Der Sommer des glücklichen Narren
Ein kleiner Bub war er, als seine Eltern ihre Heimat verlassen mußten, das Leben auf dem Bauernhof war für ihn nur eine frühe Kindheitserinnerung. Einen Hof wollte er wieder haben, darum hat er Landwirtschaft studiert und hat dann die Reserl geheiratet, und so hat sich eigentlich alles ganz glücklich gefügt. Er ist kein Fremder gewesen in dem Hof auf dem Hügel, er spricht genauso fließend bayerisch wie der Andres. Drei Kinder gibt es mittlerweile auf dem Hof, eine schlesisch-bayerische Mischung, höchst wohlgelungen, wie ich finde.
Was das Waldhaus betrifft, so hat es sich erheblich gemausert. Ich habe an- und umgebaut, es ist ein stattlicher Besitz geworden, ausgestattet mit allem Komfort, den moderne Menschen mal brauchen, ich inzwischen auch.
Wir sind viel draußen, auch im Winter, und ich habe dort die Ruhe zum Arbeiten, die ich brauche. Meine Herren Söhne besuchen das Gymnasium in Rosenheim, sie fahren mit ihren Mofas hin und zurück, und nur bei Schnee und bösem Wetter werden sie von Steffi oder von mir mit dem Wagen in die Schule gefahren.
Denn ob man es nun weiterhin glaubt oder nicht, ich bin ein ganz seltenes Exemplar geworden, ein Schreiberling, der von seiner Arbeit ganz nett leben kann.
Angefangen hat es mit dem Schwabing-Buch. Da hat der Toni die richtige Nase gehabt, es wurde ein Erfolg, ein sehr ansehnlicher sogar. Und plötzlich liefen auch meine anderen Bücher, liefen erst langsam und zäh, aber mit jedem neuen Buch wurde es ein bisserl mehr und ein bisserl einbringlicher, und vor nunmehr genau elf Jahren landete ich das, was man einen Bestseller nennt. ›Helden wider Willen‹ heißt es, und vielleicht hat der eine oder andere es gelesen, darum kann ich es mir sparen, hier mehr darüber zu berichten.
Worauf ich mich wieder zum Humplmayr zurückbegebe und nun endlich kundtue, was hier gefeiert wird. Und das ist eine ganze Menge.
Erstens: ein neues Buch von mir, das gerade vor einem Monat herausgekommen ist und einen Raketenstart gehabt hat (wie man so was in der Fachsprache nennt und weswegen mein Verleger gern mal die ganze Familie freihält).
Zweitens: die Neuauflage von dem Schwabing-Buch, auf den neuesten Stand der Lage gebracht und mit neuem Bildmaterial versehen. (Leider, leider kann der Toni nicht mehr mit uns feiern. Die Nanni hat ihn noch zehn Jahre lang gehegt und gepflegt, aber zu einem richtig soliden Menschen konnte sie ihn natürlich auch nicht mehr machen. Wozu auch! Er war mit seinem Leben, so wie es war, ganz zufrieden. Dann hat seine Leber gestreikt, was man ihr nicht mal übelnehmen konnte, und da war es dann halt aus mit dem Toni.)
Drittens aber und hauptsächlich feiern wir Hochzeitstag, Steffi und ich. Vierzehn Jahre sind eine kurze oder eine lange Zeit, je nachdem.
Für eine Ehe ist es eine lange Zeit. Und wenn man in dieser langen Zeit rundherum zufrieden war mit dem, was man sich da an einem Gewitterabend am Waldrand aufgelesen hat, wenn man immer mal wieder, Hand in Hand, mit diesem Fundstück zu gerade diesem Fleckerl am Waldrand hinspaziert, sich dort in die Augen blickt, sich dann einen Kuß gibt und fragt: »War's gut so?« Und der andere antwortet: »Sehr gut« – also was will man da eigentlich noch mehr?
Meine Steffi sitzt auch mit am Tisch, und wenn sie damals ein hübsches Mädchen war, so ist sie heute eine schöne Frau geworden. So schön wie eine Frau nur werden kann, die geliebt wird und die sich wohl fühlt in ihrem Leben. Sie hat sich sehr fein gemacht, sie trägt ein schwarzes Kleid, mit einem tiefen spitzen Ausschnitt, und darin eine goldene Kette mit einem Anhänger aus Aquamarin. Den hat sie zur Feier des Tages von mir bekommen, weil ich finde, er hat die Farbe ihrer Augen. Ihr Haar ist immer noch weich und blond, alles an ihr ist echt und natürlich, und alles an ihr ist so geartet, daß es mir das Leben leichtmacht.
Ich weiß, daß ich meine Erfolge letzten Endes ihr verdanke. Sie hat mir Selbstvertrauen gegeben, hat immer Geduld mit mir gehabt, sie hat in mein Leben die Ruhe und die Ausgeglichenheit gebracht, die ich brauchte, um arbeiten zu können.
Wenn ich das sage, so ist darin keine Spitze gegen Rosalind verborgen. Auch sie gehört in mein Leben, auch sie hat mir viel geschenkt. Und sie gehört in gewisser Weise auch immer noch zu mir. Es ist eigentlich so geworden, wie sie damals nach der Scheidung ankündigte: »Du bist mein Mann und bleibst mein Mann, ich werde mich immer um dich kümmern.«
Wir kümmern uns
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