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Der Sommer der Toten

Titel: Der Sommer der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Derbort
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seiner prekären Lage zu befreien. Auch die letzten Zentimeter dehnten sich wie Kaugummi.
    „Anna, hilf mir!“, rief er, als er in Reichweite des Loches war.
    Auch jetzt reagierte Anna rasch. Ihre Arme kamen in das Loch und tasteten nach Kellermann. Klaus half, indem er Annas Hände unter Kellermanns rechter Achselhöhle schob. Er selbst griff mit beiden Händen unter Kellermanns linker Achselhöhle, während er beobachtete, dass auch Anna die zweite Hand zur Hilfe nahm.
    „Bereit?“, fragte Klaus.
    „Ja“, bestätigte Anna.
    „Okay, bei drei“, sagte Klaus. „Eins ... zwei ... DREI!“
    Gemeinsam hievten sie Kellermann mit aller Kraft aus dem Loch. Kellermann versuchte zwar immer noch zu helfen, aber seine Bewegungen waren fahrig und unkoordiniert.
    Kellermann drohte einen Augenblick lang den beiden zu entgleiten. Klaus umfasste seine Oberschenkel und stieß ihn nach oben. Dabei nahm er seinen ganzen Körper zu Hilfe.
    Klaus atmete aus, als die Last auf seinen Schultern nachließ und er erkannte, dass Kellermann endgültig aus dem Loch gezogen wurde.
    Er kletterte ebenfalls so schnell er konnte aus dem Loch und erschrak im ersten Augenblick leicht, als er erkannte, dass Anna nicht mehr alleine war. Er beruhigte sich aber sofort, als er Bianca erkannte.
    Bianca war über Kellermann gebeugt und untersuchte ihn.
    „Da hilft alles nichts“, bekundete Bianca. „Er muss so schnell wie möglich ins Krankenhaus.“
    17.
Es war Dr. Kovacz, der nun auch Kommissar Kellermann untersuchte. Kellermann war am Ende seiner Kondition angelangt, als Bianca und Anna den verletzten Kommissar in den Behandlungsraum schleiften. Klaus folgte ihnen. Er war froh, auch jetzt Dr. Kovacz als behandelnden Arzt vorzufinden. Er mochte seine unkomplizierte spitzbübische Art, die Dinge zu betrachten.
    Kellermann war noch so geistesgegenwärtig, Kovacz seine Dienstmarke zu zeigen. Auf diese Weise verhinderte er, dass Kovacz richtig unangenehme Fragen stellte.
    Bianca hatte es schon auf der Fahrt ins Krankenhaus ziemlich rasch aufgegeben, nach einer Erklärung zu suchen, wieso sie einen Verletzten herbrachte, in dessen Wade eine abgetrennte menschliche Hand steckte.
    Mit Kellermanns Dienstmarke ging zunächst einmal alles gut. Zumindest am Anfang. Kovacz konnte die Blutungen stillen, ehe er Kellermann zum Röntgen schickte. Eine halbe Stunde später stand er kopfschüttelnd vor den Röntgenbildern.
    „Okay“, sagte er schließlich. „Ich habe eine Polizeimarke unter die Nase gehalten bekommen und ich darf keine Fragen stellen. Aber laut denken hat mir niemand verboten.“
    Kovacz stellte sich zur Seite, damit alle Anwesenden die Röntgenbilder, die an einer beleuchteten Klemmvorrichtung hingen, betrachten konnten.
    Kovacz deutete mit einem Teleskopstab auf die fraglichen Stellen der Röntgenausnahmen, während er seine Diagnose erläuterte.
    „Das hier sieht aus, wie die Marmorkies-Steine, die ich vor meinem Haus habe“, erläuterte der Arzt. „Ursprünglich war das aber mal der Unterschenkelknochen. Da mir jede Frage verboten ist, hake ich also nicht nach, ob da ein Lastwagen drüber gefahren ist. So sieht das nämlich auf dem ersten Blick aus.“
    Er blickte kurz in die Runde, als würde er hoffen, einer der Anwesenden würde ihn doch noch mit einigen Informationen versorgen. Nachdem niemand mehr zu vollbringen im Stande zu sein schien, als betreten auf die Uhr zu schauen, fuhr er achselzuckend mit seinem Vortrag fort.
    „Die Hand, die ich aus der Wade geholt habe, ist indessen die Hand eines Toten. Das sehe ich. Immerhin bin ich Mediziner. Also verkaufen Sie mich bitte jetzt nicht für blöd.“
    „Hat niemand vor“, sagte Bianca.
    „Diese Hand hatte in der Wade drin gesteckt. Auf dem Röntgenbild sieht es so aus, als hätte ein Toter die Wade mit solch einer Kraft traktiert, dass diese Verletzungen entstanden sind. Würde ich diesen Befund so stellen, wäre ich allerdings meine Zulassung als Arzt los und vermutlich ein Fall für die Psychiatrie. Ich wäre Ihnen also mehr als dankbar, wenn Sie mir zumindest so etwas Ähnliches wie die Wahrheit sagen würden, damit ich etwas habe, was ich in meinen Unfallbericht schreiben kann.“
    „Sie haben den Nagel auf den Kopf getroffen“, sagte Bianca kühl.
    Anna, Klaus und sogar der halb bewusstlose Kommissar Kellermann sahen sie entgeistert an.
    „Sag mal“, sagte Anna halb flüsternd. „Hast du den Verstand verloren?“
    „Lass mich nur mal machen“, entgegnete Bianca.

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