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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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dass ich keine gute Lügnerin bin. Was hätte jemand, der keinen Grund zum Lügen hatte, an meiner Stelle wohl gesagt?
    »Geht es dir nicht gut?«, fragte Morris.
    »Doch, natürlich, warum sollte es mir nicht gut gehen?«
    Inzwischen rasten meine Gedanken. Es gab zu viel, worüber ich nachdenken, zu viel, das ich im Geiste Revue passieren lassen musste. »Du glaubst doch nicht allen Ernstes, dass es ein Polizist sein könnte?«
    »Was denkst du, Josh?«
    Josh schüttelte verwirrt den Kopf. »Nein, das kann nicht sein. Das ist einfach zu verrückt. Obwohl ich … nein, das ist ein blöder Gedanke.«
    »Was?«, fragte ich. »Raus damit!«
    »Ich weiß nicht, ob du davon schon gehört hast: Bevor meine Mum, nun ja, du weißt schon … auf jeden Fall hatten sie für kurze Zeit meinen Dad in Verdacht, weil etwas, das meiner Mum gehört hatte, in der Wohnung der anderen Frau, dieser Zoë, aufgetaucht war. Wer sonst hätte es dort hinschaffen können?«
    Diesmal hatte unser Schweigen etwas Düsteres.
    »Da muss ich erst mal drüber nachdenken«, sagte ich.
    »Das ist ja wie ein Kreuzworträtsel. Ich bin nicht intelligent genug.«
    »Tut mir Leid«, entschuldigte sich Morris. »Ich habe euch da wohl einen Floh ins Ohr gesetzt. Ich hätte den Mund halten sollen.«
    »Nein«, widersprach ich. »Nun sei nicht albern. Das Ganze ist gar nicht so abwegig. Ich kann es bloß noch nicht glauben. Was soll ich denn jetzt tun?«
    Morris und Josh sahen sich an und zuckten mit den Achseln.
    »Auf jeden Fall solltest du gut auf dich aufpassen«, meinte Morris. »Halt die Augen offen!« Er gab Josh ein Zeichen zum Aufbruch. »Wir sollten jetzt gehen«, erklärte er.
    Ich brachte sie zur Tür.
    »Was soll ich denn jetzt tun?«, wiederholte ich kläglich.
    »Denk in Ruhe über alles nach«, antwortete Morris.

    »Wir werden das Gleiche tun. Vielleicht fällt uns etwas ein. Vergiss nicht, wir sind auf deiner Seite.«
    Nachdem ich die Tür hinter ihnen abgeschlossen hatte, nahm ich mir nicht mal die Zeit, mich hinzusetzen. Ich blieb an der Tür stehen und begann nachzudenken.
    Krampfhaft versuchte ich, das alles in eine Form zu bringen, die einen Sinn ergab. Mein Kopf schmerzte.

    Ich befinde mich direkt im Zentrum des Geschehens.
    Unsichtbar. Ich stehe vor ihr, und sie sieht mich mit diesem ganz eigenen Lächeln an, bei dem sich so hübsche Fältchen um ihre Augen bilden. Sie lacht über meine Witze. Sie legt die Hände auf meine Schulter. Sie hat mir sogar schon einen Kuss auf die Wange gegeben: einen weichen, trockenen Kuss, der sich in meine Haut eingebrannt hat. Wenn ihr Tränen in die Augen treten, wischt sie sie nicht weg. Es gibt nicht mehr viele Leute, denen sie noch vertraut, aber mir vertraut sie. Ja, sie vertraut mir vollkommen. Wenn ich mit ihr zusammen bin, darf ich nicht lachen. Das Lachen baut sich in mir auf wie eine Flutwelle.
    Sie ist stark, richtet sich immer wieder auf. Sie ist noch nicht zusammengebrochen. Aber ich bin auch stark. Ich bin stärker als sie, stärker als alle anderen. Und ich bin clever, cleverer als diese Narren, die nach Hinweisen suchen, die nicht da sind. Außerdem bin ich geduldig. Ich kann warten, so lange es nötig ist. Ich beobachte und warte, und innerlich lache ich.

    20. KAPITEL
    u«, sagte ich.
    D »Ich«, antwortete Cameron. Wir starrten uns an.
    »Ich bin heute Lynne. Befehl von oben.«
    »Oh.« Ich war im kurzen Bademantel und mit ungebürsteten Haaren an die Tür gegangen, weil ich mit Lynne oder Bernice gerechnet hatte. Ich wollte nicht, dass er mich so sah. Seine Augen wanderten von meinem Gesicht zu meinen Brüsten hinunter und von dort weiter zu meinen nackten Beinen. Instinktiv legte ich die Hand an den Hals, worauf er mit einem kleinen Lächeln reagierte. »Ich ziehe mich an«, erklärte ich.
    Ich entschied mich für ein schlichtes Outfit: Jeans und TShirt. Dann bürstete ich mir das Haar aus dem Gesicht und band es zusammen. Draußen war es heute etwas kühler.
    Ich hatte fast das Gefühl, einen Hauch von Herbst in der Luft zu spüren. Ich wollte so gern erleben, wie es Herbst wurde: wie die Blätter der Bäume die Farbe wechselten, graue Wolken am Himmel dahinjagten und der Wind den Regen durch die Luft peitschte. Ich wollte die Birnen draußen im Garten ernten und die Brombeeren pflücken, die auf dem nahe gelegenen Friedhof wuchsen. Ich stellte mir das Rascheln des trockenen Laubes vor, wenn ich mit meinen Stiefeln durch das kleine Wäldchen in der Nähe meines Elternhauses

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