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Der Sommer des Commisario Ricciardi

Der Sommer des Commisario Ricciardi

Titel: Der Sommer des Commisario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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mich sieht’s nicht so aus, als ob der Herzog seine Frau wirklich so sehr geliebt hat.«
    Ricciardi antwortete in Gedanken versunken:
    »Auch damit hast du recht. Dann ist da noch Capece: Falls du keinen findest, der seine Aussage bestätigt, hat er kein Alibi, genau wie der junge Herr. Hör zu, lass uns die Arbeit aufteilen, damit wir Zeit sparen: Ich übernehme Ettore, du Capece. Wenn du die Wirtshäuser abgeklappert hast, informier dich über seine Familie, seinen Lebensstil,wo er wohnt und so weiter. Wir haben nicht viel Zeit und müssen diskret vorgehen, sonst funkt Garzo dazwischen und stoppt uns.«
    Maione lächelte.
    »Verzeihen Sie, wenn ich so frei bin, Commissario, aber mir brauchen Sie das mit der Diskretion nicht zu sagen. Sie stellen den Leuten ja manchmal Fragen, die sind wie Ohrfeigen. Und dann in einem Ton … Versprechen Sie wenigstens, dass Sie auf mich warten, falls Sie mit Capece, dem Herzog oder dem jungen Herrn reden wollen. Dann gehen wir zusammen hin und ich bin als Zeuge dabei.«
    »Ach, wer würde dir denn glauben, du bist doch falsch wie ein Drei-Lire-Stück. Komm schon, gehen wir. Lassen wir die Herzogin nicht warten.«
     
    Weißt du, Mama, ich erinnere mich. An die Zeit, als wir noch zusammen waren, als noch gelacht und gesprochen wurde. Als Vater sich zu mir setzte und mir beim Lernen half. Ich weiß noch, dass er meine Hand mit der Feder hielt, sie in die Tinte eintauchte, mir schreiben half; sogar die Seiten voller Schreibübungen, den Geruch des Papiers habe ich in Erinnerung.
    Ich erinnere mich, Mama. Dass wir Hand in Hand im Park spazieren gingen, zu dritt, du rechts, er links; ihr habt lächelnd die Leute gegrüßt, die wir trafen, manchmal zog Papa auch den Hut. Du warst wunderschön, Mama. Ob du dich auch daran erinnerst, wie schön du warst, wenn du lächeltest?
    Dann, eines Tages, wart ihr nicht mehr da, nicht mehr an meiner Seite. Irgendwann wart ihr weg. Ab wann ist jemand kein Kind mehr, Mama? Wann ist er stark genug und erwachsen und kann allein entscheiden?
    Weißt du, Mama, ich glaube, man ist erwachsen, wenn man alles klar sieht, begreift. Und wenn man begreift, muss man sich einschalten und die Dinge klären.
    Oder es zumindest versuchen.
     
    Als Ricciardi und Maione in die Piazza Santa Maria La Nova einbogen, tat sich vor ihnen die übliche Szene einer dem Rang der Herzogin entsprechenden Trauerfeier auf. Der Wagen stand schon bereit, er allein war bereits Spektakel genug: Acht große, stolze schwarze Pferde waren ihm in Zweierreihen vorgespannt, denen Gewicht und Hitze den Schaum vor den Mund trieben; jedes trug auf seinem Kopf einen hohen schwarzen Federbusch. Schwarz war auch das Zaumzeug. Die wunderschönen, eigens auf diesen Zweck abgerichteten Tiere gaben keinen Laut von sich: kein Gescharre, kein Wiehern, kein Schnauben. Dahinter befand sich die Kutsche, ein barockes Schmuckstück mit Holz- und Stuckintarsien und glänzenden Fensterscheiben. Eine letzte Reise in großem Stil unter den bewundernden Blicken der Menge. Aber nicht unter denen des Fahrgastes.
    Der ganze Platz war in eine unnatürliche Stille getaucht. Menschen jeden Schlags hatten sich in unmittelbarer Nähe der Häuser und der Kirche versammelt; nur um den Wagen herum herrschte Leere, als wollten die Leute sich nicht mit dem Tod in seiner volkstümlichsten Vorstellung anstecken. Der Kutscher in seinem schwarzen Frack mit langen Schwalbenschwänzen und gleichfarbigem Zylinder stand mit der Peitsche in der Hand neben dem Hinterrad der Karosse, das höher war als er selbst. Weiter vorn warteten auf der vergeblichen Suche nach ein wenigSchatten die acht Orchestermusiker, die den Leichenzug später anführen und Trauermärsche spielen würden, und schimpften über die Hitze; ihre abgestellten Instrumente reflektierten das Sonnenlicht in goldenen Blitzen.
    Die Ankunft der beiden Polizisten löste ein plötzliches Raunen aus, wie ein Windstoß im Wald. Neben Freunden, Würdenträgern und denjenigen, die der einflussreichen Familie in jener schweren Stunde zur Seite stehen wollten, waren Hunderte von Neugierigen gekommen: Der Mord hatte große Beachtung gefunden, obgleich die Presse ihm, wie vorgeschrieben, nur wenig Platz eingeräumt und ganz offen auf die Möglichkeit eines gewöhnlichen, fehlgeschlagenen Raubüberfalls verwiesen hatte. Das Leben der Herzogin, das sie selbst schamlos zur Schau getragen hatte, gestattete nicht einmal im Tod ein wenig Diskretion.
    Man wartete darauf, dass der Sarg aus

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