Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sommernachtsball

Der Sommernachtsball

Titel: Der Sommernachtsball Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stella Gibbons
Vom Netzwerk:
wenn er sie nicht all diesen schicken Mädchen vorziehen würde. Sie würde ihn schon noch zu Gesicht bekommen.
    »Hullo – guten Tag! Sie haben Tee und alles? Ja – gut. Fürchterlich heiß, nicht? Ich freue mich riesig, dass Sie kommen konnten.«
    Es war Hetty, die auf sie zugeschlendert kam, bleich in der Hitze und mit Sonnenhut, unter dem eine dicke Haarsträhne unordentlich hervorschaute.
    »Wie geht es Ihnen … doch nicht zu heiß, hoffe ich? Wir sagten gerade, was für ein PERFEKTER Nachmittag dies doch ist – vorausgesetzt, man kann irgendwo still sitzen und braucht sich nicht zu rühren! Eine wundervolle Party, wirklich WUNDERVOLL , so originell, und wie nett von Ihrer Tante, auch das Personal einzuladen. Die feiern wohl auch …?«
    »O ja, auf der anderen Seite des Hauses. Darf ich mich zu Ihnen setzen?« Sie zog sich einen Stuhl heran. Mr Wither, der dies eigentlich hätte erledigen sollen, schnarchte leise vor sich hin.
    »Ja, bitte.«
    »Freut mich, dass Sie sich nicht langweilen«, fuhr Hetty trübe fort.
    »Aber meine Liebe! Natürlich nicht. Wie können Sie so etwas sagen!«, wehrte Mrs Wither mit einem Lachen ab. Was für ein seltsames Mädchen diese Miss Franklin doch war. »Wie könnte man eine solche Party nicht genießen? Auch unsere Hausmädchen haben sich so darauf gefreut – aber Leute aus dieser Schicht haben ja nicht oft Gelegenheit sich zu vergnügen. Obwohl das vielleicht besser so ist, denn Vergnügen bekommt ihnen nicht sonderlich – was man in ›sozialistischen‹ Zeiten wie den unseren aber besser nicht laut sagt.«
    Mrs Wither wäre überrascht gewesen zu sehen, wie sehr sich der Einsiedler und Mrs Caker vergnügten.
    »Ach ja?«, bemerkte Hetty desinteressiert. Sie machte sich eigentlich nicht allzu viele Gedanken darüber, ob die arbeitenden Klassen in England ausreichend Gelegenheit hatten, sich zu amüsieren. »Ich meine, nein?«
    Nun schwieg sie und hing dem Gedanken nach, ob es dem Personal auf Grassmere wohl an Vergnügungen mangelte. Nein, sagte sie sich, sie haben Radio, Einzelzimmer, gute Mahlzeiten und einen schönen Gemeinschaftsraum. Aber es war zu heiß, um zu widersprechen. Sie ließ den Blick unter halb geschlossenen Lidern träumerisch über die Gäste schweifen, die in schmetterlingsbunten Kleidern, mit rosa Gesichtern und offenen, lachenden Mündern über den grünen Rasen zu den Bäumen mit ihren schwer belaubten, schattigen Ästen schlenderten.
    »Wo steckt denn Ihre Tante?«, erkundigte sich Mrs Wither nach einer schläfrigen Pause. »Ich habe sie noch gar nicht gesehen, Ihren Cousin auch noch nicht.«
    »Noch im Salon vermutlich, bei Vic und Phyl. Sie nehmen noch immer Glückwünsche entgegen«, antwortete Hetty. Im selben Augenblick wurde ihr erschrocken klar, was ihr da herausgerutscht war.
    »Glückwünsche?«, rief Mrs Wither aus und richtete sich lebhaft auf. »Wofür denn? Hat sich Ihr Cousin etwa …?«
    »Verlobt, ja«, stammelte Hetty. Aus den Augenwinkeln nahm sie wahr, wie die junge Mrs Wither trotz des rosa Schimmers unter dem Sonnenschirm bleich und immer bleicher wurde. Auch ihre Augen weiteten sich, als würde sie einen Schlaganfall bekommen.
    »Ja, es stand gestern im DAILY TELEGRAPH , aber Sie lesen vielleicht eine andere Zeitung.« (Mr Wither erwachte und murmelte: »Die MORNING POST. «) »Das hier ist eigentlich eine Verlobungsparty.«
    (Ich muss weiterreden, sie dürfen jetzt nicht zu ihr hinschauen … das arme Ding, wegen eines braun gebrannten Hohlkopfs wie Vic derart die Fassung zu verlieren. Die Geschmäcker sind eben verschieden …)
    »O ja«, schwatzte sie weiter und ließ Mrs Wither nicht zu Wort kommen, »er ist schon seit zwei Jahren inoffiziell mit Phyl verlobt, hat ihr aber erst heute den Ring angesteckt (Platin, natürlich, mit, wie könnte es anders sein, drei riesigen Diamanten); sie kennen sich schon seit der Schulzeit …«
    »Eine Jugendliebe, wie romantisch!«, rief Mrs Wither neidisch aus. Warum konnten sich ihre Kinder nicht anständig verloben? Victor Spring hatte natürlich mal wieder alles richtig gemacht. Der würde nie Hals über Kopf eine kleine Verkäuferin heiraten.
    »Ist das die hübsche Brünette, die Sie beim Haubitzen-Ball dabeihatten?«, erkundigte sich Tina gut gelaunt. Sie war unverkennbar zufrieden mit sich und der Welt.
    »Genau die. Wird allgemein bewundert, wie man hört.« (Nein, sie wird nicht in Ohnmacht fallen, sondern in Tränen ausbrechen; ich muss sie hier weglotsen; wie schrecklich

Weitere Kostenlose Bücher