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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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gekommen. Von meinem Platz aus konnte ich Cameron hinter dem Steuer seines Wagens sitzen sehen. Ich räusperte mich. »Ich habe euch etwas zu sagen«, erklärte ich.

    »Ja?«
    Mum sah mich halb erwartungsvoll, halb ängstlich an.
    »Ich … es gibt da einen Mann, der …« Ich hielt inne.
    Auf dem Gesicht meiner Mutter breitete sich ein Strahlen aus. Offenbar hatte sie aus meinen wenigen Worten geschlossen, dass ich nun endlich den Mann fürs Leben gefunden hatte. Sie war von Anfang an der Meinung gewesen, dass aus Max und mir langfristig nichts werden konnte. Ich brachte es nicht fertig, den Satz zu Ende zu sprechen. »Ach, eigentlich ist es gar nicht der Rede wert.«
    »Nein, sprich weiter. Wir wollen es hören, nicht wahr, Tony?«
    »Später«, sagte ich und stand abrupt auf. »Erst muss Dad mir zeigen, was sich im Garten so tut.«
    Stolz führte er mich zu dem Baum mit den schönen, bereits reif werdenden Pflaumen, und präsentierte mir dann die Stangenbohnen, den Kopfsalat und die Kartoffeln, die er anbaute. In seinem Gewächshaus wuchsen sogar Tomaten, und er bestand darauf, mir ein Plastiktablett voller Cocktailtomaten mitzugeben.
    »Deine Mutter hat ein paar Gläser Erdbeermarmelade für dich hergerichtet«, erklärte er.
    Ich nahm ihn am Arm. »Dad«, sagte ich. »Dad, ich weiß, dass wir unsere Meinungsverschiedenheiten hatten« –
    Streitpunkte hatte es viele gegeben: Hausaufgaben, Zigaretten, Alkohol, Make-up, nächtliche Streifzüge durch die Diskotheken, Politik, Drogen, Jungs, meine Unfähigkeit, eine dauerhafte Beziehung einzugehen, meine Weigerung, mir einen ernsthaften Beruf zu suchen und, und, und –, »aber du bist trotzdem immer ein sehr guter Vater gewesen. Das wollte ich dir einfach mal sagen.«
    Er räusperte sich verlegen und tätschelte mir die Schulter.
    »Deine Mutter fragt sich bestimmt schon, wo wir so lange bleiben.«
    Wir verabschiedeten uns in der Diele. Ich konnte die beiden nicht richtig umarmen, weil ich die Tomaten und die Marmelade hielt. Als ich meine Wange gegen die von Mum presste, atmete ich den vertrauten Duft nach Vanille, Puder, Seife und Mottenpulver ein. Den Duft meiner Kindheit.
    »Auf Wiedersehen«, sagte ich. Sie winkten mir lächelnd nach.
    »Auf Wiedersehen!«
    Einen Moment lang musste ich daran denken, dass ich sie vielleicht nie mehr sehen würde, aber dann schob ich den Gedanken sofort beiseite. Ich hätte es sonst nicht fertig gebracht, ins Auto einzusteigen und meine lächelnde Fassade aufrechtzuerhalten.

    Während der ganzen Heimfahrt tat ich, als würde ich schlafen. Dann, nachdem Cameron seine übliche Runde durch meine Wohnung gedreht und sich davon überzeugt hatte, dass alles in Ordnung war, bat ich ihn, draußen im Wagen zu bleiben. Ich wollte eine Weile allein sein. Er begann zu protestieren, aber dann piepte plötzlich das Funkgerät, das am Gürtel seiner Hose hing, und ich schlug ihm die Tür vor der Nase zu.
    Erschöpft setzte ich mich auf die Kante meines Betts und stützte die Hände auf die Knie. Einen Moment lang schloss ich die Augen, dann öffnete ich sie wieder. Ich lauschte dem Geräusch meines eigenen Atems und wartete
    – nicht darauf, dass etwas passieren würde, sondern darauf, dass dieses Gefühl weggehen würde.

    Als das Telefon zu läuten begann, kam es mir fast vor, als würde es im Innern meines Kopfes läuten. Ich griff nach dem Hörer.
    »Nadia.« Es war Morris. Seine Stimme klang heiser und drängend.
    »Ja?«
    »Sag jetzt nichts, Nadia, hör mir einfach zu! Ich habe etwas herausgefunden, das ich dir am Telefon nicht sagen kann. Wir müssen uns treffen!«
    Ich spürte, wie das ungute Gefühl in meinem Magen sich in Angst verwandelte. »Nun sag schon, was hast du herausgefunden?«
    »Komm zu mir in die Wohnung, sobald du kannst! Ich muss dir etwas zeigen! Ist jemand bei dir?«
    »Nein. Er ist draußen.«
    »Wer ist es?«
    »Stadler.«
    Ich hörte, wie Morris nach Luft rang. Nach einer kurzen Pause sprach er sehr ruhig und langsam weiter: »Du musst versuchen, ihm zu entwischen, Nadia. Ich warte auf dich.«
    Ich stellte das Telefon zur Seite und stand auf. Dann war es also doch Cameron. Ich spürte, wie meine Angst verebbte. Ich fühlte mich plötzlich stark und voller Schwung. Endlich war es so weit. Das Warten war vorüber und mit ihm die Trauer und die Angst. Ich war bereit, und es war Zeit zu gehen.

    21. KAPITEL
    ls ich durch meine Wohnungstür trat, hatte ich einen völlig k
    A
    laren Kopf. Ich wusste, was ich tun

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