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Der Sommer der lachenden Kühe

Titel: Der Sommer der lachenden Kühe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arto Paasilinna
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Spinnrad und das Butterfass mit Stößel in den Flammen.
    Am Abend stauten die Männer mit dem Frontlader des Traktors den Oberlauf des Baches auf. Das Wasser stieg, trat über die Ufer und richtete immense Zerstö­ rungen in den Wäldern auf der Dorfseite des Bauernho­ fes an.
    Vor dem Schlafengehen wurde noch die Darre auf dem Unterfeld angezündet. Im Schein des Feuers saßen die fleißigen Zerstörer bis spät in die Nacht beisammen, dann besiegte sie schließlich die Müdigkeit. Die Rinder­ herde blickte aus der äußersten Ecke des Unterfeldes zur brennenden Darre hinüber, ohne etwas von den Ereignissen des Tages zu begreifen. In den frühen Morgenstunden drehte der junge vielver­ sprechende Rocksänger Masa »Heavy« Holopainen im Kirchdorf Lestijärvi gemeinsam mit seinem Freund Leksa »Lord« Matikainen am Kurzwellensender. Die beiden Burschen wollten flotten Heavy-Metal von euro­ päischen Stationen hören, denn sie waren seit Jahren Fans dieser Musikrichtung. Sie gehörten einer Band aus Lestijärvi an, die bei der Vorausscheidung des Rockfesti­ vals der Moorgemeinden von Österbotten beachtlichen Erfolg gehabt hatte. Sie waren immerhin unter den zehn besten Bands gewesen.
    Der nächtliche Musikgenuss wurde ihnen jedoch weidlich verdorben, da im Radio durch die Rockklänge hindurch immer wieder hartnäckiges Piepsen ertönte, mal gedämpft, dann wieder deutlicher – immer abhängig davon, in welche Richtung Mäkitalos Leitbulle Eemeli seinen Kopf im Schein der brennenden Darre drehte.
    15
    Taavetti Rytkönens Morgen begann mit angestrengten Gedächtnisübungen. Er wusste zwar, wer er war, aber viel mehr fiel ihm so unmittelbar nach dem Aufwachen nicht ein. Der alte Mann trottete nach draußen, pinkelte an die Ecke der Scheune und betrachtete misstrauisch sein Glied. Ein männlicher Schlauch.
    Der Hofplatz kam ihm irgendwie bekannt vor, aber sein Zuhause war es nicht. Vor der Tür des Kuhstalls saß miauend eine fremde Katze. Als Rytkönen in die Stube des Hauses trat, goss ihm eine stämmige Bäuerin Kaffee ein, bestimmt auch sie eine Bekannte, aber wer war sie? Erst als Heikki Mäkitalo aus der Schlafkammer kam und sich die Hosenträger festknöpfte, kehrte Ryt­ könens Erinnerungsvermögen wieder. Das war ja sein Kriegskamerad, er war mächtig alt geworden! Beim Kaffeetrinken fielen ihm dann weitere Dinge ein, auch vom gestrigen Tag. Sie hatten eine Darre abgebrannt, prima! Er musste nur in Ruhe nachdenken und sein Gehirn arbeiten lassen, dann wusste er wieder Bescheid.
    Rytkönen erinnerte sich auch wieder an Sorjonen. Sollte man den Doktor nicht zum Frühstück wecken? Es war ihm ein wenig peinlich, als seine Gastgeber erklär­ ten, Sorjonen sei gestern nach Helsinki gefahren und werde erst am Ende der Woche zurückkehren. Bis dahin wollten sie den ganzen Bauernhof zerstören.
    »Ah ja, stimmt ja! Komisch, das Gedächtnis lässt mit dem Alter wirklich nach.«
    Sofort nach dem Frühstück machten sie sich wieder ans Werk. Mäkitalo fuhr seinen schweren Allrad-Traktor, einen alten Deutz, aus der Maschinenhalle. Der Bauer erzählte zufrieden, der Traktor habe noch einen starken Motor und bringe es auf hundertfünfzig PS. Einen Vierschaufelpflug damit zu ziehen sei ein Kinder-spiel.
    Sie brachten hinten am Traktor einen starken Haken an, um den Brunnendeckel abzureißen, der aus Beton gegossen war. Die runde Platte knackte und dröhnte, musste letztendlich aber doch nachgeben. Die Einzelteile wurden anschließend in den Schacht geworfen. Die Bäuerin bat Rytkönen, ihr beim Hinaustragen des Fern­ sehers zu helfen. Auch ein Dutzend rostiger Milchkan­ nen und weitere Metallgegenstände landeten in der Tiefe, so der uralte Häcksler und die Zentrifuge, ferner aus dem Haus der Staubsauger und die Mikrowelle. An den Traktor kam nun der Frontlader, mit dem Mäkitalo mehrere Kubikmeter Dung aus dem Mistsilo holte, um ihn in den Brunnen zu kippen. Die Arbeit wurde abge­ schlossen, indem man dem Dung noch den alten Schleifstein, die Hobelbank und die Melkmaschine folgen ließ.
    Während Taavetti Rytkönen aus dem restlichen Mate­ rial noch weitere Sprengladungen bastelte, machte sich der Bauer an die Zerstörung seiner Felder. Er hängte den schweren Grabenpflug mit zwei Schaufeln an seinen Traktor, um damit kreuz und quer tiefe Gräben in die Felder zu ziehen. Die alten Gräben füllten sich mit Mo­ rast, die Zerstörung nahm allmählich furchtbare Aus­ maße an. Die neuen Gräben entstanden im

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