Der Sommer der Lady Jane (German Edition)
sagte Jason. »Schändliche Taten. Noch dazu in Friedenszeiten.« Er setzte sich auf den Stuhl Byrne gegenüber, nachdem er ihm das Brandyglas gereicht hatte. »Ich bin neugierig. Was macht Ihrer Meinung nach eine schändliche Tat aus?«
Byrne zuckte die Schultern. »Abgesehen von Diebstahl und Betrug? Lügen.«
»Prügeln?«, schlug Jason vor.
»Faulheit?«
»Verführung.«
Byrne schaute Jason einen Moment lang an, dann grinste er kaum merklich. »Jetzt nähern wir uns dem entscheidenden Punkt.«
»Ich weiß, dass Sie sich für meine Schwester interessieren«, sagte Jason und lehnte sich lässig in seinem Stuhl zurück. »Aber Sie sollten sich darüber klar sein, dass sie sehr umschwärmt wird. Und dass sie schon immer Unsinn im Kopf hatte. Sie sollten sie nicht allzu ernst nehmen.«
»Nicht?«, entgegnete Byrne. »Aber irgendjemand sollte sie ernst nehmen.«
»Sie ist die Tochter eines Dukes, und sie ist es gewohnt, ihren Kopf durchzusetzen. Aber Jane weiß, wo ihr Platz ist … dass sie jemanden zu wählen hat, der einen Rang bekleidet. Ich werde es keinesfalls zulassen, dass diese Sommerromanze ihren Ruf ruiniert. Sie verbringt etwas Zeit mit Ihnen. Das ist alles.«
»Wenn es so ist … warum halten Sie es dann für nötig, mich zu warnen?«
»Ich bin einfach nur der Auffassung, dass es zu Ihrem Vorteil ist, sich die Umstände vor Augen zu führen.« Lässig nippte Jason an seinem Brandy. »Es könnte Ihnen zum Vorteil gereichen.«
Byrne hatte sein Glas zum Mund geführt und hielt in der Bewegung inne. »Mir zum Vorteil gereichen? Wie das?«
»Vielleicht möchten Sie in einem Haus wohnen, das in einer weniger abgelegenen Gegend der Welt steht. Außerdem habe ich darüber nachgedacht, das Haus der Witwe Lowe wieder in unseren Besitz einzuspeisen. Fünfzigtausend Pfund wären für beide Seiten eine befriedigende Sache.«
Beiden war klar, dass das kleine Haus keine fünfzigtausend Pfund wert war.
Byrne zog die Brauen hoch. »Aber, Mylord, was um alles in der Welt sollte ich mit hunderttausend Pfund anfangen?«
»Nun werden Sie mal nicht gierig«, schnappte Jason. »Das Gebot lautet fünfzig. Das ist eine enorme Summe – die ausreichen würde, dieses Haus zu kaufen.«
»Ich weiß, dass die Summe enorm ist. Ich war nicht gierig, ich habe nur addiert. Sehen Sie«, sagte er mit einem Lächeln, angesichts dessen Jasons Lächeln sich verflüchtigte, »fünfzigtausend Pfund habe ich bereits auf der Bank. Wenn ich noch nicht einmal diese Summe ausgegeben habe, wie kommen Sie dann darauf, dass ich noch mal fünfzigtausend ausgebe?«
»Aber wie … aber Sie leben doch in dieser kleinen Hütte!«, rief Jason aus. Byrne hingegen zuckte nur die Schultern.
»Ich habe meine Arbeit für die Armee sehr gut erledigt. Und nun«, sein Lächeln war verschwunden, als er sich nach vorn lehnte, »lassen Sie sich gesagt sein, dass das, was zwischen mir und Ihrer Schwester ist, auch eine Sache zwischen mir und Ihrer Schwester bleibt. Als Schändlichkeit ist es in keiner Weise zu qualifizieren. Weder in ihren noch in meinen Augen.« Er durchbohrte Jason förmlich mit seinem starren, beunruhigenden Blick. »Ich bin entsetzt, dass es Ihnen so leichtfällt, Janes Bedürfnisse so einfach zur Seite zu schieben. Ja, doch, das haben Sie getan«, bekräftigte Byrne, bevor Jason widersprechen konnte. »Sie sagten, dass Jane es gewohnt ist, ihren Kopf durchzusetzen. Aber ich habe meine Zweifel, dass in letzter Zeit irgendetwas nach ihrem Willen gelaufen ist. Heute bin ich als Janes Freund hergekommen. Um ihr zu helfen. Die Bürde der ganzen Welt lastet auf ihren Schultern, und Sie tun nichts, um ihr zu helfen, diese Bürde zu tragen. Stattdessen stehen Sie ihr im Weg herum, verstecken sich … überlassen es ihr, alles zu schultern und sich um alles zu kümmern, während Sie sich gleichzeitig den selbstverständlichsten Aufgaben verweigern. Aus Faulheit«, fügte er hinzu. »Und das ist Ihre schändliche Tat.«
»Wagen Sie es nicht, auf diese Weise über mich zu urteilen!« Jason sprang auf. »Ich bin hier, weil Jane darauf bestanden hat, dass ich sie begleite. Ich habe mein eigenes Leben hintangestellt …«
»Welches Leben?«, unterbrach Byrne ihn. »Reiten? Mit Ihren Freunden versumpfen? Soweit ich es beobachten konnte, haben Sie genau das getan.«
»Ich versuche nur, ein bisschen Spaß zu haben«, rechtfertigte sich Jason. Wann hatte das Gespräch sich gegen ihn gewendet? »Schließlich ist man nur einmal jung.«
»Als wir
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