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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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wirklich?«, erwiderte ich schnippisch.
    »Hey … so habe ich das doch gar nicht gemeint«, stotterte Simon. »Ich habe gemeint … Schließlich bist du ein Mädchen und so weiter.«
    »Danke für die Auskunft«, sagte ich frostig, obwohl ich mich auch ein bisschen schämte, weil ich Simon so ins Stottern brachte. Es war das zweite Mal, dass ich erlebte, wie ihm die Worte fehlten. Ich wusste, dass er mich nicht hatte beleidigen wollen, warum also brachte ich ihn in Verlegenheit?
    »Bis dann«, sagte ich in neutralem Tonfall. Ich wusste nicht, ob ich mich über Simon, über mich oder über uns beide ärgern sollte. »Ich kann allein nach Hause gehen«, fügte ich hinzu, als Simon Anstalten machte, mich zum Zugangsweg nach Wind Song zu begleiten.
    »Das sehe ich. Du bist sehr talentiert darin.«
    Ich verdrehte die Augen. »Du weißt genau, was ich meine.«
    Aber Simon war mir inzwischen schon mehrere Schritte voraus. Dann kehrte er um und kam mit weit ausgebreiteten Armen auf mich zu. »Kannst du dir vorstellen, wie dieser Strand früher einmal war?« Er schüttelte den Kopf, ganz versunken in seine Phantasie von dem idyllischen, unbefleckten Paradies, das Southampton vor langer Zeit gewesen sein musste.
    »Ich kann es mir nur schwer vorstellen.« Das war gelogen. Schon oft hatte ich mir die Küste ohne Häuser ausgemalt.
    »Versuch’s doch noch mal«, erwiderte Simon fröhlich.
    »Nein, ich bin Realistin«, entgegnete ich dickköpfig. »Keine Romantikerin. Romantische Menschen werden immer nur enttäuscht.«
    »Vielleicht deswegen, weil sie immer nur von Realisten umgeben sind«, konterte Simon.
    Ich schüttelte den Kopf und lächelte im Dunkeln über Simon und über mich. Über den Unsinn, der aus meinem Mund kam. Eine Realistin? Ich hatte Jahre damit verbracht, von dem idealen Jungen und der idealen Beziehung zu träumen. Und ich hatte sogar – okay, ich weiß, es ist peinlich – vor dem Spiegel geübt, meinen Kopf in Zeitlupe zu drehen und über die Schulter zu blicken, wobei ich mir vorstellte, in einem Film oder Musikvideo mitzuspielen, das Objekt der Faszination und Liebe meines umwerfenden Freundes. Ich dachte, ich hätte diese Liebe bei Jake gefunden, war aber so sehr in die Wunschvorstellung von uns als Paar verstrickt, dass ich für die Realität blind war.
    Und nicht zu vergessen: Seit meiner Ankunft hier war ich besessen von Corinnes, Beths und Gens Schönheit, als hoffte ich, etwas davon würde auf mich abfärben, wenn ich mich in deren Nähe aufhielt. Andererseits wusste ich tief im Inneren, dass ich nie so hell strahlen würde wie Corinne.
    Schon seit wir klein waren, hatte ich in ihrem Schatten gestanden. Außerdem glaubte ich nicht im Ernst, dass das, was Mädchen wie Corinne besaßen, abfärben konnte. Die Hauptfigur in einem Musikvideo? Ich? So abgedreht war ich nun auch wieder nicht. Also war ich vielleicht doch eine Realistin. Konnte man beides zugleich sein, Realistin und Romantikerin? Eine Träumerin, die nicht an Träume glaubte?
    »Bist du sicher, dass du nicht mal kurz mit reinspringen willst?«, drängte mich Simon, als wir Wind Song fast erreicht hatten. »Es ist wirklich nicht gefährlich.«
    »O doch«, verbesserte ich ihn. »Ein Tiefdruckgebiet nähert sich, und die Flut hat gerade ihren höchsten Stand erreicht.«
    Simon neigte den Kopf zur Seite. »Bist du eine Wetterfee, oder was?«
    Ich lief rot an. »Weiter draußen gibt es hohe Wellen.«
    »Alles auf Nummer Sicher. Das ist deine Devise, was, Daisy?«
    Ich bog in den Weg zum Haus ein. »Ich heiße Mia«, sagte ich über meine Schulter hinweg in die Dunkelheit. Fast konnte ich Simons Gehirn rattern hören, als er überlegte, ob ich ihn mit meiner Anspielung auf die Darstellerin im ›Großen Gatsby‹ auf den Arm nehmen wollte.
    »Wirklich?«, fragte er zurück.
    Ich lächelte. Ja, das war die Wahrheit über mich. Aber es konnte nicht schaden, ihn noch ein wenig länger auf die Folter zu spannen.

    Simon watete gerade aus dem Wasser, als ich ihm ein paar Tage später wieder begegnete. Mehrere Abende lang war ich in die andere Richtung spaziert, weil ich allein sein wollte, nachdem ich mich tagsüber angestrengt hatte, mit der hiesigen In-Szene mitzuhalten – das heißt, mit meinen Cousinen und Gen. Doch an diesem Abend ging ich Richtung Indigo Beach und hielt nach Simon Ausschau.
    »Es ist richtig warm!«, sagte er, als er tropfend auf mich zukam. Das Wasser rann ihm aus dem wirren Haar. Dickem Haar, wie ich unwillkürlich

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