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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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hysterisch, sie nahm meine Hände, und ich fühlte mich leicht. Als bestünde ich aus Luft.

    »Dieses Kleid – also ich weiß nicht!«, jammerte Beth Corinne vor.
    »Hm«, machte Corinne und drehte die Hand in einer So-lala-Geste hin und her, während sie ihre Schwester in einem grauen, asymmetrisch geschnittenen Kleid musterte, das ich einfach umwerfend fand und das Beths Figur an genau den richtigen Stellen betonte. »Ich mag diesen Look nicht mehr, der eine Schulter freilässt«, fügte Corinne hinzu, verschränkte die Arme und musterte ihre Schwester kritisch. »Das hat man letzten Sommer getragen. Dieses Jahr ist es völlig aus der Mode. Genau wie Gladiatorensandalen.« Sie erschauerte. »Igitt.«
    Gott sei Dank, dass ich meine nicht mitgebracht habe , dachte ich errötend. Ich besaß ein Paar Gladiatorensandalen, und da, wo ich wohnte, war es noch völlig in Ordnung, sie zu tragen.
    »Nein, nicht das Kleid, Beth«, rief Gen vom anderen Ende des Zimmers aus. Sie hatte sich, nur mit einem Bikinihöschen und einem schwarzen Spitzen-BH bekleidet, im Fensterrahmen drapiert. »Mia, gibst du mir mal die Kippen?«
    Ich nahm die Schachtel Zigaretten von Corinnes Bett und warf sie ihr zu. »Fang!« Eva saß auf Gens Bett und rümpfte die Nase. Gut , dachte ich. Es musste eine Enttäuschung für die neunjährige Eva sein – die bereits zu Gens ergebener Sklavin geworden war –, ihre Heldin am Fenster rauchen zu sehen.
    Doch Evas Aufmerksamkeit wurde abgelenkt. »Eva, halt den Kopf still!« Beth hatte das Interesse an dem Kleid verloren und widmete sich der Aufgabe, Eva zu schminken und Glitzerlidschatten auf ihre Lider aufzutragen. Verwundert bestaunte ich die Verwandlung. Eva sah aus wie ein Teenager. Und zwar ein sehr schöner.
    »Sie könnte deine Schwester sein, Corinne«, bemerkte Gen, als Beth rubinroten Gloss auf Evas perfekt geschwungene Lippen auftrug. »Sie sieht dir zum Verwechseln ähnlich.«
    »Ich habe mir schon immer eine kleine Schwester gewünscht«, quietschte Corinne und zerquetschte Eva förmlich in einer festen Umarmung. »Eva und ich sehen genau gleich aus.«
    Sogar Eva mit ihren erst neun Jahren passte besser zu diesen Mädchen als ich. Mit ihrem Lippenstift-Schmollmund und den trotzig blickenden Augen sah sie aus wie ein Model. Ich schaute weg, auf der Suche nach einer Ablenkung.
    Corinnes Zimmer war mit Kleidern übersät, ihre hohen Schränke waren weit aufgerissen. Sie gaben den Blick frei auf Regale mit Stapeln pastellfarbener Reicheleutesachen in allen Farben des Regenbogens: Baumwollblusen und Kaschmirpullover in zarten Tönen, wie sie nur zu Frauen mit blonden Haaren und genau der richtigen, leicht gebräunten Haut passten. Corinne besaß noch eine Menge anderer hipper Klamotten, aber daneben auch die konservative Basisausstattung ihrer Gesellschaftsschicht. Ich brannte darauf, an ihren Schrank zu treten und mit den Fingern über diese Fülle von Luxus zu streichen, den ich mir nie würde leisten können.
    »Mimi!«, rief Eva. »Schau mich mal an.«
    »Du kannst das Partymaskottchen sein«, sagte Corinne, als Beth Evas Haare mit Gel stylte.
    »Mom erlaubt dir nicht, auf die Party zu gehen«, sagte ich fast ohne nachzudenken zu Eva.
    Eva senkte ihren Blick auf mich, und ich erkannte eine Coolness und Überlegenheit darin, die mich überraschten. »Mom hat garantiert nichts dagegen. Und wenn schon: Ich kann sie überreden, wenn ich es will.«
    »Kannst du nicht, Eva«, sagte ich, starrte sie an und versuchte, sie zum Wegschauen zu bewegen. Plötzlich war sie nicht mehr nur meine nervige kleine Schwester, sondern eine von den anderen mit ihren langen Beinen, engen Jeans und winzigen T-Shirts. Sie sah aus wie eine Miniaturversion von ihnen, bis hin zu der Art, wie sie lächelte, erfüllt von einem erwachsenen Selbstvertrauen, das mir den Atem raubte.
    »Du musst früh ins Bett«, sagte ich zu Eva und wusste, dass ich schon allein wegen dieser Bemerkung bei den anderen unten durch war. Wieder einmal erwies sich Mia als Spielverderberin und Oberspießerin. »Obwohl Mom und Dad neuerdings abends zu betrunken sind, um darauf zu achten«, fügte ich unwillkürlich hinzu. Sofort schämte ich mich, meine Eltern so übertrieben dargestellt zu haben. Und gegenüber Eva so über sie geredet zu haben. Aber es war das Richtige, um mich bei den anderen beliebt zu machen. Gen lachte und die anderen fielen ein.
    »Eure Eltern trinken wirklich einiges«, stimmte mir Gen zu.
    »Dann haben wir wenigstens

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