Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommerfaenger

Titel: Der Sommerfaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Feth
Vom Netzwerk:
dann Bescheid?«
    »Klar.«
    Imke überlegte eine Weile, dann schrieb sie eine SMS .
    Jette, Liebes, PASST AUF EUCH AUF !!! Mama.
    Damit zeigte sie ihrer Tochter, dass sie wusste, was lief, aber sie forderte sie nicht auf, die Finger von der Sache zu lassen.
    Kein Vorwurf, kein böses Wort.
    Zufrieden schickte sie die SMS ab.
    Sie erledigte noch einige Anrufe, verfasste ein paar E-Mails und überflog die Antworten, die sie auf ein schriftliches Interview gegeben hatte. Dann fuhr sie den Computer herunter, zog sich um und fing an, das Haus zu putzen.
    Seit Frau Bergerhausen nicht mehr da war, teilte Imke sich diese Arbeit mit Tilo. Da sie beruflich beide stark engagiert waren, durfte das nicht zu einem Dauerzustand werden. Jetzt jedoch tat es ihr gut, die Gedanken auszuschalten und sich körperlich zu verausgaben, bis ihr der Schweiß in den Nacken lief. Alles war besser, als sich unentwegt zu fragen, ob sie Luke die Morde zutraute oder nicht.
    Noch weniger wollte sie überlegen, was er – sollte er doch der Mörder sein – tun würde, wenn die Mädchen ihm mit ihren Schnüffeleien in die Quere kamen.
    Noch gestern hatte sie das Fernsehteam im Haus gehabt, eine Journalistin, einen Kameramann, einen Tontechniker und einen Aufnahmeleiter. Zwei Stunden lang hatte sie über Täter und Opfer gesprochen, über Verbrechen und Verbrechensbekämpfung, Prognose und Psychologie. Sie hatte von ihren Themen, ihren Recherchen und den Lesereisen erzählt und einen Auszug aus dem Roman vorgelesen, den sie gerade veröffentlicht hatte.
    Imke war sich der Kamera bewusst gewesen, der Mikrofone und der fremden Menschen, die sie beobachteten und bewerteten und mit manchen Fragen aufs Glatteis führen wollten. Sie hatte professionell agiert und sich bemüht, so aufrichtig wie möglich zu sein, ohne zu viel von sich preiszugeben.
    Ein Täter ist immer auch Opfer.
    Jeder Mensch ist fähig, einen Mord zu begehen.
    In jedem von uns steckt neben dem Guten das Böse.
    Sie hatte diese Sätze gesagt, wie sie das schon oft getan hatte. Und jetzt wünschte sie, sie wären nicht wahr. Sie wünschte, sie könnte mit absoluter Gewissheit behaupten, dass Lukas Tadikken niemals fähig wäre, jemandem etwas anzutun.
    Und Jette Schmerzen zuzufügen.
    Doch das konnte sie nicht. Sie fragte sich, ob es wirklich Zufall gewesen war, dass Luke sich um den Bürojob beworben hatte und fast zur selben Zeit mit Jette zusammengekommen war. Ob er nicht von Anfang an gewusst hatte, wer Jette war.
    Die Tochter einer berühmten Autorin.
    Aber solche Gedanken waren sinnlos. Selbst wenn Luke auf ihr Geld aus gewesen sein sollte, machte ihn das noch lange nicht zu einem Mörder.
    Und wieder war sie am Anfang angelangt: Wer war dieser Luke, der seit einigen Wochen für sie arbeitete? War sein offenes Gesicht bloß eine Maske? Und seine freundliche Art, war die nur Tarnung? Lauerte dahinter der gefährliche Psychopath, der die Polizei zweier Bundesländer auf Trab hielt?
    Imke stieß den Wischmopp in den Eimer, dass es klatschte und das Wasser ihr bis zu den Knien spritzte. Sie zog ihn wieder heraus und bearbeitete die Bodenfliesen mit einer Wut, die sich schließlich in Tränen entlud. Heulend stand sie an der Terrassentür und starrte durch den Tränenschleier in den Garten.
    Wage es nicht, den Mädchen etwas anzutun , dachte sie, oder ich bringe dich um.
    Gleich darauf hielt sie sich erschrocken die Hand vor den Mund. Sie war feucht vom Wischwasser, und Imke akzeptierte den Ekel, den sie empfand, als gerechte Strafe für ihren ungeheuerlichen Gedanken.

18
    Verletzte Tiere versuchen, sich in ihrem Bau zu verkriechen. Vielleicht war es dieser uralte Instinkt, der Luke bewogen hatte, sich nach Osten zu wenden.
    Die kürzeste Verbindung hätte ihn über Hannover geführt, was ihn ziemlich nah an Hildesheim gebracht hätte. Deshalb hatte er den Umweg über Hamburg und Berlin in Kauf genommen. Er fuhr jetzt auf der A 13 in Richtung Dresden und spürte eine kalte Ruhe, die ihn präzise wie ein Uhrwerk agieren ließ.
    Die Müdigkeit hielt seinen Kopf wie eine große Faust umklammert und drückte gegen seine Schläfen. Er war ihr mit unzähligen Tassen Kaffee zu Leibe gerückt, die ihm nicht bekommen waren. Die unnatürliche Ruhe war seine Rettung. Sie ließ ihn durchhalten.
    Irgendwann war der Gedanke an sein altes Zuhause in ihm aufgeblitzt. Die Sehnsucht nach dem einzigen Ort, an dem er jemals Frieden empfunden hatte.
    Früher.
    Selbst dann noch, als das Entsetzliche

Weitere Kostenlose Bücher