger flattern, als der Junge davonfuhr. Einen der beiden Schuhe verlor der Räuber auf der Straße, direkt vor dem Tammer.
Taavetti Rytkönen blieb nackt in dem kalten Becken zurück, den Fußball unter dem Arm. Er wusste nicht, was er jetzt tun sollte. Inzwischen hatte der Tag begon nen, und die ersten Leute machten sich auf den Weg zur Arbeit. Rytkönen hockte sich instinktiv hin, sodass nur sein alter Kopf über dem Wasser zu sehen war, sein Kopf und der schmutzige Fußball.
Bald hatte sich ein Dutzend Frauen um das Becken versammelt, und ständig kamen neue hinzu. Sie redeten auf Rytkönen ein, er solle aus dem Becken steigen, doch es half nichts. Besorgt diskutierten sie darüber, dass sich der arme Alte im Wasser erkälten könnte. Eine der Frauen schlug vor, man solle ein Seil holen und als eine Art Rettungsleine in den Teich werfen oder ein Lasso, mit dem man den Mann einfangen und aufs Trockene ziehen könne. Dann erschien eine ältere Frau, die ent schied, man müsse die Polizei anrufen.
»Seht ihr denn nicht, dass das ein Verrückter ist? Er wird dort noch erfrieren. Wer geht telefonieren?«
Eine der Frauen verschwand, um den Anruf zu täti gen, doch sie kehrte mit schlechten Nachrichten zurück.
»Auf der Wache haben sie gesagt, der Alte ist ihnen bekannt. Sie haben genug von ihm. Er ist aus purer Boshaftigkeit ins Wasser gestiegen und kann demzufolge auch selber rauskommen. Die Polizei hat angeblich keine Zeit, alte Kerle aus dem Wasser zu fischen. Wenn er so bockig ist, dass er mit Absicht im Becken sitzt, dann soll er darin sitzen bleiben.«
Man fragte Rytkönen nach seinem Namen und seiner Adresse, aber er wollte seine Identität nicht preisgeben. Er wusste nicht recht, wie er sich verhalten sollte. Es machte ihn wütend, dass immer mehr Leute kamen und lautstark über ihn diskutierten. Hatten die Bewohner der Stadt um diese Tageszeit nichts anderes zu tun, als ihn, einen alten Mann, zu belästigen?
Zu allem Überfluss fing es an zu regnen. Zuerst nie selte es nur, aber schon bald goss es in Strömen. Im Wasserbecken plätscherte es fröhlich von den großen Tropfen. Taavetti Rytkönens graue Haare wurden nass. Wasser rann ihm über das Gesicht. Er fand die ganze Situation grauenhaft.
»Der arme Kerl niest schon. Sollten wir nicht besser einen Krankenwagen rufen?«
»Die Feuerwehr muss her. Die haben Taucher, anders kriegt man den Mann da nicht raus.« Seppo Sorjonen erwachte früh am selben Morgen. Regen trommelte gegen das Fenster. Er ging nach nebenan, um Rytkönen zum Frühstück zu wecken, doch der Alte hatte sich wieder einmal aus dem Staub gemacht. Sor jonen eilte nach unten in die Hotelhalle. Der Nachtpor tier wusste zu berichten, der Vermessungsrat habe sich in der Nacht mehrfach aus dem Hotel entfernt. Er habe keine Nachricht hinterlassen.
Erfüllt von bösen Ahnungen, rannte Sorjonen auf die Straße. Er machte sich Vorwürfe, dass er den betrunke nen alten Mann allein in seinem Zimmer gelassen hatte. Aber er konnte ihn ja schließlich nicht in Fesseln legen.
Im Park hinter dem Hotel bemerkte er einen Men schenauflauf. Seppo Sorjonen eilte dorthin und sah, dass die Leute um ein Wasserbecken herumstanden und durcheinander riefen. Ihre Aufforderungen und Kom mentare galten zwei Kugeln, die mitten im Becken schwammen, eine davon war ein Fußball und die andere der Kopf des wütenden Taavetti Rytkönen. Seppo Sorjo nen bahnte sich einen Weg durch die Menge und befahl Rytkönen, sofort aus dem Wasser zu kommen. Rytkönen zuckte zusammen, er erkannte Sorjonen und gehorchte sofort. Er stieg aus dem Wasser und bedeckte mit der Hand schamhaft seine Blöße. Sorjonen fragte ihn, wo seine Kleidung sei und wem der Fußball gehöre.
»Stell keine überflüssigen Fragen.«
Sorjonen schoss den Fußball quer über die Straße in den Park und führte seinen Schützling dann zurück ins Hotel. Die Menschenmenge folgte ihnen neugierig. Es goss in Strömen. Sorjonen zog sein Jackett aus und legte es Rytkönen um die Schultern. Auf den Stufen vor dem Hotel wandte er sich zu
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