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Der Sommersohn: Roman

Der Sommersohn: Roman

Titel: Der Sommersohn: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Craig Lancaster
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Nick, der mir den Rücken zukehrte, trat ich einen Schritt in die Bar und gestikulierte wie wild. Schließlich tippte einer der Cowboys Dad an und zeigte auf mich. Dad kam langsam herüber, und ich konnte an seinem unsicheren Gang ablesen, dass er in meiner Abwesenheit dem Alkohol tüchtig zugesprochen hatte.
    »Was gibts denn, Sportsfreund?«
    »Ich häng noch mit Jeff ab.«
    »Jeff. Und weiter?«
    Mein Freund trat näher und Dad erkannte ihn offensichtlich.
    »Wo?«, fragte er.
    »In der Stadt.«
    »Okay. Sei brav.«
    »Ja.«
    Dad torkelte zur Bar zurück.
    »Okay, lass uns gehen«, sagte ich zu Jeff. Wir verdrückten uns eilig zurück in die Gasse.
    »Da«, sagte Jeff. Er drückte mir eine warme Dose Budweiser in die Hand.
    »Was zum ...«
    »Hey, die Gelegenheit war günstig.«
    Bevor ich protestieren konnte oder mir klar wurde, ob ich das überhaupt wollte, war Jeff schon weg und lief die Gasse hoch. Ich setzte ihm auf dem knirschenden Schotter nach, so gut ich und meine vom Vater ererbten kurzen Beine es konnten. Jeffs längere,anmutigere Schritte vergrößerten den Abstand zwischen uns immer mehr, bis ich nur noch seine Silhouette sah, halb im Schein der Straßenlaternen, halb im Dunkeln, als er am anderen Ende der Hauptstraße anhielt. Er wartete auf mich.
    Unser Abend entpuppte sich als eine gelungene Mischung aus harmlosen und kleinkriminellen Streichen. Als ich Jeff eingeholt hatte, riss er eine Hintertür in einem Gebäude auf und winkte mich zu sich rein. Ich vergewisserte mich mit einem Blick zurück, dass ich nicht beobachtet wurde, und dann schlüpfte ich hinein. Es wurde dunkel vor meinen Augen, als ich aus dem Halbdunkel in die totale Finsternis trat.
    »Jeff«, flüsterte ich. »
Jeff

    Ich rieb mir die Augen, wagte nicht, mich zu rühren, bis ich meine Umgebung in groben Umrissen erkennen konnte.
    »Baaaaaaah!« Als mir die Hand auf den Rücken schlug und der Schrei in meinen Ohren dröhnte, fuhr ich zusammen, und meine Bierdose flog himmelwärts. Sie machte eine Bruchlandung vor mir, eine Naht platzte, und warmer Schaum spritzte über meine Hose.
    »Scheiße!«
    Hinter mir gluckste Jeff.
    »Du Wichser!«, sagte ich.
    Das stachelte ihn noch mehr an, so sehr, dass ich mitlachen musste, obwohl ich doch unbedingt sauer sein wollte.
    »Das war saukomisch«, sagte er.
    »Was ist das hier?«, fragte ich.
    Meine Augen hatten die unvermeidliche Anpassung gemacht, und ich konnte Jeff und die Umrisse des Raums erkennen. Unmittel bar hinter Jeff erkannte ich so etwas wie eine Treppe. Rechts von mir war ein langer, hoher Tisch, wie eine Theke.
    Der stärkste Sinneseindruck, der ins Spiel kam, war der Geruch. Die Luft hing schwer im Raum, als wäre sie hier lange eingesperrt gewesen, und die saure Kombination von Moder und Schimmel attackierte meine Nase.
    »Es ist das alte Hotel«, sagte Jeff. Er kniete nieder und wühlte durch etwas, was wohl der Empfangstresen sein musste. Mit einer Taschenlampe in der Hand stand er auf. Er knipste sie an und hielt sich die Lampe unter das Kinn. Sein Gesicht nahm einen boshaften Ausdruck an. Er gackerte.
    »Hör auf damit!«, sagte ich. Jeff ließ die Taschenlampe im Raum herumwandern. Der Lichtstrahl schnitt durch das Dunkel und erweckte Gespenster zum Leben, wenn auch nur für einen Moment. Hier hatte sich schon lange niemand mehr aufgehalten, und die wertvollen Sachen waren längst abgeholt worden. Der Teppich war herausgerissen, unschwer zu erkennen an der verrottenden Unterlage. Das Treppengeländer war abgerissen worden. Einige Stühle standen verstreut herum, den meisten fehlten ein, zwei Beine.
    »Seit wann steht das leer?«
    »Schon ewig«, sagte Jeff. »Mein Dad erinnert sich, wie er als kleiner Junge hierherkam, aber ich habs nie gesehen, als es noch geöffnet hatte.«
    Ich deutete auf die Treppe. »Warst du schon mal da oben?«
    »Nein, zum Teufel«, sagte er. »Das Ding ist hin.«
    »Es ist so ... gruselig.«
    »Ja, ich weiß. Ich komm gern hierher, wenn Dad mich in der Stadt abhängen lässt. Darum habe ich die Taschenlampe. Ich knipse sie aber aus, damit uns keiner sieht.«
    Wieder wurde es dunkel um uns.
    »Trinken wir unser Bier«, sagte Jeff.
    »Meins ist futsch.«
    »Ich teile meins mit dir.«
    Jeff zog am Verschluss und ließ ihn durch das offene Loch auf den Grund der Dose fallen. Er nahm einen herzhaften Zug, dann wischte er mit seinem Hemd um die Öffnung der Dose und reichte sie mir.
    Das Bier verteilte sich in meinem Mund. Der Geschmack

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