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Der Spezialist: Thriller

Der Spezialist: Thriller

Titel: Der Spezialist: Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Allen Smith
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Schneide schartig wurde. Der Zug stampfte näher. In seinem Zyklopenauge loderte das Feuer der Hölle.
    »Wo ist der Junge?«, fragte Dalton.
    ***
     
    »Bist du so weit, Sohn?«, fragte die Stimme in Geigers Kopf.
    »Ich bin so weit, Sir«, antwortete Geiger.
    ***
     
    Mit einem spöttischen Lächeln wandte Dalton sich ihm zu.
    »Lassen wir doch die Förmlichkeiten«, sagte er. Nachdem er die Schneide noch einmal begutachtet hatte, setzte das Messer auf Geigers linkem vierköpfigen Schenkelstrecker an, zehn Zentimeter über dem Kniegelenk. »Wir arbeiten uns nach oben vor. Ich glaube, Ihr Vater hat es genauso gemacht. Wenn ich Ihren Schritt erreiche – falls wir so weit kommen, schneide ich Ihnen die Testikel ab.«
    Dalton drückte mit gleichmäßiger Kraft auf die Klinge. Mit ihrer ganzen Länge schob sie sich ins Fleisch.
    ***
     
    Der Junge lag mit dem Gesicht nach unten da, nackt, auf einer Bank im großen Zimmer. Leise spielte die Musik. »I see my light come shining …«
    Sein Vater überragte ihn. In der Hand hielt er das Rasiermesser mit dem Perlmuttgriff.
    »Was wissen wir, Sohn?«, fragte er.
    »Das Leben weckt in uns schmerzliches Verlangen nach den Dingen, von denen wir glauben, wir brauchten sie, und der Schmerz macht uns schwach.«
    »Was also müssen wir tun?«
    »Uns den Schmerz zu eigen machen, jeden Tag ein bisschen, und stark werden.«
    ***
     
    Die Augen hinter den Brillengläsern zusammengekniffen, betrachtete Dalton sein Werk. Das schartige Rasiermesser hinterließ einen tiefen, zehn Zentimeter langen Schnitt mit ausgerissenen Rändern, aus denen das Blut in unterschiedlichen Richtungen über Geigers Bein lief.
    »Sagen Sie mir, wo der Junge ist, Geiger.«
    ***
     
    Geigers Vater setzte die Klinge auf seinem Oberschenkel an.
    »Jetzt ruhig, Junge.«
    Jahre waren vergangen, seit Geiger zum letzten Mal während des Rituals zusammengezuckt war oder einen Laut von sich gegeben hatte, aber sein Vater warnte ihn dennoch grundsätzlich vor.
    »Sag es mit mir, Sohn«, forderte er Geiger auf, und gemeinsam sangen sie leise.
    »Dein Blut, mein Blut, unser Blut   …«
    ***
     
    »Dein Blut, mein Blut, unser Blut …«, murmelte Geiger.
    Dalton, der gerade den dritten Schnitt vornehmen wollte, hatte innegehalten, um sich die Handschuhe sauber zu wischen, als er die undeutlich gesprochenen Worte hörte.
    »Was haben Sie gesagt?«
    Mit der flachen Hand schlug er Geiger ins Gesicht und verschmierte dessen Wangen mit dessen eigenem Blut.
    »Geiger, Sie haben etwas gesagt. Was war das?«
    ***
     
    Geigers Vater zog die geschliffene Schneide über das Fleisch und öffnete eine schmale, feuchte rote Furche. Der Junge blieb reglos wie ein Fels. Er betrachtete die Musik in seinem Kopf.
    »Hat es wehgetan, Sohn?«
    »Es hat nicht wehgetan, Vater.«
    »Ist das wahr?«
    »Ja.«
    »Gut. In einer Welt der Lügner bringt Schmerz immer die Wahrheit ans Licht. Wenn ich nicht mehr bin, soll dir das gute Dienste leisten.«
    ***
     
    Dalton stützte sich mit den Händen auf Geigers Knie.
    »Sagen Sie mir, wo der Junge ist.«
    Geigers Lider flatterten. Dalton schaute ihn an; es war, als blickte man in die Fenster eines leer stehenden Hauses.
    »Es hat nicht wehgetan, Vater«, sagte Geiger.
    Dalton sah zum Beobachtungsraum. »Hall! Ich bin mir nicht sicher, was wir hier haben!«
    Die Tür des Beobachtungsraums öffnete sich.
    »Was soll das heißen, verdammt noch mal?«, fragte Hall.
    »Das Licht brennt, aber es ist keiner zu Hause. Sehen Sie selbst.«
    Hall trat zu Geiger. Immer stärker wurde er sich einer bleiernen Müdigkeit gewahr – keiner existenziellen Last oder Gewissenskrise, sondern eines spürbaren Gewichts wie Eisenkugel und Kette am Fußgelenk. Er war seit fast zwanzig Jahren in dem Geschäft, und nichts wurde einfacher, sondern komplizierter und undurchsichtiger. Niemand wusste wirklich mehr etwas.
    Hall blieb neben dem Rasiersessel stehen.
    »Ich werde Ihnen nichts vormachen«, sagte Dalton. »Ich weiß wirklich nicht, wo er ist.«
    »Wo er ist?«
    »Ich habe so etwas noch nie erlebt. Ich bin mir nicht einmal sicher, ob er etwas davon spürt.« Dalton rückte seine Brille zurecht. »Oder besser, er fühlt zwar den Schmerz, aber …«
    »Aber was?«
    »Aber es tut ihm nicht weh.«
    »Schneiden Sie ihn noch mal. Lassen Sie mich sehen, was passiert.«
    Dalton nahm einen weiteren Schnitt vor. Geigers Pupillen und Nasenlöcher weiteten sich; er ballte die Fäuste, und die Muskeln in seinen Unterarmen

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