Der Sommer der lachenden Kühe
war.
»Dies ist ein kleiner Sender. Die Batterien müssten bis zum Herbst reichen. Den Riemen kriegt der Leitbulle um den Hals gehängt, und dann werden die Tiere auf die Weide getrieben. Ich will ja nicht grundlos unschuldiges Vieh töten, es soll jetzt im Sommer noch frei im Wald und auf den Wiesen herumlaufen. Später, zur Zeit der Elchjagd, werde ich die Tiere draußen erschießen. Wenn man sie dann mit einem Empfänger anpeilt, sind sie leicht zu finden.«
Die Bäuerin kam rosig und gut gelaunt aus der Sau na. Sie kochte Kaffee und bot Kuchen an. Als sie sah, dass ihr Mann die Flurkarte vorführte, fing sie an zu wettern, er täte wirklich gut daran, die ganze Klitsche auf einen Schlag zu zerstören. Auch sie habe genug von diesem Nest. Auf ihre alten Tage müsse sie noch im Modder wühlen und Kuhscheiße schaufeln. Sie sagte, sie warte händeringend auf den Tag, an dem die Zerstö rungsaktion beginne. Auch sie habe von der Landwirt schaft die Nase voll, und da sie den Hof gemeinsam aufgebaut hatten, wollten sie ihn auch gemeinsam zerstören.
Taavetti Rytkönen versprach, Mäkitalo zur Hand zu gehen, wenn er den Hof niederbrannte und die wichtigs ten Bauten sprengte.
»Aber man wird euch wahrscheinlich dafür ins Ge fängnis oder zumindest in die Irrenanstalt stecken«, vermutete die Bäuerin.
»Das schreckt uns nicht«, prahlten die beiden alten Männer. Zur Bekräftigung des Entschlusses schlug Heikki Mäkitalo mit solcher Wucht seine Faust auf den Tisch, dass der Elchkopf von seinem Nagel an der Wand herunterfiel und donnernd auf dem Fußboden auf schlug. Das Sägemehl staubte, und ängstliches Piepsen war zu hören. In dem Elchkopf befand sich ein Mäuse nest, und die winzigen Jungen sausten nach allen Sei-ten auseinander, um sich zu verstecken.
Heikki Mäkitalo kratzte das Füllmaterial aus dem Schädel und konstatierte, dass sich die Maus darin ein hübsches Nest gebaut hatte. Hinaufgekommen war sie am Kabel der Deckenlampe. Und in diesem beinernen Schädel hatte sie jahrelang ihre Jungen aufgezogen, die das Gepiepse veranstaltet hatten.
»Siehst du! Ich habe ja immer gesagt, dass nicht der Elch piepst«, sagte Mäkitalo zu seiner Frau.
Die Bäuerin trug den schweren Gegenstand hinaus hinter den Kuhstall, dort begoss sie ihn mit Terpentin und zündete ihn an. Durchs Fenster sahen die Männer zu, wie der Elchkopf in der Abenddämmerung brannte. Zurück blieben nur die weißen Schädelknochen. Anna Mäkitalo erklärte, dass sie den Elch nie habe leiden können. Abgesehen davon, dass er gepiepst habe, habe er noch den bösen Blick gehabt, sie habe ständig unter dem Gefühl gelitten, er schaue hinter ihrem Rücken tadelnd zu ihr herunter. Wenn sich in der Küche mal besonders viel schmutziges Geschirr angesammelt habe, sei es ihr immer so vorgekommen, als ob der Elch dau ernd hinstarrte.
Seppo Sorjonen erwachte morgens in der kühlen Kam mer der Scheune, streckte sich ausgiebig und versuchte sich zu erinnern, wo er war. Er lag in einem kleinen Raum zwischen sauberen Laken unter einer Flickende cke. Die Decke des Raumes bestand aus Sägebrettern, hinter der Wand hörte er jemanden schnarchen. Sorjo nen schaute aus dem Fenster, das mit einer rot-weiß-karierten Gardine geschmückt war. Er erinnerte sich, dass er mit Taavetti Rytkönen irgendwo in Österbotten war und in Mäkitalos Scheune schlief. Er zog sich an, ging hinaus, holte Wasser aus dem Brunnen herauf und trank ein wenig zur Erfrischung.
Aus dem Kuhstall klang des Rasseln von Halfterketten und das morgendliche Brüllen der Bullen herüber. Sorjonen betrachtete die Landschaft: hinter dem Haus ein dunkler Fichtenwald, neben dem Kuhstall alte ver rostete Maschinen, in einiger Entfernung eine weite Feldfläche, hinter dem Feld das offene, trostlose Moor. Eine graue Scheune und ein Telefonmast. Der Himmel war bewölkt, es sah nach Regen aus. Sorjonen überleg te, dass er nach Helsinki zurückkehren müsste. Es kam ihm jetzt wieder kindisch vor, sich auf sinnlose Reisen mit einem unbekannten alten Mann einzulassen. Er müsste sich in Helsinki um die Bezahlung seiner Miete kümmern und sich neue Arbeit suchen. Eigentlich könnte er sich bei der Gelegenheit gleich mit Irmeli verloben. Jetzt war schönster Sommer, man müsste aus dieser wunderbaren Zeit etwas machen. Bisher war sie unbemerkt und ungenutzt verstrichen. Allerdings war das nichts Neues, nur selten kam man dazu, den Som mer zu genießen. Für größere
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