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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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Leute hier auftritt, dann darfst du dich auf meine nächste Predigt freuen.“
    „Tja“, sagte Klaus aufgeräumt. „Das waren klare Worte.“
    „Es tut mir sehr leid“, sagte der Pfarrer. „Ich persönlich hege keinen Groll gegen Sie. Im Gegenteil.“ Ein verschmitztes Grinsen umspielte seine Lippen. „Es wäre mir eine ganz besondere Ehre, wenn ich derjenige sein darf, der Sie beide traut.“
    Klaus starrte den Pfarrer verblüfft an und Bianca drehte sich mit einer Mischung aus Belustigung und Empörung zur Theke um, hinter der Anna zurzeit noch beschäftigt war.
    „Nein“, sagte der Priester grinsend. „Anna hat nichts gesagt. Aber ich habe zwei Augen im Kopf. Ich erkenne ein Liebespaar, wenn ich es sehe.“
    Klaus atmete erleichtert aus.
    Pfarrer Schuster wurde wieder ernst.
    „Frau Dr. Wallmann“, sagte er. „Werner wird übermorgen beerdigt. Ich kenne Ihr Verhältnis zur Kirche. Ich wäre Ihnen dennoch außerordentlich dankbar, wenn Sie ihm auch diese letzte Ehre erweisen würden.“
    Bianca sah ihn traurig an. Dann nickte sie.
    „Danke.“
    „Wir haben ein anderes Problem“, fuhr der Pfarrer fort. „Es wird auf Dauer immer schwerer, den Dorfbewohnern zu verheimlichen, was oben auf dem Friedhof eigentlich geschieht. Die Sache mit Annas Vater verlief gerade noch mal glimpflich – wenn man es in Anbetracht der Umstände so nennen darf. Werner hat zuvor alle Spuren beseitigt, danach auch den Löschwagen und die Werkzeuge gereinigt und alles wieder ordnungsgemäß zurückgestellt. Aber die Leute wundern sich bereits, dass das Beinhaus geschlossen ist. Die beiden noch nicht ausgehobenen Gräber sind ebenfalls aufgefallen. Die Tatsache, dass Kurt ein Nervenbündel ist und Werner sich selbst getötet hat, liefert hier Stoff für die wildesten Spekulationen. Was soll ich den Leuten nur sagen?“
    „Das ist eine schwierige Frage“, gestand Bianca. „Was würde – rein theoretisch – passieren, wenn Sie die Wahrheit sagen?“
    „Es würde eine Panik ausbrechen.“
    „Ist die Angst wirklich so tief verwurzelt?“
    „Das ist sie.“
    „Jetzt gehen wir mal von Folgendem aus“, sagte Bianca. „Setzen wir mal rein hypothetisch voraus, dass sich der Fluch, oder was immer es ist, erfüllt. Was würde passieren.“
    „Kurz gesagt“, sagte Pfarrer Schuster ernst, „würden sich die Toten aus den Gräbern erheben und alles Leben in Berghausen vernichten.“
    „Das klingt ziemlich uncool“, murmelte Bianca entsetzt.
    „Wie sicher ist es eigentlich, dass es dieses Jahr geschehen wird?“, fragte Klaus. „Ich meine, außer ein paar nicht verweste Leichen haben wir ja noch nichts. Vielleicht dauert es noch einige Jahre, bis die Sache erst richtig losgeht.“
    „Es hat bereits begonnen“, sagte der Priester kopfschüttelnd. „Sie wissen noch nicht alles.“
    „Immer noch nicht?“, fragte Bianca entgeistert.
    „Bisher kennen Sie nur die Hintergründe“, erklärte Pfarrer Schuster. „Sie wissen aber nicht, was sich in der Gegenwart abspielt.“
    „Bringen Sie’s uns vorsichtig bei“, bat Klaus.
    „Ich habe leider nicht die Zeit für die nötige Vorsicht“, entgegnete der Priester traurig. „Im Moment sterben hier mehr Leute als sonst. Das kann zwar auch die Auswirkung von dieser Hitze sein, aber wir haben erheblich mehr Tote zu beklagen als sonst. Üblicherweise gebe ich Sterbenden ein bis zwei Mal im Monat die letzte Ölung. Jetzt muss ich es fast jeden zweiten Tag tun. Erst gestern hatte ich wieder einen Sterbefall. Der Sterbende bat mich auf dem Totenbett darum, dass ich verhindern soll, dass er wieder zurück kommt und seiner Familie Leid antut.“
    Bianca schüttelte sich. Sie bekam eine Gänsehaut.
    „Die Sache mit dem Wegekreuz habe ich Ihnen gestern ja erzählt. Die Feuerwehr ist nach wie vor ratlos. Keiner kann erklären, wie dieses Kreuz Feuer fangen konnte. Heute Morgen ist ein Brand im Gemeindearchiv ausgebrochen. Es konnte zwar verhindert werden, dass das gesamte Gemeindezentrum abbrannte, aber viele wertvolle alte Dokumente aus siebenhundert Jahren Geschichte wurden vernichtet. Aber wie durch einen merkwürdigen Zufall überstand eine Gerichtsakte das Feuer unbeschadet. Nämlich die von dem Prozess gegen unseren Wanderer. Überflüssig, zu erwähnen, dass die Brandursache auch hier unklar ist.“
    „Ich würde mir mal gerne diese Gerichtsakte genauer ansehen“, mischte sich Klaus ein.
    „Das lässt sich bestimmt einrichten“, antwortete Pfarrer Schuster und blickte den

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