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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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Liebe zu mir und aus Höflichkeit –, fühlte ich mich beschämt deswegen. Und verletzt von Corinnes Erwiderung. Außerdem verwirrte mich die Kluft, die zwischen Kathleen und ihrer Tochter herrschte, von denen ich geglaubt hatte, sie ständen sich so nahe.
    Du bist auch nicht gerade Mutter Teresa, und wir wissen beide, was ich meine. Aber was hatte Corinne wohl damit gemeint?
    Als ich dort in der Küche meinen Kaffee schlürfte, fühlte ich mich um den schönen Sommer betrogen, nach dem ich mich so gesehnt hatte. Schon vor dem Wiedersehen mit Corinne hatte mir geschwant, dass nicht alles so laufen würde, wie ich es mir wünschte, aber zugleich hatte ich gehofft, mich zu irren. Doch jetzt wusste ich, dass ich recht gehabt hatte: Mein Verdacht hatte sich mehr als bestätigt.

    »Morgen Abend wird der Knaller«, verkündete Corinne. Ich trug meinen türkisfarbenen chinesischen Lieblingssatinpyjama, lag in meinem Zimmer auf dem Bett und las. Mein Buch handelte vom Ozean und der globalen Erwärmung, und ich hörte Corinne gar nicht richtig zu. Ihre Worte plätscherten an mir vorbei. Zu vertieft war ich in das Kapitel über die schmelzenden Polkappen und den dadurch verursachten Anstieg des Meeresspiegels.
    Vielleicht ignorierte ich sie auch einfach.
    Doch als sich Corinne näherte und sich auf mein Bett setzte, hob ich den Blick von meinem Text. Corinne erzählte aufgeregt von der großen Party, die Gen und sie für die jugendliche High Society organisierten, die hier den Sommer verbrachte, in dieser – wie hatte sie es an dem Tag meiner Ankunft bezeichnet? – Einöde Long Islands. Ich sah sie über den Rand meines Buches hinweg an. »Mimi?« Corinne wirkte plötzlich unsicher. »Mia, ich …«
    »Was?« Meine Stimme war so kalt wie eine Eisscholle.
    »Ich wollte dir nur sagen … Ich weiß, dass ich bisher vielleicht nicht gerade die beste Gastgeberin war.« Corinne rang die Hände im Schoß.
    »Ich brauche keine Gastgeberin«, erwiderte ich, immer noch frostig. Ich wollte nicht, dass sich Corinne bei mir einschleimte, und vor allem wollte ich ihr Mitleid nicht, besonders, weil ich vermutete, dass sie sich nur entschuldigte, weil sie wusste, dass ich ihre barschen Worte über mich mit angehört hatte.
    »Ich bin ein Biest«, sagte sie nach einer Weile. »Bestimmt hasst du mich jetzt.«
    »Nein, ich hasse dich nicht«, entgegnete ich mechanisch, aber im Innern wünschte ich mit jeder Faser meines Wesens, sie würde weggehen. Ich war nicht dafür da, dass sie sich besser fühlte.
    »Hey, Mia?«, versuchte es Corinne noch einmal.
    »Was?«, fragte ich, entschlossen, sie mit einsilbigen Antworten aus meinem Zimmer zu vertreiben.
    »Weißt du noch, als du das letzte Mal hier warst?«, fragte Corinne dann ganz unerwartet und ein schelmisches Lächeln umspielte ihre Mundwinkel. »Erinnerst du dich noch an Mr Hollis und seinen einfach phantastischen Sohn – wie hieß er noch gleich? Marky?«
    »Marty«, korrigierte ich. »Marty Hollis.«
    Unwillkürlich musste ich lächeln, als ich an diese nervtötende Familie zurückdachte, die vor drei Jahren das Nachbarhaus von Wind Song gemietet hatte. Das Haus war groß, neu und protzig und schien zu den Mietern zu passen. Mr Hollis war dick wie ein Kugelfisch und hatte eine Stimme wie eine Kettensäge. Sein Lieblingswort war »einfach«; er benutzte es ständig: »einfach erstaunlich«, »einfach schrecklich« und so weiter. Und er hatte einen unglaublich ernsthaften Sohn, Marty, der in Harvard studierte, wo er angeblich einfach hervorragend in allem war, besonders im Kunstturnen.
    Wir dagegen fanden Marty einfach schrecklich. Tag für Tag trug er hochgeschnittene, gebügelte Khakihosen und dazu ein Golfhemd, wie ein alter Mann. Sein Hosenbund reichte ihm fast bis unter die Achseln, aber Marty hielt sich für ein Sexsymbol und trainierte oft am Strand mit Gewichten, wobei er krampfhaft so tat, als versuche er nicht, Beth zu imponieren.
    »Weißt du noch, die Vorführung?«, fragte Corinne, und da konnte ich mich nicht mehr halten vor Lachen. Die Hollis’ hatten uns zu einem Meeresfrüchte-Barbecue eingeladen, und während der imposante Mr Hollis auf erstaunlich kleinen, zarten Füßen umherwuselte, Gläser nachfüllte und einem fast das Ohr abquatschte, vollführte Marty Hollis Dehnübungen auf dem Rasen, als bereite er sich auf eine Aufführung vor. Was, wie sich herausstellte, tatsächlich der Fall war.
    »Los, Marty, aufs Trampolin, zeig, was du kannst«, forderte

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