Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
die erledigt werden muss. Schritte, die unternommen werden müssen, bevor alles außer Kontrolle gerät. Ich hatte darüber nachgedacht, dass …« Er brach ab, ein wenig verlegen über seine Überlegungen.
»Worüber?«, hakte Jane nach.
»Ich hatte darüber nachgedacht, Sir Wilton meine Dienste anzubieten. Als Hilfskraft des Friedensrichters – oder als was auch immer.«
» Nachdem du den Straßenräuber gefangen hast, das versteht sich.«
Er grinste trocken. »Ich habe meine Zweifel, dass er sich einem solchen Gedanken vorher öffnen würde.«
»Ich halte das für eine gute Idee«, gab Jane zurück. »Ich denke auch, Reston könnte dich gut gebrauchen.«
Eigentlich war es zum Lachen, aber es lag lange zurück, dass Byrne sich gebraucht fühlte. Dass er auf das stolz war, was er beitragen konnte. Dass er sich für eine Sache einsetzte, weil er es wollte, und nicht, weil die Pflicht es verlangte.
»Wirklich?«, erkundigte er sich unsicher.
»Natürlich. Ich würde dich wählen.« Jane zog die Nase kraus. »Das heißt … wenn ich die Erlaubnis bekäme, was ich nicht glaube. Ich würde Jason zwingen, dich zu wählen.«
»Ich glaube nicht, dass das notwendig ist; vermutlich wird es nicht einmal eine Wahl geben.« Byrne lachte und schob ihr eine vorwitzige Locke hinter das Ohr zurück. »Aber ich danke dir für die Unterstützung.«
Er küsste sie und spürte, wie der Funke des Verlangens von ihr auf ihn übersprang. Die köstliche Wärme der zarten Haut an ihrer Kehle, die Art, wie sie sich an ihn schmiegte …
Es dauerte ein paar Minuten, bis Jane atemlos abbrach.
»Wie spät ist es?«, fragte sie. Sie fühlte sich wie berauscht.
»Noch fünf Minuten bis zum Tee«, erwiderte er nach einem Blick auf seine Taschenuhr.
»Ich muss los!«, rief sie erschrocken. »Wie konnte die Zeit nur so schnell vergehen?« Sie warf die Zinnbecher und die Servietten in den Korb. »Ich darf den Tee nicht versäumen.«
»Warum nicht?«, fragte er und zeigte auf die Reste des Gebäcks. »Du hast doch schon gegessen.«
Sie hielt inne, fing seinen Blick auf, öffnete den Mund und schloss ihn wieder, als müsste sie entscheiden, was sie sagen wollte. Dann senkte sie den Blick. »Ich habe Gäste, die mich erwarten«, erwiderte sie schließlich.
»Überlass es doch für einen Nachmittag deinem Bruder, sie zu unterhalten«, schlug Byrne vor und ergriff ihre Hand, um sie zu hindern, weiterhin so eifrig aufzuräumen.
»Das ist es nicht allein«, sagte Jane. Sie klang plötzlich unsicher und verwundbar.
»Was ist es dann, Süße?«, fragte Byrne. Sie sah ihn an und war erschüttert über die Zärtlichkeit in seinen Augen.
Sie saß reglos da, wollte sich zum Sprechen zwingen. Und schwieg. Was auch immer sie vor ihm verbarg – sie gab es nicht preis.
»Ich werde zu Hause gebraucht, das ist alles«, sagte sie schließlich.
Es lag ihm auf der Zunge zu sagen Lass mich dich nach Hause bringen. Lass mich dich zu Hause besuchen. Halte mich vor deinem Bruder, deinem Vater, deinen Freunden nicht geheim. Aber das würde heißen …
Das würde heißen, dass sie einander mehr bedeuteten als nur eine Sommerromanze.
Und das konnten sie nicht haben.
Wenn die Zeit gekommen war, würde er sie gehen lassen. Er würde sie loslassen. Aber noch nicht.
Er zog sie eng an sich und streichelte ihren Rücken. »Es sind noch fünf Minuten bis zum Tee«, flüsterte er, küsste die Sommersprossen in ihren Mundwinkeln und spürte ihren Körper wie von köstlichen kleinen Schaudern erbeben.
»Fünf Minuten?«, fragte sie mit kleiner, aber hoffnungsfroher Stimme.
»Fünf Minuten ….«
20
Jane schaffte es noch bis zum Tee, wenn auch nur knapp. Am nächsten Tag hatte sie nicht so viel Glück, denn sie kam zehn Minuten zu spät; außerdem hing ihr ein Zweig im Haar. Als ihr Vater sie darauf ansprach, antwortete sie, dass er wohl von einem Baum stamme, den sie auf ihrem Spaziergang gestreift habe. Eigentlich war es eine eher dürftige Erklärung, die ihr Vater aber zu glauben schien. Schwester Nancy jedoch warf ihr einen durchdringenden Blick zu.
Jason war nicht anwesend und konnte daher auch keinen Kommentar abgeben. Jane hoffte, dass es Mr Hale und Mr Thorndike endlich gelungen war, ihn in die Bibliothek zu zerren und sich mit ihm in die Bücher zu vertiefen. Aber beim Dinner, während Charles und Nevill sie mit Ideen für das Arrangement der Sitzgelegenheiten auf dem Ball bestürmten (sie plädierten für ein Dutzend kleinerer Tische statt eines
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