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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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Nichts sprach für sie. Niemand sprach für sie. Ich hätte es gern getan. Ich hätte mehr als gern für sie gesprochen, zu ihren Gunsten. Doch meine Stimme hatte damals nichts zu sagen. Sie blieb ungehört. Ich hätte gesagt: Iver Malts Mutter backt das beste Brot der Welt. Beide Elternteile wurden zu achtzehn Monaten Gefängnis verurteilt, sie kamen nach zwölf Monaten frei, zogen an einen anderen Ort im Land und fingen neu an, wenn es überhaupt möglich ist, irgendwo einen neuen Anfang zu machen, und ich glaube, es ist möglich, es gibt immer einen neuen, anderen Anfang, und ich bin nicht der Einzige, der daran glaubt, das weiß ich.
    Währenddessen wuchs das Grundstück draußen auf Signalen zu. Unkraut fraß das rostige Eisen. Der Erdkeller wurde mit Glasscherben und Müll angefüllt. Der Acker erstarb unter dem Farn. Die Schutzräume gehörten niemandem mehr. Die Baracke und die Werkstatt fielen zusammen und waren zum Schluss nur noch ein Haufen Wellblech und morsche Planken, die auch mit der Zeit verschwanden. Regen und Wind fegten die letzten Reste fort. Und in diesem dürftigen Garten versuchte ich mein Leben von Neuem wachsen zu lassen.
    Und wir? Lisbeth fing sich nach einer Weile, wurde endlich die neue Zahnspange los, lebte adrett und brav, bis sie viele Jahre später bei einem Autounfall ums Leben kam, das ist noch gar nicht so lange her, und sie hinterließ eine Tochter und keinen Mann. Ich las die Todesanzeige, ging jedoch nicht zur Beerdigung. Mir wurde nur so schrecklich wehmütig. Putte und der Rest der Arschlöcher fielen auch zurück in den gewohnten Trott, wie es die meisten tun, und folgten dem geraden Weg, der bereits seit langem für sie asphaltiert war, von hier bis zum Friedhof Vestre gravlund, aber leider nicht zurück. Es kommt vor, dass mir ihre Namen in Verbindung mit Konkursen, Aufkäufen und ökonomischer Untreue auffallen. Von Heidi habe ich nichts gehört, bis ich eine Postkarte erhielt, abgeschickt aus Brüssel, und da hatte ich sie bereits vergessen, denn wenn man es genau betrachtet, gab es von uns nicht so viel zu erinnern, höchstens all das, was ich nicht tat. Sie wollte mir nur zu einem Preis gratulieren, den ich erhalten hatte. Sie arbeitete bei irgendeinem EU -Sekretariat, hatte wohl etwas mit bilateralen Abkommen zu tun, all das, wovon ich keine Ahnung habe, Politik und Diplomatie. Übrigens wollte sie etwas wissen: Ob ich jemals das Gedicht über den Mond fertigbekommen hätte? Und das andere Gedicht, von dem ich gesprochen hatte, konnte man es irgendwo lesen? Hatte ich nicht gesagt, es sollte in einer Zeitschrift abgedruckt werden, in Vinduet ? Daran erinnerte sie sich. Sie erinnerte mehr als ich. Ich nahm ihre Erinnerungen als Rauchzeichen, die sich langsam unter einem ziemlich tief hängenden Himmel oder über den Städten auflösen, den Städten, durch die wir hindurchreisen, und über dem Leben, das wir gelebt haben. Ich nahm es als Warnung. Es war Gefahr im Verzug. So lernte ich, dass immer Gefahr im Verzug besteht. Ganz gleich, wie du dich drehst, es besteht Gefahr. Auf Zebrastreifen passieren die meisten Unfälle. Deshalb: Vermeide die Zebrastreifen! Und ich? Ich hielt mein Versprechen. Ich sah mich nie wieder im Spiegel an, begann im französischen Zweig, wurde nicht fertig mit dem Gedicht über den Mond, das andere Gedicht habe ich übrigens für mich behalten, und ich wurde auch nie fertig mit Moby Dick. Ich kriege es einfach nicht hin. Jedes Mal, wenn ich es versuche, stockt es. Und ich habe es schon oft versucht. Es scheint fast, als wollte ich Kapitän Ahab auf Abstand halten oder ihn daran hindern, das Ende zu erreichen, das ihm zugeteilt wurde, vom Autor oder vom Schicksal. Da stand noch was anderes, in den Illustrierten Klassikern, was ich auch nicht wegschieben konnte, es hatte seinen Sinn, dass ich das Heft ganz unten im Korb unter der Treppe gefunden hatte, nicht wahr? Es hatte mehrfach Sinn, denn nichts hat nur einen einzigen Sinn. Der Artikel handelte davon, Wale zu zerlegen, einen Pottwal, ihm alles zu entnehmen, was etwas wert war. Der Pottwal unterscheidet sich ganz und gar von anderen Walen. In seinem Kopf befindet sich ein Hohlraum, der das Kostbarste aller Walöle enthält, das Walrat. Und während sie dabei sind, den Kopf des Wals zu leeren, da fällt einer der Mannschaft in die Atemlöcher des Wals und Queenueg muss sich in den Kopf des Wals reinschneiden und den Ärmsten retten. Ich konnte nicht anders, ich las das als eine Schilderung

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