Der Sommer der Toten
gar nicht mehr so sehr um die Geschichte hier kümmern, sondern einfach mal abschalten.“
„Das halte ich für eine ziemlich gute Idee“, mischte Klaus sich ein. „Ich würde auch vorschlagen, dass wir die Zombies für heute mal gut sein lassen und irgendetwas unternehmen.“
„Im Nachbarort gibt es eine ziemlich gute Disco“, erklärte Anna. „Gut zumindest für diejenigen, die auf Hardrock stehen.“
„Das ist nichts für mich“, sagte Klaus. „Aber lasst euch von mir nicht davon abhalten. Mit meinen verbogenen Knochen fällt tanzen eben aus. Es genügt, wenn du mir sagst, wo das nächste Kino ist, Anna.“
„Ebenfalls im Nachbarort“, antwortete Anna grinsend. „Genau zwei Häuser weiter. Das heißt, wenn du eine Handvoll Plüschsessel und einen Filmprojektor als Kino bezeichnest.“
„Das reicht vollkommen aus“, sagte Klaus. „Es sei denn, bei denen ist 12 Uhr Mittags immer noch das Kinoereignis des Jahres.“
„Nein, nein ... Die sind schon ziemlich auf dem aktuellen Stand. Ich glaube, im Moment läuft irgend so ein Film mit Johnny Depp.“ Dann wandte sich Anna wieder zu Bianca. „Wie sieht es aus? Worauf hast du Lust?“
„Im Moment habe ich eher Lust, mich irgendwo einzugraben und abzuwarten, bis der ganze Zauber hier vorbei ist“, erwiderte Bianca matt. „Aber ich glaube, du hast recht. Vielleicht kann ich mir ja mit ein paar dröhnenden Gitarren mal das Hirn frei pusten.“
„Ich halte mich da aber völlig raus“, sagte Kellermann. „Ich werde mir noch mal die Ruine vom Pfarrhaus genauer ansehen. Vielleicht finde ich noch etwas. Aber gehen Sie ruhig. Ich glaube auch, dass Sie eine Abwechslung gut gebrauchen können.“
„Der Typ is’n Workaholic“, brummte Anna missmutig. „Gut. Tun Sie, was Sie nicht lassen können. Ich gebe Sandra Bescheid, dass Sie hier kostenfrei untergekommen sind. Sonst präsentiert sie Ihnen eine Rechnung für das Abendessen, dass Ihnen die Augen tränen.“
Anna wartete keine Antwort ab und ging zum Tresen, um Sandra zu instruieren. Danach gab sie Bianca und Klaus zu verstehen, dass sie die beiden in zehn Minuten auf dem Parkplatz erwartete.
Kellermann verabschiedete sich von den dreien und machte sich sofort auf den Weg zum Pfarrhaus.
Auf dem Parkplatz angekommen wartete eine Überraschung auf Klaus und Bianca. Sie fuhren nicht, wie Bianca es befürchtete, mit dem völlig verschrammten Kastenwagen. Vielmehr lotste Anna sie zu einem recht neuen 240er Mercedes.
„Wo hast du den denn aufgetrieben?“, fragte Bianca überrascht.
„Das ist meiner“, erklärte Anna. „Schöner Wagen. Vor allem bei langen Strecken ein Traum. Aber leider stinkt die Karre zu sehr nach Geld. Deswegen fahre ich vor allem hier im Dorf lieber mit der Rostbeule durch die Gegend.“
„Lang lebe die Bescheidenheit“, sagte Klaus grinsend.
Anna öffnete den Wagen. Sie stiegen ein und Anna fuhr los.
3.
Sowohl das Kino als auch die Diskothek erwiesen sich für Bianca und Klaus gleichermaßen als positive Überraschung.
Das Kino war zwar keineswegs mit den modernen Multiplex-Palästen zu vergleichen, bot aber dennoch eine recht moderne Ausstattung und relativ neue Technik. Zudem lief dort gerade „Fluch der Karibik“ und Klaus war entsprechend zufrieden.
Die Disco nannte sich aus Gründen, die niemand nachvollziehen konnte, „Mama’s House“ und war augenscheinlich fast schon so etwas wie ein Rockertreff, wie man anhand der vielen schweren Maschinen vor dem Eingang unschwer erkennen konnte. Dank der Schalldämmung drang nur das dumpfe Wummern eines Doublebass-Gewitters nach draußen, aber aufgrund der Rhythmik konnte man schon schließen dass da drinnen die etwas härtere Gangart eingeschlagen wurde.
Der Türsteher am Eingang musterte die beiden Frauen zunächst, als brauche er noch Zeit, um zu entscheiden, welche er als erstes durchvögeln werde, knöpfte ihnen dann aber ihren Eintritt ab und ließ sie passieren – nicht ohne ihnen noch einen weiteren lüsternen Blick zukommen zu lassen.
Nachdem sie die schallgedämmte Tür, die in das Innere der Disco führte, geöffnet hatten, traf sie der Schalldruck aus der Musikanlage mit der Wucht eines Hammerschlags.
Sie gingen hinein und mussten nach drei Schritten zunächst über zwei Rocker steigen, die rohrbesoffen auf dem Boden lagen.
Auf der Tanzfläche war der Teufel los. Die einen spielten in einem Anflug von Epilepsie auf imaginären Gitarren, die, wären sie echt gewesen, bereits vor geraumer Zeit unter
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