Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
Vom Netzwerk:
fünf
Minuten oder bereits eine Stunde auf der Veranda gesessen hatte, als sie einen
Wagen langsam die Auffahrt hochfahren hörte.
    »Oh, das ist sicher Max.«
    Jetzt konnte sie endlich ein
zweites Stück Früchtekuchen essen. Sarah stellte fest, daß sie inzwischen
wirklich hungrig war. Max hatte bestimmt auch Hunger, aber was war bloß mit
seinem Auto passiert? Die edle Maschine, die von den Automechanikern seines
Schwagers so liebevoll gewartet worden war, hatte bei der Abfahrt noch
geschnurrt wie ein Kätzchen. Oder zumindest wie ein kleiner Tiger. Was
bedeutete also plötzlich dieses Tuckern und Rasseln? Daß es nicht der Wagen von
Max, sondern der alte Kleinbus von Cousin Lionel war, beladen mit seinen
Söhnen, in teuren Privatschulen erzogenen jugendlichen Rabauken, die aus den
Fenstern hingen und mit den Fäusten auf die Seiten des Fahrzeugs trommelten.
    »Wo ist Mutter?« lautete
Lionels freundliche Begrüßung.
    »Sie schaut nach Miffy
Tergoyne«, fuhr Sarah ihn an. »Dort ist letzte Nacht eingebrochen worden. Hast
du davon in den Nachrichten noch nichts gehört?«
    »Ich höre niemals Nachrichten«,
erwiderte Lionel frostig. »Warum kann sich Alice B. nicht um Miffy kümmern?«
    »Weil der Einbrecher sie
umgebracht hat.«
    »Super!« riefen seine vier
Söhne wie aus einem Mund. »Wir wollen die Leiche sehen!«
    »Jetzt siehst du, was du
angerichtet hast, Sarah. Du weißt doch genau, was ich davon halte, unschuldige
junge Menschen mit sinnloser Gewalt zu konfrontieren.«
    Da die unschuldigen Kinder
immer noch im Chor »Wir wollen die Leiche sehen« brüllten, war es etwas
schwierig für ihn, sich Gehör zu verschaffen.
    »Wann kommt Mutter wieder
zurück?«
    »Haltet endlich die Klappe, ihr
kleinen Ungeheuer«, schrie Sarah. »Lionel, ich habe keine Ahnung, wann oder ob
deine Mutter zurückkommt. Sie ist gerade erst weggefahren. Wenn du sie
unbedingt sehen willst, warum fährst du nicht selbst zu Miffy? Ich nehme an,
die Polizei hat die Leiche inzwischen abholen lassen, aber vielleicht sind noch
ein paar Blutflecken übrig«, fügte sie hilfsbereit hinzu.
    Lionel stieg aus seinem
Lieferwagen und schlug die Tür zu, vielleicht in der irrigen Hoffnung, damit
den Krach etwas zu dämpfen. »Vielen Dank, Sarah. Ich hoffe, ich kann dir auch
irgendwann einen Gefallen tun. Ich wollte, daß Mutter auf die Jungen aufpaßt,
während ich versuche, Surfboards für uns aufzutreiben. Da sie weg ist, mußt du
eben nach ihnen sehen.«
    »Kommt überhaupt nicht in
Frage. Lionel, wenn du denkst, daß ich den Babysitter für dieses Rudel Hyänen
spiele, hast du dich geschnitten. Ich habe euch nur erlaubt, bei mir auf dem
Grundstück zu campen, weil Tante Appie mich auf der Beerdigung deines Vaters
dazu überredet hat und ich es nicht übers Herz gebracht habe, es ihr
abzuschlagen. Bitte vergiß aber nicht, daß ich euch nicht hier haben will und
keine Lust habe, euch zu ertragen, wenn ihr mir auf die Nerven geht. Jetzt
bewege bitte deinen Schrotthaufen hier weg und fahr ihn runter zum Bootshaus,
denn ich lasse nicht zu, daß du mir die Auffahrt blockierst. Ihr könnt da unten
euer Camp aufschlagen.«
    »Herzlichen Dank, aber wir
suchen uns unseren Platz zum Campen lieber selbst.«
    »Tut mir schrecklich leid, aber
entweder kampiert ihr am Bootshaus oder nirgends. Das ist die einzige Stelle, wo
ihr frisches Wasser bekommen könnt, ohne mir lästig zu fallen. Dort könnt ihr
auch die Toilette benutzen, und draußen gibt es eine Dusche. Ihr müßt das
Wasser mit der Hand hochpumpen, und sei bloß verdammt vorsichtig mit der Pumpe,
denn sie ist völlig veraltet, und Alexander ist nicht mehr da, um sie zu
reparieren. Wenn einer deiner Bengel -«
    »Sarah, ich möchte doch sehr
bitten!«
    »Ja, Lionel möchte doch sehr
bitten!« schallte der Kleinbus-Chor.
    »Ihr könnt alle soviel bitten,
wie ihr wollt. Entweder ihr macht es genauso und nicht anders, oder ihr müßt
euch einen anderen Campingplatz suchen. Was ich noch sagen wollte, wenn einer
deiner Bengel wieder irgend etwas ins Klo stopft wie beim letzten Mal, als wir
den Fehler gemacht haben, euch in unsere Nähe zu lassen, zahlst du
höchstpersönlich den Klempner. Unter keinen Umständen kommt mir einer von euch
ins Haus.«
    »Sarah, das ist wirklich eine
Frechheit«, stieß Lionel hervor.
    »Nein, das ist es nicht. Ich
weiß noch nicht einmal, ob dieses Grundstück mir gehört oder der
High-Street-Bank. Ich kann nicht zulassen, daß hier irgend etwas beschädigt
wird, wenn

Weitere Kostenlose Bücher