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Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Der Sommer der Lady Jane (German Edition)

Titel: Der Sommer der Lady Jane (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Noble
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Lebens fortfließen.
    Der Junge musste einfach wieder in Ordnung kommen. Dieses Kind hatte sich in seiner Obhut befunden, und es war Byrnes Verantwortung, über es zu wachen, bis ein Arzt eintraf.
    Bis dahin musste er durchhalten.
    Aus Sekunden wurden Minuten.
    Byrne spürte, wie der rote, raue Schmerz in seinem Bein bis ins Rückenmark hinaufschoss und versuchte, Gewalt über ihn zu erlangen. Genau das würde auch geschehen; der Schmerz war so viel stärker als er … aber noch nicht. Nicht, so lange er sich auf den Jungen konzentrierte.
    Byrne hatte es sich zur Regel gemacht, nicht zu beten. Sein Verhältnis zum Glauben war gespalten – der Krieg machte Männer entweder zu Gläubigen oder zu Atheisten, und da er gleichzeitig Zeuge sowie Täter der Abscheulichkeiten des Krieges geworden war, neigte Byrne zu Letzterem. Männer – gute Männer – und unschuldige Kinder waren schon für kleinere als Joshuas Sünden zum Opfer geworden. Nein, Byrne betete nicht; es wäre nutzlos gewesen. Aber er gab seinen Willen hin. Er konzentrierte sich auf den Jungen, er wollte dessen Atem zwingen, wieder zu fließen, ihn zwingen, am Leben zu bleiben …
    Aus Sekunden wurden Minuten.
    Du lieber Himmel, wie sehr sein Bein schmerzte.
    Jane ist hier gewesen, registrierte er benommen. Er erinnerte sich an ihre Augen. Sie hatte besorgt ausgesehen. Weder ihr Mitgefühl noch ihre Hilfe hatte er annehmen können. Noch nicht. Es würde ihn zerbrechen, gelang es ihm doch nur unter Auferbietung aller Kraft, sich zusammenzunehmen. Es war kaum zu glauben, dass er noch an diesem Morgen in der Erinnerung an ihren Kuss geschwelgt hatte.
    Es schien so lange her zu sein.
    Er wusste, dass sie zu Michael gegangen war, dass sie Joshua der Macht seines Willens überlassen hatte.
    Aus Sekunden wurden Minuten.
    Die Krankenschwester gab Anweisungen, die Bediensteten gehorchten ihr aufs Wort – alle warteten, beobachteten. Eine Tür wurde geöffnet und wieder geschlossen – er wusste, dass Jane mit Michael zurückkehrte. Byrne war auch klar, wie Michael sich jetzt fühlte, er kannte dieses blanke Entsetzen. Auch Byrne hatte einen jüngeren Bruder; und er hatte neben ihm gestanden, als er verletzt wurde. Er war für ihn verantwortlich gewesen; er hätte besser auf ihn achtgeben müssen … es war seine Schuld gewesen … seine Schuld …
    »Mr Worth?«, ertönte Michaels Stimme, sie klang dünn und zaghaft. Byrne sah ihn an.
    »Es tut mir wirklich sehr leid, dass wir Sie mit Äpfeln beworfen haben«, wisperte der Junge schuldbewusst.
    Aus Sekunden wurden Minuten.
    Byrne nickte und nahm die Entschuldigung des Jungen schweigend an, dann konzentrierte er sich wieder auf Joshua. Jane griff nach Michaels Hand.
    Es war ihm schwergefallen, den Blick abzuwenden. Diese roten, rauen Kanten des Schmerzes drangen ihm bis ins Mark. Aber er musste nur noch ein wenig länger durchhalten. Er musste einen klaren Kopf bewahren, bis …
    »Wo ist er?«, fragte Dr. Berridge und betrat eilig den Salon, Victoria Wilton und Jason folgten ihm auf dem Fuße.
    »Meine Familie kommt nach«, hörte er Victoria zu Jane sagen, als der Arzt sich an ihm vorbeidrängte und anfing, den Jungen zu untersuchen.
    Dr. Berridge murmelte ein paar Worte in sich hinein, lange, gewundene, lateinische Worte, die Byrne gar nicht erst zu verstehen versuchte. Denn kaum war der Doktor eingetroffen, zog er sich auf die gegenüberliegende Seite des Zimmers zurück und überließ sich der Höllenglut des Schmerzes in seinem Bein.
    Jane erkannte den Moment, in dem Byrne zusammenbrach. Victoria musste es auch gesehen haben; da sie sich jetzt um Michael kümmern konnte, nickte sie Jane zu und ermunterte sie, zu Byrne zu gehen.
    Rasch war Jane an seiner Seite und hockte sich stumm neben ihn. Er atmete hart; die Lippen fest aufeindergepresst. Vor seinen Augen hing ein dunkler Schleier; die Hände hatte er um sein verletztes Bein gekrampft. Da er nicht mehr als seine Wäsche und die Decke am Leib hatte, konnte Jane die dicke, hässliche Narbe erkennen, die sich über seine angespannten Muskeln wand. Er rieb die Stelle, massierte sie, aber es brachte offensichtlich keine Erleichterung.
    Schließlich erwiderte er ihren Blick.
    Er litt unter höllischen Schmerzen.
    »Bring mich hier raus«, bat er mit zusammengebissenen Zähnen.
    »Kannst du stehen?«, fragte sie. Einen Moment schien er unsicher zu sein, nickte dann aber entschlossen. Jane ergriff seine Hand und zog ihn mit all ihrer Kraft hoch. Beinahe kippte er

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