Der Sommer der Toten
– doch ... äh – ich meine, alles in Ordnung ...“, stammelte er.
„Junge, Junge, Klaus“, sagte Anna grinsend. „Dich hat’s ja wirklich voll erwischt.“
Klaus nickte und grinste ebenfalls breit.
„Okay, dann fange dich erst mal wieder. Wenn das Essen zu kalt wird, wärme ich es eben noch mal auf.“
Anna ging wirklich in die Küche.
„Eine tolle Frau ...“, murmelte Klaus.
„Nana!“, neckte Bianca. „Bereits nach einer halben Stunde guckst du dich nach anderen Frauen um?“
„Blödsinn!“, fauchte Klaus. „Ich finde sie einfach Klasse. Ganz einfach von ihrem Charakter her und so.“
„Ich weiß“, sagte Bianca sanft. „Geht mir genauso. Daher möchte ich auch nicht, dass sie bei der Geschichte drauf geht.“
„Oh Mann“, stöhnte Klaus. „Jetzt hast du mich wirklich fertig gemacht.“
„Geht’s wieder?“, erkundigte sich Bianca.
„Ja“, brummte Klaus. „Nur aufstehen darf ich jetzt nicht.“
Bianca lachte laut auf.
„Jeder andere hätte jetzt eine Ohrfeige kassiert“, erklärte sie feixend. „Mann, du Trottel. Warum hast du nicht schon früher was gesagt?“
„Rate mal“, antwortete Klaus bitter.
„Meine Güte!“, rief Bianca ungeduldig aus. „Wie oft soll ich es denn noch sagen? Ich kann keine Sandkasten-Rambos gebrauchen. Und als Mädchen muss man sich wehren können. Deswegen mache ich Karate. Du bist nicht schlechter als andere.“
„Nicht?“
„Nein.“
„Wirklich nicht?“
„Wirklich nicht“, sagte Bianca. „Eher das Gegenteil. Und nun iss endlich, bevor es endgültig kalt ist. Um dein Selbstvertrauen kümmern wir uns später.“
Klaus stürzte sich tatsächlich über sein Essen, als hätte er seit Tagen nichts mehr zu sich genommen. Als Anna wieder an den Tisch kam, hielt er sich stöhnend den Bauch.
„Na bitte, geht doch“, sagte Anna lächelnd. „Hat es geschmeckt?“
„Einfach himmlisch“, ächzte Klaus. „Ich glaube, ich wiege jetzt zweihundert Kilo.“
„Na, jetzt übertreib mal nicht“, entgegnete Anna. „Hört mal zu, ihr Turteltäubchen. Ich habe noch ein Doppelzimmer frei. Soll ich euch umbuchen?“
Klaus blickte Bianca fragend an. Bianca nickte.
„Hab ich mir doch gedacht“, entgegnete Anna grinsend und legte einen Zimmerschlüssel auf den Tisch. „Zimmer 18. Ich habe mir erlaubt, eine Flasche Champagner hinaufzustellen. Ich habe auch mit Pfarrer Schuster telefoniert. Ihr habt jetzt drei Stunden, um euer Mittagessen dort oben abzutrainieren. Das Dessert gibt’s heute Abend. Und nun schiebt ab. Viel Spaß.“
3.
„Warum tut sie das alles?“, fragte Klaus, als sie viel später nebeneinander nackt im Bett lagen. „Ich meine, ich glaube kaum, dass Anna bei allen Gästen so freigiebig ist.“
„Das wohl eher nicht“, erwiderte Bianca. „Ich schätze, sie sieht in uns ihre einzige Hilfe. Hinzu kommt, dass die Chemie irgendwie stimmt. Ich meine, ich mag sie. Sie ist ein feiner Kerl.“
„Und hat wie du ein ziemlich großes Mundwerk“, erklärte Klaus grinsend.
Bianca lachte.
„Ich erwarte keine Antwort“, sagte Klaus, „aber ich bin neugierig. War das vorhin wieder mal einer von Annas Witzen oder habt ihr’s wirklich miteinander getrieben?“
„Ja“, sagte Bianca ohne Umschweife lachend. „Haben wir. Entsetzt?“
„Erstaunt, würde ich eher sagen“, antwortete Klaus.
„Weil Frauen miteinander etwas haben?“ Bianca blickte ihn überrascht an. „Ich dachte, du bist ein moderner aufgeklärter Mann.“
„Ich glaube, dein lockerer Umgang damit überrascht mich. Anderen wäre es wohl eher peinlich.“
„Wieso sollte es? Wir hatten unseren Spaß, mehr nicht. Anna hat einen festen Freund und ich war zu diesem Zeitpunkt noch auf der Suche. Wir sind beide Kinder unseres Jahrhunderts. Ihr Jungs seid da ein bisschen verklemmter, aber unter Frauen kommt das häufiger vor, ohne dass man gleich von Homosexualität reden muss. Es macht eben mehr Laune, wenn man einen runtergeholt bekommt, als wenn man selbst Hand anlegen muss.“
„Uff!“, sagte Klaus lachend. „Das war mal wieder sehr direkt.“
„Hast du Probleme damit?“
„Eigentlich nicht“, sagte Klaus. „Ich bin auch ein Kind meines Jahrhunderts. Ich muss mich nur daran gewöhnen. Ich habe gerade bei dir immer jedes Wort auf die Goldwaage gelegt, um dir nicht zu nahe zu treten.“
„Das schmink dir ganz schnell wieder ab“, sagte Bianca. „Auch Anna wird kaum glauben, dass wir hier deine Briefmarkensammlung beäugt
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