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Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
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Samstag für die Gartenarbeit, die während der Woche liegen blieb.
    Hildesheim.
    Luke hatte keine Beziehung zu dieser Stadt. Vielleicht war das seine Rettung. Wenn es ihm gelungen sein sollte, seine Verfolger abzuschütteln, würde Kristof nie im Leben darauf verfallen, ihn hier zu suchen.
    Er setzte sich auf das Sofa und versuchte, das Gefühl von Fremdheit abzuschütteln.
    Dann richtete er das neue Handy ein.
    Damit war die letzte Verbindung zu seinem Leben in Köln abgeschnitten.
    Sei froh, Jette, dachte er. Ich bin eine tickende Zeitbombe. Ohne mich bist du besser dran.

11
    Es war mitten in der Nacht, als wir aufbrachen. Ohne uns verabredet zu haben, hatten wir uns wie das Klischee von Dieben angezogen. Schwarze Hose, schwarzes T-Shirt, schwarze Schuhe. Ich musste an Über den Dächern von Nizza denken, den Film, in dem die wunderschöne junge Grace Kelly sich in Cary Grant verliebt.
    »Wie die Katze «, sagte Merle da auch schon.
    Wir hatten ein Faible für alte Filme, vor allem für die von Alfred Hitchcock. Diesen hatten wir uns mindestens zehnmal angeguckt, ausgerüstet mit ausreichend Schokolade, Chips und gesalzenen Nüssen.
    Cary Grant spielt in dem Film John Robie, die Katze , einen berüchtigten Juwelendieb. Wir hingegen hatten nicht vor, etwas zu stehlen. Wir wollten nur in Lukes Wohnung einbrechen, um uns nach Informationen umzusehen.
    Nur …
    Mein Herz klopfte wie verrückt.
    Auf der Fahrt nach Köln sprachen wir kein Wort. Merle schnippte die ganze Zeit über mit den Fingern. Es machte mich wahnsinnig, aber ich bat sie nicht, damit aufzuhören. Wenn es sie beruhigte, war es in Ordnung. Sie war der Profi von uns beiden. Sie durfte auf keinen Fall die Nerven verlieren.
    Merle war für den Tierschutz schon so oft in Versuchslabore eingestiegen, dass diese Aktion ein Klacks für sie war. Das sagte ich mir immer wieder. Allerdings würden wir nicht einfach in eine Wohnung einbrechen – wir würden trotz polizeilicher Versiegelung einen Tatort betreten. Ich hatte mich ganz bewusst nicht darüber informiert, welche Art von Straftat wir damit begingen und was darauf stand.
    Um uns herum war es dunkel und ruhig. Selbst die Vögel schliefen. Hin und wieder zerschnitten die Scheinwerfer eines anderen Wagens die Nacht, dann waren wir wieder allein unterwegs.
    Mir war vor Aufregung schlecht.
    Der Himmel über Köln leuchtete. Es sah aus, als läge die Stadt unter einer Glocke aus schimmerndem Licht. Irgendwie beruhigte mich das. Endlich hörte Merle auf, mit den Fingern zu schnippen.
    »Okay«, sagte sie und sog tief die Luft ein, als hätte sie beim Anblick der Stadt eine Entscheidung getroffen.
    Ich parkte um die Ecke von Lukes Wohnung, in der Gustavstraße, damit mein Wagen später nicht mit dem Einbruch in Verbindung gebracht werden konnte. Eine reine Vorsichtsmaßnahme, denn hier schien noch jede Menge los zu sein, und die Autos parkten kreuz und quer. Aus einem der Fenster drang laute Technomusik. Auch in der Palanterstraße wurde gefeiert. Man hörte die Leute lachen und grölen.
    Die meisten Fenster standen weit offen, obwohl es kaum abgekühlt hatte. Auf einer Fensterbank schlief eine Katze, deren Farbe nicht auszumachen war. In der Nacht sind alle Katzen grau. Ich fragte mich, ob das wirklich stimmte.
    Ein Liebespaar kam uns entgegen. Eng umschlungen und selbstvergessen. Sie nahmen uns überhaupt nicht wahr. Ich dagegen konnte mich nicht sattsehen an ihnen, obwohl ihr Anblick mir Schmerzen bereitete.
    Luke, dachte ich. Luke …
    Und wenn er eine andere hatte?
    Ich tastete nach Merles Hand. Sie warf mir einen verwunderten Blick zu.
    »Hast du es dir anders überlegt?«
    Ich schüttelte den Kopf und hielt ihre Hand fest.
    »Hey«, sagte sie sanft. »Wir können es auch auf ein andermal verschieben, wenn dir das lieber ist.«
    Wieder schüttelte ich den Kopf.
    Sie blieb stehen und musterte mich besorgt. Ich ließ ihre Hand los und marschierte weiter.
    »Angst ist was für Feiglinge«, sagte ich über die Schulter, ohne das wirklich zu meinen. Nur dumme Menschen kennen keine Furcht, weil sie zu blöd sind, Gefahren zu erkennen.
    »Wow.« Merle hakte sich bei mir ein. »Hast du noch ein paar solcher Erkenntnisse auf Lager?«
    Ich grinste von einem Ohr zum andern, doch da standen wir schon vor dem Haus. Wie eine Festung ragte es vor uns auf, ein schwarzer Block, stumm und unverrückbar. Alle anderen Häuser weit und breit kamen mir weniger unheimlich vor.
    Ein einziges Fenster war erleuchtet.
    Merle

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