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Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman

Titel: Der Sommer, in dem meine Mutter zum Mond fliegen wollte - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: btb Verlag: Verlagsgruppe Random House GmbH
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oft gestanden, damals auf einem Hocker, um das Fensterbrett erreichen zu können, und damals war wie gesagt mehr Leben draußen gewesen, der Zeitungsbote, der Schulbus, Männer, die auf dem Weg zu den Werkstätten, Steinbrüchen und Silos waren oder von dort nach Hause kamen, aber dennoch, er stand immer noch gern hier, und es gefiel ihm, was er sah, auch wenn der Aussicht alles fehlte, woran er sich erinnern konnte.
    Als er die Leckerbissen in der Pfanne wenden und auf einen Teller schieben wollte, kam seine Mutter in die Küche, sie hatte offenbar geschlafen und ihn nicht gehört. Sie hatte im Karmack Grand Hotel die Nachtschicht über gearbeitet, bis es auch hier den Bach heruntergegangen war. Bis heute hatte sie es sich nicht abgewöhnen können, tagsüber zu schlafen und nachts auf zu sein.
    »Wie ist es gelaufen, Frank?«
    »Sie haben gefragt und nachgebohrt.«
    »Wonach?«
    »Alles Mögliche. Es war fast wie ein Verhör. Das hätten nicht viele ausgehalten. Sie haben auch nach Vater gefragt.«
    »Was hat der denn damit zu tun?«
    »Es zeigt, dass ich die Fassung behalte, wenn ein Unglück geschieht.«
    »Ich finde, du solltest deinen Vater da raushalten. Er hat damit nichts zu tun.«
    »Hätte ich auf die Frage einfach nicht antworten sollen? So hätte ich den Job auf keinen Fall bekommen. Außerdem müssen sie so viel wie möglich über denjenigen wissen, den sie einstellen.«
    »Dann hast du den Posten gekriegt?«
    »Noch nicht.«
    »Und jetzt feierst du, bevor du es sicher weißt?«
    »Sie haben gesagt, es sähe gut aus.«
    »Das sagen sie immer.«
    »Nicht zu mir.«
    Bereits am nächsten Tag lag Post für Frank in dem offenen, verrosteten Kasten, der an der Pforte festgebunden war, ein brauner Umschlag mit dem Rathausstempel drauf. Jemand aus der Kommission, vielleicht auch die Sekretärin, musste ihn eigenhändig hineingelegt haben, denn die Post wurde in Karmack nicht mehr ausgetragen. In dem Brief stand, dass Frank Farrelli den Posten des Übermittlers bekommen hatte. Er wurde gebeten, so schnell wie möglich im Rathaus vorbeizuschauen, dann konnten sie Maß nehmen und ihm einen passenden Anzug schneidern, bevor es Ernst mit dem Ernst wurde. Frank ging ins Haus und las den Brief in aller Ruhe noch einmal. Es stand immer noch dort, schwarz auf weiß, dass Frank Farrelli eingestellt worden war als Übermittler in Karmack, zwar mit einer Probezeit von zwei Monaten, aber auch das war nicht mehr als recht und billig, wie Frank fand, es war trotzdem so gut wie eine feste Anstellung. Er sollte sich nicht daran stören. Es war erst elf Uhr. Er legte den Brief neben das Telefon und duschte in der klapprigen Kabine, in der das Wasser eher kalt als warm war. Doch bald würden bessere Zeiten anbrechen, dachte Frank Farrelli. »Bessere Zeiten«, sagte er laut, stellte die Dusche ab und schaute sich im Spiegel an. An seinem Gesicht war nichts Besonderes, es war solide und nichtssagend, weder mehr noch weniger. Auf jeden Fall sagten das die anderen. Er war ganz normal. Keine Frau fiel ihm sofort zu Füßen, aber es drehte sich auch keine schnell weg. Er beugte sich näher zum Spiegel, rieb sich Kiefer und Wangen mit Rasierschaum ein und fuhr sich mit dem Rasierhobel durch die weiße Maske. Plötzlich stand seine Mutter direkt hinter ihm.
    »Hast du das ganze heiße Wasser verbraucht?«
    »Verdammt, hast du mich erschreckt! Lernst du es denn nie anzuklopfen?!«
    »Hast du Post gekriegt?«
    »Kann schon sein. Habe sie noch nicht gelesen.«
    »Doch, das hast du wohl.«
    Frank schob das Kinn vor und rasierte sich weiter. »Aber du hast sie sicher gelesen, dann kannst du mir ja erzählen, von wem sie ist und was drinsteht?«
    »Nun bist du gemein, Frank. Ich lese nicht die Briefe anderer Leute.«
    »Bring mich nicht zum Lachen, Mutter. Ich rasiere mich. So passiert schnell ein Unglück.«
    »Außerdem war der Brief schon offen.«
    »Da siehst du es. Jemand muss ihn geöffnet haben.«
    »Ich bin stolz auf dich, Frank.«
    »Danke. Darf ich mich jetzt fertig machen? Ich muss nämlich zur Arbeit.«
    »Jetzt ähnelst du deinem Vater, Frank.«
    Der Rasierhobel stieß in die Haut, direkt unter der Nase, und ein Blutfleck kam in dem weißen Schaum zum Vorschein.
    »Verdammt! Sieh nur, was du gemacht hast!«
    »Ich? Du bist es doch, der sich rasiert. Ich werde ein Stück Papier holen.«
    »Die werden glauben, dass mir die Hände zittern! Einem Übermittler dürfen nicht die Hände zittern!«
    Die Mutter riss ein Stück vom

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