Der Sommersohn: Roman
war.
»Na, Nick, was soll ich denn da deiner Meinung nach machen? Das hier ist mein Sohn.«
»Ich weiß nicht, Jim.«
Dad formte mit den Händen einen Trichter vor seinem Mund. »Möchte hier jemand ein Kind kaufen? Zum Arbeiten taugt es kaum, aber es redet ohne Punkt und Komma. Ich mach euch einen verdammt guten Preis.«
Lachen erscholl aus dem Raum.
Dad zuckte mit den Achseln.
»Keine Interessenten, Nick.«
»Sehr witzig.«
Dad beugte sich über mich. »Willst du immer noch in den Park?«
»Klar.«
»Dann los. Ich trinke ein paar Bier, dann fahren wir nach Hause.«
Die Nacht brach endgültig über Split Rail herein. Die letzten Picknicker löschten die Flamme im Grill, und die kleineren Kinder, die zuvor noch kreuz und quer durch den Park geflitzt waren, hatten sich ausgetobt. Jetzt saßen sie im Gras oder waren schon auf dem Heimweg.
Beim Schein einer Straßenlaterne wechselten sich drei Jungen, die alle etwa in meinem Alter waren, dabei ab, mit einem Basketball auf einen Korb zu zielen.
Ich ging langsam darauf zu. Einer nach dem anderen merkte, dass ich näher kam.
»Hey«, sagte ich.
»Selber hey«, sagte ein magerer Junge, der um einiges größer war als ich. Er hatte sich ausgezogen bis auf die abgeschnittene Jeans und lange Kniestrümpfe unter bloßen Oberschenkeln. Sein weißes Haar, schweißdurchtränkt, hing ihm in die Stirn und den Nacken hinunter. Die anderen musterten mich, sagten aber nichts.
Ich trat auf das Spielfeld und hielt Abstand.
»Darf ich mitspielen?«
»Fang!«, rief der magere Junge und warf den Ball in meine Richtung. Ich fing ihn auf und begann den Ball zu dribbeln. Nachdem ich ein Gefühl für die Größe und die Ballbeschaffenheit bekommen hatte, positionierte ich mich und warf aus etwa 4,5 m Entfernung. Der Ball flutschte durch den Rand und fiel mit einem metallischen Klicken ins Kettennetz.
Der magere Junge holte sich den Ball wieder.
»Also schön, zwei gegen zwei«, sagte er. Er zeigte auf mich. »Ich und dieses Kind hier gegen euch beide.«
Mein Mitspieler – er stellte sich mir als Jeff vor – und ich machten kurzen Prozess mit dem Spiel. Wir spielten Gewinnerball und besiegten die anderen beiden Jungs mit 15:2. Ich hatte in meinemLeben schon viel Basketball gespielt und verstand mich auf Anhieb mit Jeff. Wir stellten einander Blocks, passten hin und her und kämpften um die Rebounds. Es war ein Heidenspaß, zumindest für uns. Die anderen beiden meinten, nachdem sie sich mit ihrer Niederlage abgefunden hatten, sie müssten nach Hause.
»Und was ist mit dir?«, fragte ich Jeff, als die beiden Jungs in entgegengesetzte Richtungen im Park verschwanden.
»Ich kann noch ein paar Körbe werfen.«
Ich gab ihm einen Bodenpass zur Freiwurflinie, und er traf ohne Ringberührung. Er lief nach rechts, und ich gab ihm den Ball. Noch einer ohne Berührung.
»Wo hast du denn so werfen gelernt?«, fragte ich.
»Genau hier.«
Sein nächster Wurf prallte vom Rand ab, ich fing den Ball auf, dann dribbelte ich zurück und warf selbst. Er prallte laut vom Korbbrett ab und fiel in Jeffs Hände.
»Woher kommst du?«, fragte er. »Du bist garantiert nicht von hier.«
»Nee, mein Dad wohnt hier. Ich bin nur zu Besuch.«
»Wer ist dein Dad?«
»Jim Quillen.«
»Den kenne ich. Er und mein Dad sind Freunde.«
»Wer ist dein Dad?«
»Charley Rayburn.«
»Der Polizist?«
»Der Polizeichef.«
»Ich habe ihn heute Abend kennengelernt.«
»Cool. Er lässt mich hier in der Stadt rumhängen, wenn er arbeitet.«
Er reichte mir den Ball, und ich schoss ihn haushoch in Richtung Reifen. Liebliches Kettengeklingel kündete von meiner Treffsicherheit.
Wusch!
Dass Split Rail sich zur Ruhe legte, ließ sich über die ganze Stadt daran erkennen, dass die Lichter in den Fenstern nach und nacherloschen. Im Schutz der Dunkelheit und bei schwachem Mondschein stromerten mein Freund und ich herum, zwei Lausebengel außer Rand und Band, und erkundeten die Schattenseite der Stadt. Zuerst steuerten wir das Livery an. Ich wollte sichergehen, dass Dad wusste, wo ich mich aufhielt – und ebenso wichtig, dass ich wusste, wo er war. Jeff schlug vor, dass wir uns einen Hintereingang von der Gasse her suchen sollten. Dort schlüpften wir durch die offene Hintertür und den Lagerraum zum Eingang in den Schankraum. Ich spähte um die Ecke und entdeckte Dad. Er stand mit zwei Ranchern zusammen, seine Arme lagen auf ihren Schultern.
Ich winkte, aber er bemerkte mich nicht. Mit Rücksicht auf
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