Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
Blitzlicht erhellte mein Gesicht. Einer von Grahams typischen Schnappschüssen. Damit musste man bei ihm ständig rechnen: Während man gemütlich mit ihm plauderte, riss er plötzlich die Kamera hoch und machte ein Foto. Das konnte ziemlich nervtötend sein – als würde er während der ganzen Zeit, die er mit einem sprach oder zuhörte, in Wirklichkeit bloß auf die Gelegenheit zu einer guten Aufnahme warten.
    »Außerdem«, fuhr Fred fort, »haben Zoë und ich noch einen Grund zum Feiern.« Alle starrten ihn überrascht an, nicht zuletzt ich selbst. »Ja«, meinte er, »es ist nun genau neun Tage her, seit Zoë und ich uns zum ersten Mal …
    ähm …«, er legte eine Pause ein, »… ähm … begegnet sind.« Hinter mir war das unterdrückte Lachen von Duncan und Graham zu hören, alle anderen aber schwiegen. Einen Moment lang hatte ich das Gefühl, bei einem offiziellen Dinner des Rugby-Clubs gelandet zu sein.
    »Fred«, begann ich, aber er brachte mich mit einer Handbewegung zum Schweigen.
    »Einen Moment noch«, sagte er. »Es wäre traurig, wenn ein solcher Abend nicht auf besonders feierliche Weise zelebriert würde, aber … was haben wir denn da?« Er sagte das in einem Ton gespielter Überraschung, während er sich hinunterbeugte und hinter meinem Sessel herumkramte. Er zog ein großes, mit braunem Papier umwickeltes Päckchen hervor. »Entweder haben wir es hier mit einer weiteren Gabe von einem von Zoës anonymen Fans zu tun, oder aber es handelt sich um ein Geschenk.«
    »Ihr Idioten«, sagte ich, aber in liebevollem Ton. Das Format des Päckchens deutete auf ein Bild hin, aber nachdem ich es aus seiner Umhüllung befreit hatte, sah ich, was es in Wirklichkeit war. »Ihr Mistkerle!«, meinte ich lachend. Sie hatten eine ganze Seite der Sun eingerahmt, auf der oben die Schlagzeile »Ich und meine Melone« prangte und darunter in kleinerer Schrift:
    »Beherzte Blondine schlägt Handtaschenräuber k.o.«
    »Eine Rede!«, rief Louise, die die Hände wie einen Trichter um den Mund gelegt hatte. »Eine Rede!«
    »Also«, begann ich, wurde aber von der Haustürklingel unterbrochen. »Augenblick«, sagte ich. »Bin gleich wieder da.«
    Der Mann, der vor der Tür stand, trug einen braunen Kordanzug und Gummistiefel.
    »Ich würde mir gern die Wohnung ansehen«, erklärte er.
    »Passt es Ihnen?«
    »Ja, ja«, antwortete ich schnell. »Kommen Sie ruhig rauf.«
    Die Stimmen meiner Gäste drangen bis ins Treppenhaus.
    »Bei Ihnen steigt wohl gerade eine Party«, bemerkte der Mann.
    »Ja. Ich habe Geburtstag.«

    4. KAPITEL
    it der Zeit wurden die Briefe weniger. Die anfängliche Flut verwande
    M
    lte sich in ein Tröpfeln
    und hörte dann ganz auf. Eine Weile hatte ich das Ganze sogar lustig gefunden. Einmal nahm ich ein paar von den Briefen mit, als ich mich mit Fred und den Jungs traf. Wir saßen vor einer Bar in Soho, tranken eiskaltes Bier, tauschten die Briefe untereinander aus und lasen uns besonders schöne Passagen laut vor. Während Morris und Duncan anschließend mal wieder eines ihrer abstrusen Gespräche führten, unterhielt ich mich mit Graham und Fred ein wenig ernster über die Angelegenheit.
    »Man muss sich das mal vorstellen. Diese Leute sitzen in ganz England herum und schreiben achtseitige Briefe an jemanden, den sie überhaupt nicht kennen. Sie schlagen meinen Namen einfach im Telefonbuch nach und kaufen sich eine Briefmarke. Wissen die mit ihrem Leben denn nichts Besseres anzufangen?«
    »Nein, offenbar nicht«, antwortete Fred. Er legte mir die Hand aufs Knie. »Du bist eine Göttin. Du und deine Melone. Wir alle hier haben dich schon vorher gern gehabt, aber jetzt bist du eine Männerphantasie. Diese starke, schöne Frau. Wir Kerle wünschen uns doch alle, dass eine Frau wie du mit hohen Absätzen auf unserem Körper herumspaziert.« Dann beugte er sich zu mir und flüsterte mir mit seinem warmen Atem ins Ohr:
    »Und du gehörst mir allein!«
    »Hör auf«, sagte ich. »Ich finde das nicht lustig.«
    »Jetzt weißt du, wie es ist, berühmt zu sein«, meinte Graham.

    »Genieße es, solange du noch kannst.«
    »Mein Gott, hat denn kein Mensch Mitleid mit mir?
    Morris, hast du mir vielleicht was Nettes zu sagen?«
    »Ja«, sagte Fred. »Schieß los, Morris. Welchen Rat würdest du einer schönen Frau geben, die sich mit den Schattenseiten des Ruhms herumschlagen muss?«
    Mit diesen Worten lehnte er sich zu Morris hinüber und versetzte ihm mehrere sanfte Klapse auf die Wange. Die Jungs

Weitere Kostenlose Bücher