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Der Sonntagsmonat

Der Sonntagsmonat

Titel: Der Sonntagsmonat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Ich wußte nicht genug. Ich mochte ihn gern. Oder wiederhole ich mich?
    Oh, und Jane selbst in jenen Jahren. So reizend, so geduldig, so still, versonnen, furchtlos und, von ihrer Sonnenallergie abgesehen, so gesund. Wenn sie mir auf einsamem Pfad entgegenkam, war es, als träfe eine einsame weiße Rose per Telegramm ein.
    Bereue ich, daß ich sie geheiratet habe? Nicht mehr als ich bedauern kann, daß ich geboren wurde. Die Frage ist, da ich nun einmal geboren bin, was nun?
    Die Antwort lautet – an diesem Ort –: rasieren und zur Bar gehen. Welch eine Wonne! Der Nachmittag tut sich vor mir auf – weit wie ein von einem geraden Treibschlag geteilter Fairway. Graham Greene hat recht. Dankbarkeit ist es, womit Er uns fängt, wenn wir ein Bein abgebissen haben, um Seinen anderen Schlingen zu entkommen.

8
    In den zwei Jahrzehnten danach hat sich Jane wenig verändert. Zwei Geburten und eine Fehlgeburt und eine am Pfarrhaus-Spülbecken durchstandene Ewigkeit haben ihr hier eine Runzel und da eine Krampfader eingetragen, aber ihr Gang ist unverändert, noch immer schlenkert sie auf ihre seltsame, bedachte und abwesende Art mit den Armen, als polierte sie sich bei jedem Schritt noch etwas blanker.
    Mitten auf dem Golfplatz gestern, fällt mir dabei ein, bei einem Schlag mit dem leichten Eisen 6 (ich traf den Ball mit voller Wucht und er fand in einen Bunker; der Sand draußen ist hier wie wieder eingeschmolzenes Glas), ließ mein rastloses Unterbewußtsein mein Selbstbildnis aufblitzen, wie ich so geflissentlich die nackte Jane auf ihrem Bett examinierte, und ich erkannte in meiner Pose die Haltung einer Hausfrau, die sich über ein längliches Porzellanbecken beugt, auf dem nur ein einsamer Brillo-Küchenschwamm zu sehen ist, noch unbefeuchtet, erwartungsvoll, schmirgelscharf, Symbol der Welten verschleißender Arbeit, die vor ihr liegen.
    Das wird heute einer dieser plumpfingrigen Tage. Eine kleine ausgefranste Stelle im Farbband wandert wie ein Wachposten hin und her. In der Nacht gab es einen prasselnden Regenguß, so heftig und so plötzlich, daß ich glaubte, der Air-Conditioner sei kaputtgegangen. Als Erbe hinterließ der Regen bauschige Wolken, deren gelegentlicher Schatten – wie der Schatten eines auf und ab marschierenden Postens (ich werde von allen Seiten bewacht) – die Luft in diesem Zimmer unheilvoll aktiviert.
    Obwohl nach zwei Jahrzehnten Janes Tonfall und der meine ein wechselseitiges Echo geworden sind, obwohl das Grübchen in ihrer Wange ein Brudergrübchen in die Mitte meines Kinns gedrückt hat und die ursprüngliche Rostfarbe meines und das Kastanienbraun ihres Haares ausgedünnt und verblaßt sind zu einem austauschbaren, na, sagen wir, Braun, dem Sie nach Ihrem Geschmack Grau hinzufügen können (sie ist nicht oben kahl wie ich, aber ihre Stirn ist höher geworden, und wenn sie, was sie unbegreiflicherweise sehr gern tut, ihr Haar vorm Spiegel hochschiebt und glatt zurückstreicht, sieht sie, wie sie sagt, «gehäutet» aus) – trotz alledem erscheint Jane, in einem anderen Licht – dem Licht, zum Beispiel, vom Kamin, wenn sie einen Martini mit dem Finger umrührt und in die Glut starrt, oder dem der 60-Watt-Lampe im Schlafzimmer, wenn sie, mit dem Kopf zuerst, in ihr Nachthemd fährt – totaliter aliter, als eine andere, als eine Frau und als solche marktfähig. Zu den durch Druck von außen entstandenen Unwahrscheinlichkeiten meiner Affäre mit Alicia zählt, daß ich aufrichtig hoffte, Jane mit Ned Bork verkuppeln zu können und so für alle, mit Ausnahme der Pharisäer, ein glückliches Ende herbeizuführen.
    Denn zum ersten war er keineswegs so jung. Er war irgendwie kaufmännisch tätig gewesen – er hatte entweder Grundstücke verschachert oder ausgefallene Keramik hergestellt, oder er hatte teilweise ein Skisport-Hotel in irgendeinem Yankee-Staat gemanagt oder vielleicht auch nur einen Keramikladen in einer Skihütte, die zum Verkauf stand, betrieben – bevor er den «Ruf» erhielt und mit weiser Duldung seitens seiner Familie das Predigerseminar besuchte. Er war mindestens dreißig.
    Zum anderen erinnerte er mich an jene Dreißigjährigen, die Jane umworben hatten, ehe ich sie gewann. Ned hatte den Bart des Pazifisten, die unscheinbare Statur und das sexuell Unbestimmbare des Jesuiten, und er rauchte Pfeife und hatte die affektierte schleppende Redeweise des Dozenten. Ich hatte immer das Gefühl, daß ich Jane, als ich sie damals aus ihrem Seminaristenkreis harmloser

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