Der Spezialist: Thriller
wartest mit dem Jungen im Wohnzimmer.«
Geiger erhob sich und ging mit unsicheren Schritten zur Tür des Gästezimmers.
Mit der Waffe winkte Hall ihn hinein und zeigte dann auf die Tasche. »Aufmachen.«
Geiger zog die Tasche zu sich und nahm einen Umschlag heraus. Er drehte ihn um, und die Minidisks fielen auf die Tagesdecke.
Für einen Moment verschlug es Hall den Atem. Dann holte er tief Luft. »Haben Sie sich die Disks angesehen?«
»Eine. Ein paar Minuten lang. Wissen Sie, was darauf ist?«
»Nein.«
»Verhöre in einer Black Site. Jemand hat die Sitzungen mit versteckter Kamera aufgenommen. Und ich bin darauf zu sehen.«
Hall nahm die Minidisks und legte sie wieder in die Tasche. »Verraten Sie mir eins, Geiger. Wie sind Sie so gut in Ihrem Job geworden?«
Geiger blickte ihn direkt an. Seine linke Schläfe blutete, und an seinen Augen sah Hall, dass er Mühe hatte, klar und deutlich zu sehen. »Man könnte sagen, es ist mir angeboren«, erwiderte Geiger. »Es liegt mir im Blut.«
Ein paar Sekunden lang wendete Hall die Worte im Kopf hin und her und überlegte, wie viel Zeit er selbst im Laufe der Jahre in der einen oder anderen Höhle des Löwen verbracht hatte.Geiger hatte recht: Es lag einem im Blut. Es war ein Virus – das gegen alles immune menschliche Virus.
Hall zog den Reißverschluss der Tasche zu. »Okay, das war’s dann«, sagte er.
»Lassen Sie den Jungen gehen.« Geigers Stimme war noch immer ein Flüstern.
Hall zeigte mit der Waffe auf die Tür. »Ins Wohnzimmer.«
»Lassen Sie ihn gehen, Hall. Seine Mutter ist bald hier. Machen Sie …«
»Bewegung!«
Geiger trat hinaus auf den Flur und ging langsam zum Wohnzimmer, gefolgt von Hall. Die Waffe auf dem Schoß, saß Mitch mit Ezra auf der Couch.
Hall hob die Tasche. »Ich hab alles.«
»Halleluja!« Mitch grinste und stand auf. »Gehen wir.«
Hall gab keine Antwort, und er bewegte sich auch nicht. Seine Waffe blieb auf Geiger gerichtet, doch er blickte Mitch in die Augen.
»Was ist?«, fragte Mitch. »Sind wir noch nicht fertig?«
Hall schüttelte den Kopf.
»Kommt das von ganz oben?«, fragte Mitch.
Hall gab keine Antwort, sondern wandte sich der offenen Tür zu und lauschte. Plötzlich hob er die Pistole und drückte Geiger neben dem Türrahmen gegen die Wand. Als er den Kopf zurücknahm und einen Blick durch die Tür warf, sah er, wie Harry in die Schürze aus Licht vor dem Hauseingang trat.
***
Harry erreichte wieder den gepflasterten Weg und stieg die Stufen hinauf, das Gesicht finster und verschwitzt. Schuldgefühle plagten ihn. Schon vor Jahren hatte Lily ihn in fast jeder Hinsicht verlassen, doch jetzt spürte er, dass sie vollends fort war – und dass er die Schuld daran trug.
Er hatte gerade einen Schritt zur Vordertür hinein gemacht, als Hall ihm die Mündung seiner Pistole an den Hinterkopf drückte.
»Gehen Sie vor mir her, Harry«, sagte Hall. »Machen Sie kleine Schritte, und gehen Sie bis ans Sofa.« Hall lenkte ihn ins Wohnzimmer. »Hinsetzen.«
Noch im Stehen drehte Harry sich langsam um. Er hielt inne, als die Pistolenmündung auf seiner Nase ruhte. Er bedachte Hall mit einem Grinsen und setzte sich. Hall zog Harry die Pistole aus der Jacke, trat ein paar Schritte zurück und richtete seine eigene Waffe auf Harrys Stirn.
»Na, na«, krächzte Harry, heiser vom Rufen. Er warf einen Blick auf Mitch, der Geiger in Schach hielt. »Da wären Moe und Larry, aber wo ist Curly?«
»Tot«, erwiderte Mitch.
»Tatsächlich? So ein Mist. Curly fand ich immer am besten.«
Harry schaute kurz zu Geiger, der mit dem Rücken zur Wand neben der Haustür stand. Von ihm war keine Hilfe zu erwarten. Seine Augen waren glasig, und frisches Blut glänzte an seinem Kopf. Harry suchte Ezras Blick, aber der Junge saß neben Mitch auf dem Sofa und hielt den Kopf gesenkt. Er schien geweint zu haben.
Harry wusste nicht, wie viel Zeit er herausschinden konnte, aber ihm war klar, dass er nicht mit dem Reden aufhören durfte. Er wandte sich wieder Mitch zu.
»Dann erklär mir mal was, Bubba. Wie lange hast du vor dem Diner gesessen und dir an den Eiern rumgefummelt, ehe du begriffen hast, dass ich dich zum Narren gehalten habe?«
Mitch zuckte mit keiner Wimper. Er starrte Harry reglos an, ganz auf seine Aufgabe konzentriert.
»Halten Sie den Mund, Harry«, sagte Hall.
Harry stach mit dem Finger nach den Fenster. »Soll ich Ihnen mal was sagen, Hall? Meine Schwester ist da draußen und hat sich verirrt, oder ihr ist
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