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Der Sommer des glücklichen Narren

Titel: Der Sommer des glücklichen Narren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Leistungen zu wünschen übriglassen.
    Hier hielt ich schnell inne mit Denken und dachte dagegen. War es nicht unfair, Rosalind jetzt nachträglich für mein berufliches Versagen oder, vielleicht besser ausgedrückt, für meinen höchst mittelmäßigen Erfolg verantwortlich zu machen?
    Von solchen Gedanken wollte ich mich doch gleich mal zurückpfeifen.
    Aber etwas Wahres mochte wohl daran sein. Kein Mensch kann ständig in Spannung leben. Irgendwie leidet die Liebe darunter. Eine Müdigkeit tritt ein, dann ein Gefühl der Resignation und schließlich der Wunsch nach Kapitulation. Warum endlich hatte ich denn Rosalind so leicht aufgegeben? Warum hatte ich mich nicht gewehrt gegen ihr Weggehen? Hatte nur still gedacht: Na schön, na gut, einmal mußte es ja so kommen.
    Komisch, daß mir diese Erkenntnisse jetzt erst kamen. Steffi hatte mich, ohne daß wir ein Wort davon gesprochen hatten, zu diesen Gedanken angeregt. Ihr Wesen, ihre Art, die so grundsätzlich verschieden schienen von Rosalinds Wesen und Art. Ich mußte zugeben ›schienen‹, denn wissen konnte ich davon noch nichts. Wissen kann man eigentlich von einer Frau immer sehr wenig.
    Steffi hatte mich mit einem kurzen Seitenblick gestreift, als ich das vom Baden im Sommer sagte. Und nun, nachdem ich eine Weile nachdenklich in das Wasser vor uns gestarrt hatte, sagte sie: »Das hört sich so an, als hätten Sie die Absicht, mich noch öfter in diesem Sommer in Ihr Waldhaus einzuladen?«
    Ich wandte meinen Kopf zu ihr, dann drehte ich mich ganz, und wir sahen uns an.
    »Ja«, sagte ich, sehr bestimmt. »Ich habe diese Absicht. Es hängt nur von Ihnen ab, ob Sie kommen wollen oder nicht.«
    Sie senkte die Lider, und in ihre Wangen stieg ein leichtes Rot. Ich war gespannt, was sie antworten würde.
    Was sie dann allerdings sagte, überraschte mich. Sie sagte: »Wir müssen zurückgehen. Ich habe zwei Pfund Spargel zu schälen.«
    So eine Antwort kann nur eine Frau geben. In der Beziehung waren sie eben doch alle gleich.
    Ich mußte lachen, nahm ihre Hand, hob sie und küßte sie leicht.
    »Also gut, gehen wir. Und Sie haben natürlich ganz recht, Steffi. Man soll über die Zukunft nicht reden, man soll warten, bis sie Gegenwart wird und dann … ja, dann soll man sie fest in die Arme schließen.«
    Eigentlich hatte ich sagen wollen: Dann soll man das Beste daraus machen. Aber ›in die Arme schließen‹ schien mir in diesem Fall zutreffender und poetischer. Steffi errötete noch ein wenig mehr, lächelte aber dabei, und wir gingen den Weg ins Waldhaus zurück.
    Während Steffi den Spargel schälte, setzte ich mich an die Maschine und arbeitete ein bißchen. Oder tat jedenfalls so.
    Das Mittagessen war ein Gedicht. Und ich ließ das auch des öfteren verlauten. Eine Frau, die etwas Gutes auf den Tisch stellt, nicht ausführlich zu loben, ist wirklich und wahrhaftig seelische Grausamkeit und könnte meiner Meinung nach als Scheidungsgrund anerkannt werden.
    Ich hatte zum Essen eine Flasche Wein spendiert, weil sich Bier schlecht mit Spargel verträgt. Nachdem ich die reichliche – die sehr reichliche Hälfte von dem Spargel verdrückt hatte, also mehr als ein Pfund, seufzte ich zufrieden und sagte: »Schade, daß es nicht das ganze Jahr über Spargel gibt.«
    »Ganz im Gegenteil«, erwiderte Steffi. »Sie würden es halb so genießen, wenn es immer welchen gäbe. Gerade, daß es ihn nur vier bis sechs Wochen gibt, ist das Geheimnis des Erfolgs beim Spargel. Alles, was man immer hat, schätzt man nicht.«
    Ich runzelte die Stirn, füllte noch einmal Wein in die Gläser und sagte: »Steffi, der Schriftsteller in der Familie bin ich. Und weise Bemerkungen sind mein Ressort.«
    Sie lachte. »So weise war das gar nicht. Mehr ein Gemeinplatz, würde ich sagen.«
    Ich hob dozierend den Finger und stellte fest: »Der Unterschied zwischen Weisheiten und Gemeinplätzen ist meist gar nicht so groß, wenn überhaupt vorhanden. Weise ist, was wahr ist. Und Wahrheiten drängen sich im Laufe der Zeit und im Verlauf eines Lebens von selbst auf und werden so zu Gemeinplätzen.«
    »Sehr hübsch«, meinte Steffi, »einigen wir uns also darauf, daß Wahrheiten, sofern sie Weisheiten sind, Ihnen zustehen, falls sie aber bereits Gemeinplätze sind, mein Ressort sein dürfen.«
    Ich freute mich. »Damit hätten wir unser Familienleben, jedenfalls zum Teil, bestens geregelt.«
    Sie lachte und räumte den Tisch ab. Ich hatte wieder einmal etwas, um darüber nachzudenken. Nämlich

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