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Der Spiegel aus Bilbao

Der Spiegel aus Bilbao

Titel: Der Spiegel aus Bilbao Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlotte MacLeod
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wissen Sie. Wir
müssen sicher sein, daß wir alle Basen berührt haben, wie man so schön sagt,
für den Fall, daß später jemand Fragen stellt.«
    »Selbstverständlich. Es wäre ja
schließlich auch nicht Cricket, wenn man nicht alle Basen berühren würde, nicht
wahr?«
    Wilson wußte nicht genau, ob
Appie Kelling dies als Witz gemeint hatte oder nicht, und schenkte ihr daher
ein unsicheres Lächeln. »Sie sagten gerade, Sie hätten die erste Nacht, in der
auch Miss Beaxitt ermordet wurde, im Haus Ihrer Nichte verbracht. Sie haben
doch hoffentlich gut geschlafen?«
    »Das Bett war wirklich äußerst
bequem«, erwiderte Appie damenhaft.
    »Ich verstehe, aber haben Sie
auch gut geschlafen?«
    »So gut, wie man eben in einem
fremden Haus schläft. Nicht, daß Ireson’s Landing ein fremdes Haus wäre, ich
bin ja schon so oft dort gewesen — aber es ist eine ganze Zeit her, wissen Sie,
weil Samuel doch so — und wenn man daran gewöhnt ist, sich um einen kranken
Menschen zu kümmern, dann genügt schon das kleinste Geräusch — und man ist auf
den Beinen, wissen Sie.«
    »Sie hatten also eine ruhelose
Nacht.«
    »Nicht ruhelos. Ich habe
wunderbar geruht, das kann ich Ihnen versichern. Nur daß ich es mir noch nicht
abgewöhnt habe — und wenn man einmal wach ist — natürlich nicht jedesmal, aber -«
    »Sie sind also aufgestanden.
Wie oft, können Sie sich noch daran erinnern?«
    »Ich glaube, insgesamt
dreimal.«
    »Und was haben Sie getan?«
    »Mein guter Mann, was macht man
wohl, wenn man mitten in der Nacht aufsteht? Zumindest wenn man so alt ist wie
ich? Ich habe selbstverständlich das stille Örtchen aufgesucht.«
    »Haben Sie bei diesen — äh —
Gelegenheiten Ihre Nichte getroffen?«
    »Nein, aber ich habe bei ihr
hereingeschaut, um sicherzugehen, daß ich sie nicht gestört hatte.«
    »Alle drei Male?«
    »Sarah, Liebes, ich wollte
damit nicht deine Intimsphäre verletzen. Es war bloß, weil ich doch so daran
gewöhnt war, nach dem lieben, alten Sam zu schauen. Und es war tröstlich,
jemanden zu sehen, wenn ich nachsah. Seit seinem Tod habe ich so oft — aus
alter Gewohnheit — und dann fand ich nur immer das leere Bett. Man kann einfach
nicht — und du sahst so reizend aus, Liebes, zusammengerollt wie eine kleine
Feldmaus in ihrem Nest aus Distelwolle. Sie kennen doch diese Nester aus
Distelwolle, nicht wahr? Es ist immer schön, sich die Tierchen vorzustellen. So
behaglich.«
    Polizeichef Wilson schien sich
mit den Schlafgewohnheiten von Feldmäusen nicht auszukennen. »Sie wollen damit
also sagen, daß Sie bezeugen können, daß Ihre Nichte die ganze Nacht in ihrem
eigenen Bett geschlafen hat?«
    »Ich glaube, das kann ich mit
ziemlicher Sicherheit sagen«, erwiderte Appie. »Sie hat sich kaum bewegt. Ich
bin sicher, daß ich die Federn nicht mehr als sechs- oder siebenmal quietschen
gehört habe. Völlig erschöpft, das arme Lämmchen. Obwohl wir doch einen
schönen, ruhigen Abend zusammen verbracht hatten und ich einen leckeren
Thunfischauflauf zubereitet hatte, damit sie nicht zu — es war doch ein netter
Abend, nicht wahr, Bradley?«
    »Ich für meinen Teil habe ihn
sehr genossen«, versicherte Bradley.
    »Sie waren mit den beiden Damen
zusammen, Mr. Rovedock?«
    »Ja, bis etwa halb zehn. Appie
— das heißt Mrs. Samuel Kelling — war noch hiergeblieben, nachdem Sarah und Mr.
Bittersohn schon gefahren waren. Als sich die Party auflöste, bot ich Mrs.
Kelling an, sie heimzufahren, und sie lud mich freundlicherweise zum Abendessen
ein.«
    »Wo war Mr. Bittersohn, als Sie
dort ankamen, wissen Sie das noch?«
    »Natürlich. Er saß mit Sarah am
Kamin im Wohnzimmer. Wir tranken alle ein Gläschen zusammen, dann sagte er, er
müsse weg, und ging.«
    »Wohin?«
    »Chief Wilson, ich habe den
Mann an diesem Abend zum ersten Mal in meinem Leben gesehen«, wies Bradley den
Fragesteller zurecht. »Ich fühlte mich demnach kaum berechtigt, ihn nach seinen
Plänen zu fragen.«
    »Apropos Pläne. Wußten Sie, daß
er und Mrs. Kelling ernsthaft daran dachten zu heiraten?«
    »Zum damaligen Zeitpunkt nicht.
Er wurde mir lediglich als ihr Mieter vorgestellt.«
    »Tatsächlich?« Wilson kramte
sein Notizbuch hervor und öffnete es wieder.
    »Den Aussagen von sowohl Mrs.
Larrington als auch Mrs. Beaxitt zufolge handelte das Gespräch, das kurz vor
Miss Beaxitts Tod zwischen ihr und Mr. Bittersohn auf der Party stattfand, von
seiner Liebesaffäre mit einer jungen Dame namens Barbara. Wissen Sie

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