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Der Sommermörder

Titel: Der Sommermörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicci French
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sich eine nach der anderen an.
    Das Gefühl in mir wird stärker. Wenn ich so weit bin, werde ich es wissen. Das ist wie mit der Liebe, man weiß es einfach. Es besteht nicht der geringste Zweifel. In mir wächst die Gewissheit, und das macht mich stark und entschlossen. Sie dagegen wird immer schwächer und kleiner. Ich sehe sie an und denke mir: Das ist mein Werk.

    12. KAPITEL
    ch hämmerte gegen die Tür. Warum kam sie denn nicht?
    I Oh, bitte, komm schnell! Ich hatte Probleme mit dem Atmen. Natürlich wusste ich, dass ich atmen musste, jeder Mensch musste atmen, aber wenn ich es versuchte, ging es nicht, jedenfalls nicht richtig, und das, obwohl sich in meiner Brust bereits ein unerträglicher Druck aufbaute.
    Ich keuchte ein paar Mal flach, was sich anhörte, als hätte ich einen verzweifelten Weinkrampf hinter mir. Ein enges Band aus Schmerz hatte sich um meinen Kopf gelegt, und ich konnte nicht mehr klar sehen. Bitte hilf mir, wollte ich sagen, konnte aber weder sprechen noch rufen. In meinem Hals und meiner Lunge saß ein Felsblock, der mich am Luftholen hinderte. Meine Beine trugen mich nicht länger, vor meinen Augen verschwamm alles zu einer grauschwarzen Masse. Ich sank vor der Tür auf die Knie.
    »Zoë? Zoë! Um Himmels willen, Zoë, was ist denn passiert?«
    Louise kniete neben mir, in ein Badetuch gehüllt und mit nassem Haar. Als sie mir den Arm um die Schulter legte, begann das Badetuch zu rutschen, aber das störte sie nicht.
    Louise war einfach ein Schatz. Es machte ihr nichts aus, dass Leute vorbeigingen, die uns befremdet anstarrten und auf die andere Straßenseite wechselten, um uns nicht zu nahe zu kommen. Ich versuchte, etwas zu sagen, brachte aber nur seltsame Stotterlaute heraus.
    Sie nahm mich in den Arm und wiegte mich hin und her.
    Das hatte seit Mums Tod niemand mehr mit mir getan. Ich fühlte mich plötzlich wieder wie ein kleines Mädchen.
    Endlich kümmerte sich jemand um mich. Oh, wie ich das vermisst hatte, wie sehr ich es vermisst hatte, von meiner Mutter in den Arm genommen zu werden! Louise flüsterte mir ins Ohr, dass alles wieder in Ordnung kommen, dass alles gut werden würde, keine Angst, schh, ganz ruhig, ja, so ist es gut! Sie sagte mir, ich solle ruhig ein- und ausatmen. Ein und aus. Langsam hatte ich das Gefühl, wieder Luft zu bekommen, aber reden konnte ich noch immer nicht. Bloß wimmern, wie ein Baby. Ich spürte, wie warme Tränen unter meinen geschlossenen Lidern hervorquollen und über meine heißen Wangen liefen. Ich wollte mich nie wieder bewegen, nie wieder. Meine Arme und Beine fühlten sich schwer an, zu schwer, um sie auch nur einen Zentimeter zu heben. Ich hätte auf der Stelle einschlafen können.
    Louise half mir auf die Beine, während sie mit der anderen Hand das Badetuch festhielt. Sie führte mich die Treppe zu ihrer Wohnung hinauf, ließ mich auf dem Sofa Platz nehmen und setzte sich neben mich.
    »Das war nur eine Panikattacke, Zoë«, sagte sie. »Weiter nichts.«
    Die Panik war weg, aber nicht die Angst. Es war, als hätte sich ein eisiger Schatten über mich gelegt, erklärte ich Louise. Als würde ich vom Rand eines hohen Gebäudes hinunterblicken, ohne den Boden sehen zu können.
    Am liebsten hätte ich mich zusammengerollt und geschlafen, bis alles vorbei war. Ich wollte, dass jemand anderer die Sache in die Hand nahm und dafür sorgte, dass alles wieder gut wurde. Ich würde mir in der Zwischenzeit die Ohren zuhalten und fest die Augen schließen, und wenn ich sie wieder öffnen würde, wäre alles vorüber.
    »Eines Tages«, versuchte mich Louise zu beruhigen,
    »wirst du auf das alles zurückblicken, und es wird nur noch eine Erinnerung sein. Eine schlimme Sache, die du gut überstanden hast. Eine aufregende Geschichte, die du den Leuten erzählen kannst.«
    Ich glaubte ihr nicht. Ich glaubte nicht, dass es je vorübergehen würde. Meine Welt hatte sich völlig verändert.
    Ich blieb bei Louise. Ihre Wohnung lag in Dalston, in der Nähe des Marktes. Es gab keinen anderen Ort, wo ich hinkonnte. Diese liebe, stämmige kleine Frau war meine Freundin, und in ihrer Gegenwart hatte ich weniger Angst.
    Solange Louise bei mir war, würde mir nichts passieren.
    Ich nahm erst einmal ein Bad. Louises Bad war viel schöner als das meine. Ich lag in dem heißen Wasser, während Louise neben mir auf dem Klodeckel saß, eine Tasse Tee trank und mir den Rücken wusch. Sie erzählte mir von ihrer Kindheit in Swansea, ihrer allein erziehenden Mutter und

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