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Der Sommer des Commisario Ricciardi

Der Sommer des Commisario Ricciardi

Titel: Der Sommer des Commisario Ricciardi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maurizio de Giovanni
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die Verlegenheit des Kommissars vor seinem Untergebenen und verstand den diskreten Hinweis.
    »Richtig, Commissario. Ich habe Ihnen … einiges zu berichten. Es könnte allerdings etwas Zeit in Anspruch nehmen. Wahrscheinlich wird es spät werden.«
    Ricciardi nickte gleichmütig, dann drehte er sich zu dem Polizisten um.
    »Capezzuto, schick jemanden zu mir nach Hause; er soll Bescheid sagen, dass es später wird und ich auswärts esse. Nicht vergessen bitte.«
    Der Wachmann schloss mit einem Schnalzer den Mund und antwortete:
    »Jawohl, Commissario, seien Sie unbesorgt. Ich schicke sofort jemanden hin.«
    Sobald sie draußen um die Ecke gebogen waren, lachte Livia laut los und hakte sich bei Ricciardi unter.
    »Und? War ich nicht gut? Ich würde bestimmt keine schlechte Polizistin abgeben.«
    Der Kommissar schaute ihr ins Gesicht. Sie sah wirklich blendend aus. Ein Lächeln erhellte ihre feinen Züge, die durch ein leichtes Make-up gekonnt betont wurden. Doch das allein war es nicht: Ihre Augen leuchteten, wenn sie ihn ansah. Ricciardi erinnerte sich an ihre erste Begegnung, nachdem ihr Mann gestorben war; Leid und Trauer hatten damals ihren Blick verschleiert. Ein ihm wohlbekannter Blick, da Lebende und Tote ihn teilten: der Blick des Schmerzes. Dann hatte sie sich allmählich verändert, besonders ihm gegenüber. Der Schleier hatte sich nach und nach von ihren Augen gelöst, und jetzt erschien sie ihm wie ein junges Mädchen, das soeben bekommen hatte, was es sich wünschte.
    »Was führt dich her? Woher wusstest du, dass ich um diese Uhrzeit noch im Büro bin?«
    Wieder lachte sie.
    »Du arbeitest doch immer bis spät! Erinnerst du dich nicht? Du hast es mir einmal selbst gesagt. Außerdem war ich, um sicherzugehen, schon um sieben da.«
    Ricciardi war aufrichtig überrascht.
    »Um sieben? Es ist schon nach neun! Was hast du denn so lange gemacht?«
    »Ich habe zwei Mal die Sonntagszeitung von vor drei Wochen gelesen, das Einzige, was ihr außer Protokollen und Registern in eurem Wartesaal zu bieten hattet. Dann habe ich noch ein wenig mit dem Wachmann geplaudert. Allerdings war es mehr ein Selbstgespräch, denn der Arme verhaspelte sich ständig bei seinen Antworten.«
    »Das glaube ich gern. Du bist ganz sicher nicht die ArtGesprächspartner, die der arme Capezzuto gewohnt ist. Also, wie kommt’s, dass du hier bist?«
    Livia lächelte noch, während sie liefen. Ihre Heiterkeit und Schönheit zogen die Blicke der Passanten auf die beiden.
    »Wenn du unhöflich sein möchtest, bitte. Die Nacht ist zauberhaft, hast du die vielen Sterne gesehen? Also wirst du mir meine gute Laune auf keinen Fall verderben. Ich habe beschlossen, dich für einen Abend zu entführen. Da ich weiß, dass du mich nie von selbst besuchen wirst, bin ich zu dir gekommen. Ich möchte dich irgendwo hinbringen, wo es nett ist, etwas trinken und dich ansehen. Ich möchte, dass du mich ansiehst. Und lachen möchte ich und dich lachen hören. Finde dich damit ab.«
    Ricciardi blickte zum Himmel. Es stimmte: Dort funkelten Tausende von Sternen. Die Nacht war mild, es wehte ein warmer Wind, der die schwüle Hitze des Tages mit sich forttrug. Warum auch nicht, fragte er sich, schließlich hast du dir ja selbst vorgenommen, nicht mehr so grob zu ihr zu sein beim nächsten Wiedersehen. Schnell wie ein Pfeil schossen seine Gedanken zu Enrica. Und wie ein Pfeil prallten sie an dem schäkernden Jüngling ab und holten ihn zurück in die Wirklichkeit.
    »In Ordnung, ich beuge mich der Gewalt. Lassen wir es aber nicht spät werden: Morgen liegt ein langer …
    »… und schwerer Tag vor dir, wie immer«, beendete sie seinen Satz. »Keine Sorge, ich werde deinen Ermittlungen höchstens zwei Stunden stehlen. Solange es dauert, etwas essen zu gehen.«
    Sie gingen in ein Restaurant gleich bei der Galleria Umberto, in dem auch viele Sänger nach Vorstellungen imSan Carlo aßen. Es war bemerkenswert, dass Ricciardi, der in Neapel lebte und nicht weit entfernt arbeitete, das Lokal nicht kannte, während Livia, die sechshundert Kilometer entfernt wohnte, von der Inhaberin herzlich begrüßt wurde.
    »Ich habe ein paar Mal in Neapel gesungen, weißt du«, rechtfertigte sie sich, nachdem sie sich endlich aus der Umarmung der Frau herausgewunden hatte.
    Für Ricciardi wurde es ein außergewöhnlicher Abend. Alle anwesenden Männer, egal, ob allein oder in weiblicher Begleitung, sahen Livia an. Der Kommissar spürte, wie ihm von links und rechts der Neid

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