Der Sommer des glücklichen Narren
sie?«
»Das will ich lieber nicht erzählen.«
»Warum nicht? Wenn sie nicht dagegen war, dann kann sie doch nur etwas Nettes gesagt haben.«
Steffi lachte ein wenig verlegen. »Wie man's nimmt. Sie würden es vielleicht nicht so nett finden.«
»Sagen Sie's schon.«
»Na ja, sie sagte: Das Beste, wenn man sich über einen Mann ärgert, ist ein anderer Mann.« Sie errötete und sah mich immer noch nicht an. »Dumm, nicht?«
»Find' ich gar nicht. Tante Josefa ist sehr lebensklug.«
Und ob sie das war! Paßte bei mir genauso, ihr alberner Spruch. Das Beste, wenn man sich über eine Frau ärgert, ist eine andere Frau.
Aber nein, so wollten wir nicht beginnen. Steffi und ich. Beide mit einem Rucksack voll Kummer auf dem Buckel, hilflosen Zorn und törichten Trotz im Herzen, den Blick nach rückwärts gewandt und dann versuchen, miteinander etwas anzufangen. Nein.
Ich blieb stehen. »Hören Sie, Steffi«, sagte ich ernst. »Teils hat Tante Josefa recht, aber teils stimmt es gerade bei uns nicht. Ich dachte, wir wollen gute Freunde werden, ganz unabhängig von dem, was uns beide bedrückt. Sie müssen nicht denken, daß ich Sie bei mir haben will, bloß um nicht an Rosalind zu denken. Rosalind ist Vergangenheit. Das ist vorbei.«
»Es ist nicht vorbei«, sagte sie leise. »Und es ist auch keine Vergangenheit. Das weiß ich ganz gut. Aber ich kann mich nicht darüber beklagen. Es ist ja bei mir auch noch so … so ein Gewurschtel. Seelisch meine ich.«
»Also schön«, sagte ich, »einigen wir uns darauf, daß wir beide zur Zeit ein seelisches Gewurschtel haben. Irgendwann werden wir damit schon klarkommen. Und dann wird uns wohler sein.«
Wir blickten uns an und lächelten. »Ja«, sagte sie mit einem tiefen Seufzer, »das denke ich auch.«
Und als ich sie ansah in diesem Moment, ihr Lächeln, ihre Augen, da hatte ich das Gefühl, als könne es für mich ganz leicht sein, mit meinem Gewurschtel fertig zu werden. Ich mußte bloß aufhören mit meinen ewigen Bedenken, meinen Komplexen, die Vergangenheit wirklich vergessen und dem Augenblick, der Stunde, der Gegenwart leben, dann würde alles ganz einfach sein.
»Und wie geht es denn nun Tante Josefa?« fragte ich, um das seelische Gewurschtel für heute abzuschließen.
»Leider gar nicht gut. Sie hat schon seit längerer Zeit mit dem Herzen zu tun. Und Kreislaufstörungen hat sie auch. Sie sieht wirklich elend aus. Aber sie hat auch kein leichtes Leben hinter sich.«
Als wir im Waldhaus ankamen, machten wir alle Fenster auf, und Steffi packte die große Tasche aus.
»Fürchten Sie sich, eine Viertelstunde allein zu bleiben?« fragte ich. »Ich will nur schnell Dorian holen.«
»Ich fürchte mich nicht. Vor was denn? Holen Sie Dorian, und ich mache inzwischen Mittagessen.«
Als wir wiederkamen, Dorian und ich, hatte Steffi den Tisch gedeckt. Es gab gebratene Leber, Kartoffeln und eine große Schüssel grünen Salat.
»Oh! Donnerwetter!« sagte ich. »Das sieht verlockend aus, und großen Hunger habe ich auch.«
Dorian begrüßte Steffi wie eine alte Bekannte, und während wir aßen, saß er zwischen uns und blickte von einem zum anderen. Er war so selig gewesen, als ich ihn geholt hatte. Drei Tage waren eine verdammt lange Zeit für ihn. Schon während des Essens fing es an zu regnen. Ich hatte mir schon so was gedacht. Die Wolken waren gar so tief gewesen.
»Schade«, sagte ich.
»Aber das macht doch nichts«, meinte Steffi. »Regen beruhigt. Außerdem habe ich ja noch zu lesen. Ihr Buch.«
»Hm, wenn es unbedingt sein muß.«
»Es muß sein. Und erst werde ich abwaschen und hier ein bißchen Ordnung machen.«
»Hören Sie, Steffi, zum Arbeiten sind Sie aber nicht herausgekommen.«
»Ich habe nicht die Absicht, viel zu arbeiten. Nur so ein bißchen herumpusseln. Mach' ich gern.«
Na schön, wenn sie partout wollte.
»Was gibt's denn morgen zu essen?« fragte ich neugierig.
Sie lachte. »Spargel mit Schinken und neuen Kartoffeln und zerlassener Butter.«
»Mmm! Eins von meinen Leibgerichten.«
»Das dachte ich mir.«
Am Nachmittag kam der Wastl vom Gstattner-Hof heruntergeradelt, um mich zu fragen, ob ich zu einer Runde Skat hinaufkommen wolle.
»Ich hab' Besuch«, sagte ich.
»Des siach i«, meinte der Wastl und betrachtete meinen Gast mit großem Interesse.
»Wenn Sie … wenn Sie gern Karten spielen wollen«, sagte Steffi, »dann gehen Sie ruhig. Ich habe ja zu lesen.«
»Nein«, sagte ich, »heute nicht. Heute nicht, heute bleibe
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