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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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Wert auf Eleganz zu legen.«
    »Nein, es ist mir nicht aufgefallen – ich meine, dass ich dir aufgefallen bin«, stammelte ich. Ich wollte ihm nichts Falsches zu verstehen geben. Ich wollte ihm überhaupt nichts zu verstehen geben. Ich wusste immer noch nicht so recht, ob er sich über mich in meinem Kleid lustig machte, doch selbst wenn nicht, hatte ich keine Lust darauf, von einem Unbekannten angebaggert zu werden. Nicht mal im Scherz. Oder wie auch immer es gemeint war.
    »›Der große Gatsby‹ ist mein Lieblingsbuch«, fuhr Simon fort, unbeeindruckt von meinen entmutigenden Signalen. »Die Geschichte einer zum Scheitern verurteilten Liebe. Jay Gatsby und die hinreißende Daisy Buchanan.« Er hielt inne, legte den Kopf schief und musterte mich von Kopf bis Fuß. »Sie hat ihm das Herz gebrochen.«
    »Die klassische amerikanische Liebesgeschichte …«, bemerkte ich unglücklich.
    »Du bist die perfekte Daisy in diesem Kleid. Die Frage ist nur … wirst du mir das Herz brechen?«
    »Ich breche keine Herzen«, flüsterte ich finster. Ich weiß aber, wie sich ein gebrochenes Herz anfühlt. Ich stellte mir Jake vor, der auf einer Party irgendein neues Mädchen anquatschte. Jake war nie um Worte verlegen, genau wie dieser Typ, während kluge, schlagfertige Flirts so gar nicht mein Ding waren.
    »Ich muss jetzt gehen«, murmelte ich und drehte mich um, aber Simon fasste mich leicht am Arm.
    »Bleib doch!«, bat er. »Es tut mir leid, ich wollte nur witzig sein. Ich wollte dich nicht kränken.«
    »Wer bist du denn eigentlich?«, fragte ich misstrauisch. Ich hatte ihn nicht auf der Party gesehen, und irgendwie kam er mir nicht wie ein Junge vor, mit dem sich meine Cousinen abgeben würden. Er wirkte direkt und natürlich, während Corinne, Beth und Gen eher die supermännlichen, gebräunten Surfer bevorzugten, mit derart breiten Schultern, dass man einen Marathon darauf laufen könnte.
    »Ich bin ein Eindringling. Ein ungebetener Gast«, gab Simon zu. »Wir haben das Haus nebenan gemietet. Ich beobachte die Partys hier drüben schon seit Wochen. Die Lichter sieht man quer über den ganzen Strand.« Er hielt inne, zündete sich eine Zigarette an, und ich wedelte den Qualm von meinem Gesicht weg. Rauchten hier alle außer mir?
    »Ihr habt also das Haus nebenan gemietet«, wiederholte ich und dachte an das, was Corinne gesagt hatte. Schreckliche Leute … der letzte Abschaum … die sind hier nicht willkommen.
    »Genau. Leider lieben meine Eltern protzige Häuser, deshalb habe ich die zweifelhafte Ehre, in der hässlichsten Bude von ganz Southampton zu wohnen. Und das will schon etwas heißen, bei den vielen extrem hässlichen Hütten hier.«
    Wir sahen zu, wie zwei kichernde, betrunkene Mädchen an uns vorbeiwankten. Sie warfen Schatten auf die Veranda, als sie in Richtung Strand davonspazierten. Schweigend beobachteten wir, wie sich die Gestalten der Mädchen zum Meer hin entfernten. Ihr Gelächter klang glockenhell durch die stille Nachtluft.
    Er begann, aus dem ›Großen Gatsby‹ zu zitieren. Mit heiserer, tiefer Stimme gab er wieder, wie der Autor die Sommerpartys seines Nachbarn erlebt hatte, wie Musik über den Garten schwebte und die Gäste wie Motten durch das Abendlicht huschten.
    Die Worte hingen in der salzig riechenden Luft. »›Der große Gatsby‹«, sagte ich, überflüssigerweise, weil ich nicht wusste, was ich sonst sagen sollte. In der achten Klasse hatte ich das Buch nur überflogen. Die langen Sätze hatten mich genervt. Schon immer hatte ich Sachbücher lieber gemocht als Romane, harte Fakten, das wahre Leben. Doch jetzt berührten mich die Zeilen, so perfekt passten sie zu dieser Szenerie, zu diesem Augenblick.
    »Fitzgerald«, sagte Simon, schüttelte den Kopf, pfiff leise und fügte dann hinzu: »Der Typ hat richtig Party gemacht.« Er richtete sich auf, und ich stellte mit unwillkürlicher Zufriedenheit fest, dass er mindestens einen Kopf größer war als ich. Ich bin ziemlich groß, und neben den meisten Typen fühle ich mich wie ein Riese.
    »Ich erinnere mich eher an den Film als an das Buch«, platzte ich heraus und hätte mir am liebsten die Zunge abgebissen, weil ich befürchtete, dass Simon mich deshalb vielleicht für oberflächlich halten könnte. Doch es stimmte: Den Film hatte ich mindestens zweimal gesehen. Meine Mutter hatte ihn auf DVD. Es war einer ihrer Lieblingsfilme.
    »Der Film ist ziemlich gut«, antwortete Simon. »Robert Redford. Mia Farrow als Daisy – das wäre

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