Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
Vom Netzwerk:
begleitet von Aldham und einem anderen Mann, der eine große Ledertasche trug und kaum, dass er die Wohnung betreten hatte, dünne Handschuhe überstreifte. Nachdem sie sich die Bescherung angesehen hatten, zogen sie sich zu einer kurzen Beratung in eine Ecke zurück. Anschließend ging Carthy mit mir ins Wohnzimmer und stellte mir ein paar Fragen. Ich hatte Mühe, ihm zu folgen. Er sagte irgendetwas über Polizeischutz. Aldham und der andere Mann waren noch in der Küche. Guy fragte, ob Shale und er gehen könnten, aber Carthy sagte nein, sie sollten bitte draußen auf der Treppe warten.
    »Er war wieder da! Der Gedanke ist mir unerträglich!«, stieß ich hervor.
    Aldham kam aus der Küche und musterte mich besorgt.
    »Was werden Sie jetzt unternehmen?«, fragte ich.
    Aldham trat zu Carthy und flüsterte ihm etwas ins Ohr.
    Er wirkte etwas mitgenommen. Dann wandte er sich an mich.
    »Zoë«, sagte er mit leiser, ruhiger Stimme. »Da war kein Brief, oder?«
    »Ich weiß es nicht. Ich habe keinen gesehen, aber ich habe auch nicht so genau geschaut.«
    »Wir haben uns umgesehen. Wir haben keinen gefunden.«
    »Und?«
    »Wir haben den Kühlschrank überprüft. Er war ausgeschaltet, stattdessen war der Wasserkocher eingesteckt.«
    »Warum hätte der Kerl das tun sollen?«
    »Vielleicht waren Sie es selbst. Aus Versehen. So was kann schon mal passieren.«
    »Aber ich würde bestimmt nicht …« Dann verstummte ich plötzlich. Mir fiel ein, dass Louise für mich Tee gekocht und dabei einen Stecker herausgezogen hatte, um den Wasserkocher anzumachen. Verdammt. Ich spürte, wie ich rot wurde.
    Eine Weile schwiegen wir. Aldham starrte auf den Teppich hinunter, Carthys Blick war auf mich gerichtet.
    Ich erwiderte seinen Blick. »Sie haben gesagt, ich soll vorsichtig sein«, brach ich schließlich das Schweigen.
    »Natürlich«, antwortete Aldham sanft.
    »Für Sie ist es leicht«, sagte ich. »Ich muss die ganze Zeit daran denken, dass mich dieser Kerl umbringen will.«
    »Ich weiß.« Aldham sagte das fast im Flüsterton.
    Zögernd legte er mir eine Hand auf die Schulter. »Ich frage mich, ob wir Sie vielleicht zu sehr beunruhigt haben.
    Es tut mir Leid.«
    Ich schüttelte seine Hand ab. »Sie … Sie …«
    Aber mir fiel kein passendes Schimpfwort ein. Ich drehte mich um und stürmte hinaus, der Tatsache bewusst, dass ich sie alle in meiner Wohnung zurückließ.

    13. KAPITEL
    ls ich zu Louise zurückkam, wartete sie bereits auf m
    A ich. Sie hatte in der Zwischenzeit eine weiße Gesichtsmaske aufgelegt, mit der sie aussah wie eine Leiche. Nur rund um die Augen war je ein rosafarbener Ring ausgespart, was ihrem Gesicht einen überraschten Ausdruck verlieh. Während ich ihr erzählte, was geschehen war, wurde mir plötzlich bewusst, dass ich einfach davon ausging, weiter bei ihr wohnen zu können.
    Einen Moment lang sah ich sie verlegen an, aber Louise machte es mir leicht. »Bleib, solange du willst.«
    »Aber ich schlafe auf dem Sofa.«
    »Wie du möchtest.«
    »Und ich zahle Miete.«
    Sie zog die Augenbrauen hoch und legte dabei die Stirn so in Falten, dass sich in ihrer Maske Risse bildeten.
    »Wenn du dich dann besser fühlst. Nötig ist es aber nicht. Es reicht, wenn du meine Pflanzen gießt. Das vergesse ich nämlich immer.«
    Ich fühlte mich schon viel besser. Die beklemmende Angst vom Vortag ließ langsam nach. Ich musste nie wieder in meiner Wohnung schlafen, mit Guy sprechen oder fremde Männer durch die Räume führen, damit sie in meinen Schubladen herumwühlen oder auf meine Brüste starren konnten. Nie wieder brauchte ich in der Dunkelheit wach zu liegen, während ich ängstlich auf jedes Geräusch lauschte und versuchte, normal zu atmen. Fred und seine Freunde brauchte ich auch nie wieder zu sehen. Ich fühlte mich, als hätte ich eine schmutzige, einengende Haut abgestreift. Ich würde bei Louise bleiben. Wir würden abends vor dem Fernseher essen oder uns gegenseitig die Nägel lackieren. Am Montag würde ich mit Dr. Schilling sprechen. Sie würde wissen, was zu tun war. Sie kannte sich mit solchen Dingen aus.
    Louise behauptete beharrlich, keine Pläne fürs Wochenende zu haben. Obwohl ich den Verdacht hegte, dass sie in Wirklichkeit alle Termine meinetwegen abgesagt hatte, war ich viel zu erleichtert, um auch nur ansatzweise zu protestieren. Wir holten uns mit Käse und Tomaten gefüllte Baguettes und spazierten damit in den nahe gelegenen Park, wo wir uns im trockenen, von der Hitze gelben Gras

Weitere Kostenlose Bücher