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Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition)

Titel: Der Sommer der silbernen Wellen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Howells
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dass sie sich ein bisschen zusammenreißt. Wenn sie weiter solchen Trübsal bläst, schwellen ihre Drüsen.«
    Dann fuhr sie mit ihrem breiten Goldhasengrinsen und quietschenden Reifen die Auffahrt hinunter.
    Corinne sprach kein Wort. Sie stand nur da und guckte mürrisch.
    Unsere Eltern waren zu einer Weinkellerei im Norden von Long Island gefahren und hatten es uns dreien und Eva überlassen, Gen zu verabschieden und uns für den Rest des Tages allein zu amüsieren. Ich schluckte, als Corinne wieder die Treppe hinaufmarschierte, zweifellos, um sich in ihrem Zimmer einzuigeln. Wenn sie doch nur mit mir geredet hätte! Oder wenn ich mit ihr hätte reden können. Aber ich machte mir nichts vor. Ich war die Letzte, der sie sich anvertraut hätte. Und momentan sprach sie überhaupt nicht.
    »Ich habe Hunger«, greinte Eva, als ich in der Diele stand und überlegte, was ich als Nächstes tun sollte.
    »Dann nimm dir etwas aus dem Kühlschrank«, knurrte ich. »Du bist alt genug.«
    Eva verdrehte die Augen und ging an den Pool. Als ich sah, wie sie zu einem Liegestuhl stolzierte und sich hineinfallen ließ, fragte ich mich, was für ein Mensch sie werden würde. Würde sie später genauso verwöhnt, launisch und verkrampft werden wie Corinne? Eva zeigte bereits jetzt alle Anzeichen dafür. Obwohl Corinne in Evas Alter gar nicht so ein verwöhntes Gör gewesen war. Also würde Eva wahrscheinlich schlimmer als Corinne, Gen und Beth zusammen werden. Ein wahrhaft schrecklicher Gedanke, aber durchaus wahrscheinlich.
    Ich nahm mir einen Apfel und ging hinaus auf die Terrasse, wo ich allein vor mich hin träumen konnte, weg von Wind Song und hin zu meinem neuen, geheimen Glück namens Simon Ross. Nicht einmal Corinne und Eva konnten mir das verderben. Der Tag gestern war so wunderschön gewesen! Nach der Rückkehr von Georgica brauchte ich meine Verwandten nur noch wenige Stunden zu ertragen, bis ich schließlich hinauf ›ins Bett‹ ging … und dann aus dem Fenster kletterte, um Simon am Indigo Beach zu treffen.
    Ich biss von meinem Apfel ab. Ein neues, geheimes Glück. Ich dachte wieder an gestern Abend: Simon hatte mich im Wasser geküsst, mich im Dunkeln in den Armen gehalten … Ich brauchte es, dass er mich ganz festhielt. Alles andere driftete in der Schwerelosigkeit davon. Mit meiner üblichen Bodenhaftung war es vorbei; sie wurde von freischwebendem Glück überlagert. Ich konnte mir kaum noch vorstellen, dass wir bis vor ein paar Tagen nur Freunde gewesen waren …
    Aber waren wir wirklich nie mehr als das gewesen? Eines war sicher: Was ich für Simon empfand, war so stark, dass es mich erschreckte. Vielleicht sollte ich einen Gang herunterschalten. Einen Schritt zurückgehen. Aber ich wusste nicht, wie. Und ich wollte es auch gar nicht.
    »Was hast du heute vor?«
    Erschrocken drehte ich mich um und sah Corinne durch die Schiebetüren auf die Veranda schlüpfen. »Nicht viel. Wahrscheinlich gehe ich an den Strand«, antwortete ich und sah sie gleichgültig an.
    Corinne zündete sich eine Zigarette an, und eine Weile lang sagten wir nichts und blickten nur hinaus auf den Ozean. Es war ein herrlicher Tag. Der Strand sah aus wie saubergefegt, und das Wasser glitzerte. Weit draußen, im heftigen Wind, waren die Wellen mit weißen Schaumkronen gesprenkelt.
    »Es tut mir leid, Mia«, sagte Corinne, den Blick weiter zum fernen Horizont gerichtet. Kühl und ein bisschen widerwillig kam es heraus. Ich war überrascht und dankbar, dass sie sich mit mir versöhnen wollte. Doch ich hatte nicht vergessen, dass es mich in letzter Zeit nicht gerade glücklich gemacht hatte, allzu eifrig um Corinnes Freundschaft zu buhlen. Denn Corinne behandelte gerade diejenigen schlecht, die am nettesten zu ihr waren. Ein bisschen Abstand konnte sicher nicht schaden. Ohnehin konnte ihre Stimmung von einem Moment auf den anderen wieder umschlagen.
    »Schon okay«, entgegnete ich achselzuckend.
    »Ich weiß, dass du mich nicht bei meinen Eltern verpetzt hast«, fuhr Corinne fort und drehte sich mit reumütigem Blick zu mir um. »Ich war stoned. Es war unfair von mir, meine Wut an dir auszulassen.«
    »Ist nicht so schlimm. Wirklich nicht.« Ich biss mir auf die Lippe. Ich hätte gerne weitergeredet. Ich hätte Corinne gerne gefragt, warum sie dauernd ›stoned‹ war und sich mit einem Typen wie Aram abgab, obwohl er offenbar keinerlei Respekt vor ihr hatte. Ich hätte sie gerne nach ihrem angeblichen Freund Alessandro gefragt. Er hatte sie

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