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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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denn keine würde die andere im Stich lassen.
    Wahre Freundschaft.
    Kristofs Lippen kräuselten sich verächtlich.
    Mal sehen, ob diese Verbindung hielt, was sie versprach, oder ob sie sich letztlich ebenso als Illusion entpuppte wie die angebliche Freundschaft, die ihn selbst mit Alex verbunden hatte.
    »Komm, Süße«, sagte er leise. »Zeig mir das Entsetzen auf deinem Gesicht. Immerhin habe ich mir mit dem Arrangement in der Badewanne alle Mühe gegeben.«
    Grinsend verspeiste er das zweite Brötchen und genoss den immer noch heißen, starken Kaffee aus dem Thermobecher.
    Selbst wenn die Jungs Alex aus den Augen verlieren sollten – das Mädchen würde Kristof zu ihm führen. Irgendwann.
    Alex konnte sich nennen, wie er wollte. Jakob, Armin, Boris oder Luke. Er würde doch immer Alex bleiben und nichts würde ihn härter treffen als die Wiederholung von Jozefinas Geschichte.
    *
    Am Autobahnkreuz Köln-West machte Luke das Radio an, um nicht von seinen Gefühlen überwältigt zu werden. Wie gut er diese Gegend kannte. Im Schlaf hätte er sich hier zurechtgefunden. Die flache Landschaft, der weite Himmel und mitten in all dem Grün und Blau die Stadt, in der er Schutz gefunden hatte. Er war in diesem Augenblick keine dreißig Kilometer von Jette entfernt, und alles in ihm sträubte sich dagegen, die Fahrt fortzusetzen.
    Frechen. Pulheim. Leverkusen.
    Allein die Namen wollten ihn halten.
    Luke drehte den Ton des Radios so laut, dass die Bässe gegen sein Trommelfell wummerten.
    Queen. Friends will be friends.
    Luke kämpfte gegen die Tränen an. Ungeschickt wischte er sich mit dem Handrücken über die Augen und umklammerte das Lenkrad, bis seine Finger schmerzten.
    Er würde nie wieder zurückkommen.
    Die Fahrbahn verschwamm ihm vor den Augen. Ein Schluchzen stieg in seiner Kehle hoch. Es brachte ihn fast um.
    Am Kamener Kreuz ließ er die A 1 mit ihren endlosen Baustellen hinter sich und wechselte auf die A 2. Sie war heute ungewöhnlich schwach befahren und Luke trat aufs Gaspedal. Er fegte die Wagen von der linken Spur und zog den Motor hoch, bis er die Musik nicht mehr hören konnte und in seinem Kopf nur noch der Rausch der Geschwindigkeit war.
    Irgendwann hatte er sich wieder halbwegs gefangen. Er behielt den Verkehr im Auge, versuchte sich zu erinnern, ob er einen der Wagen, die ihn überholten, bereits wahrgenommen hatte, merkte sich genau, wer sich vor ihn setzte und wer hinter ihm blieb.
    Ihm fiel nichts Ungewöhnliches auf.
    Dennoch entspannte er sich nicht. Wahrscheinlich war es nicht ein einziger Mann, der ihn beschattete. Kristof hatte garantiert mindestens zwei auf ihn angesetzt, die miteinander in Kontakt standen und ihr Vorgehen aufeinander abstimmen konnten.
    Dadurch waren sie klar im Vorteil.
    An mehreren Rasthöfen und Parkplätzen bog Luke ab und beobachtete bei laufendem Motor, ob ihm jemand folgte. Mehrmals schoss er im letzten Moment mit quietschenden Reifen in eine Ausfahrt, quälte sich ein paar Kilometer über Land und fuhr wieder auf die Autobahn auf.
    Er wandte sie alle an, die Tricks, die Leo ihm beigebracht hatte. Alle bis auf einen. Er hatte sich dagegen entschieden, einen Anhalter mitzunehmen. Zwar hätte ein potenzieller Zeuge ihm einen gewissen Schutz geboten, doch er konnte nicht beurteilen, wie sich die Situation entwickeln würde, und wollte niemanden in Gefahr bringen.
    Kurz vor Hannover beschloss er spontan, nach Hildesheim zu fahren. Er hätte das nicht begründen können. Er vertraute einfach seiner Intuition.
    Vor einer kleinen Pension am Kalenberger Graben hielt er an. Er musste sich ausruhen, nachdenken. Entscheidungen treffen, die nicht nur von heute bis morgen reichten. Er stieg aus und sah sich um.
    Eine ruhige Gegend, obwohl sie nicht weit vom Zentrum entfernt war. Alte Villen und Bürgerhäuser mit kleinen schattigen Vorgärten, in denen weiße und rote Hortensien blühten. Eine Hummel summte durch die stille, heiße Luft. Kinder hatten mit bunter Kreide das Pflaster bemalt. Dachfenster blinkten in der Sonne.
    Luke spürte, wie ihm dünne Schweißtropfen über die Schläfen rollten. Bevor er das Haus betrat, überprüfte er die Parkmöglichkeiten. Den kleinen Abstellplatz, der zur Pension gehörte, würde er nicht nutzen, damit er nicht zugeparkt werden konnte, aber auf der Straße gab es genügend Möglichkeiten, den Wagen unterzubringen.
    In dem geräumigen Windfang, der zu einer Art Rezeption ausgebaut war, roch es nach Möbelpolitur und spätem Nachmittag.

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