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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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Silberplatte. Fußabdrücke und Spuren von Schlittenkufen zeigten, wo Eisfischer und Reisende vor kurzem noch ihre Wege gesucht hatten. Elin lehnte sich erschöpft an die Kutschenwand. In den vergangenen zwei Tagen hatte sie sich mehr als einmal nach Emilias Stro h lager zurückgesehnt, denn obwohl der Hofstaat in den Häusern auf der Strecke fürstlich bewirtet worden war, blieben für die Nacht nur enge Bettstätten, in denen sich die Mädchen und Frauen wie die Heringe in den Holzfä s sern der Fischverkäufer zusammendrängten. Das Mieder hatte Elins Achselhöhlen wund gescheuert, zu trinken gab es nur Bier – und zwar nicht das Dünnbier, an das sie gewöhnt war, sondern ein dunkles, dickflüssiges G e tränk, das ihren Kopf schwer werden ließ und ihren Durst noch verschlimmerte. Längst war der französische Gast in den Schlitten der Königin umgestiegen und die Mä d chen und Damen tratschten nun am liebsten über die Verschwendungssucht des Magnus de la Gardie, der se i ner jungen Frau in Paris ein mit Perlen und Brillanten besticktes Kleid aus weißem Taft gekauft hatte. Für W ä sche und Leinen, eine Karosse und ein Gemälde hatte er tausende von Riksdalern au s gegeben. Elin versuchte sich diese Summe vorzustellen, aber es wollte ihr nicht geli n gen. Das Geschnatter der Mädchen ermüdete sie wie ein eintöniges Wiegenlied.
    Am dritten Vormittag stieß Tilda Elin an der Schulter an. »Schau mal, wir sind gleich da«, sagte sie und deutete aus dem vereisten Schlittenfenster. »Da ist schon der Brunkeberg.«
     
    Der Brunkeberg erwies sich als großer Hügel, auf dem ein Feuerturm stand. Auf einer vereisten, schnurgeraden Straße glitt der Schlitten in Richtung Hafen. Alle Straßen waren hier gerade gezogen und von erstaunlich vielen neu aussehenden Steingebäuden gesäumt.
    »Vor ein paar Jahren hat es hier gebrannt«, erzählte Tilda. »Königin Kristina ließ die ganzen Holzhäuser a b reißen und baut jetzt Paläste. Wir fahren gerade auf der neuen Königinstraße, der › Drottninggatan ‹ !«
    Lovisa lächelte und sah aus dem Fenster. An diesem Vormittag ließ eine eisige Wintersonne ihre faltige Haut schimmern. Elin lehnte sich so weit wie möglich nach vorne, um einen Blick auf die Stadt zu erhaschen.
    Nach kurzer Zeit kam der Hafen in Sicht und dahinter, durch einen Graben von Eis getrennt – die Stadtinseln! Gesäumt von einem Ring von Schiffen, die über Winter an Land gezogen worden waren, lag Stockholm zwischen Mälarsee und Ostsee. Masten zeigten wie drohend erh o bene Lanzen g en Himmel. Und direkt zwischen ihnen, so erschien es Elin, ragte der hohe Turm einer Kirche aus dem Hä u sergewirr hervor. Das Geräusch der Pferdehufe wechselte von einem knirschenden Trappeln zu dumpfen, tiefen Schlägen. Schlittenkufen trafen an einigen Stellen auf Holz, als der königliche Tross über die Brücke fuhr, die das Festland mit der zentralen Stadtinsel verband. Stoc k holm selbst war ganz anders als die Gegend am Brunk e berg. Zwar bestand die erste Häuserzeile direkt am Hafen aus prächtigen, palastartigen Gebäuden – d a hinter jedoch, jenseits der großen Straßen, entdeckte Elin verwinkelte Gässchen und Märkte. Das war nicht die goldene Mä r chenstadt, von der Emilia erzählt hatte! Ganz gewöhnl i ches Ziegelwerk leuchtete, als wollte es die wenigen Stunden Licht in sich aufsaugen. Viele Hä u ser waren mit »Falurödfärg« gestrichen, der billigen r o ten Farbe aus den Kupferminen von Falun. Sogar Hol z gebäude en t deckte Elin in der Königsstadt. Die Straßen waren noch schmutziger als in Uppsala, aber was Elin wirklich e r schütterte, war die unüberschaubare Menge an Leuten. Noch nie hatte sie so viele Menschen gesehen – und noch dazu so viele, die fremdländische Kleidung trugen.
    »Mach den Mund wieder zu«, sagte Lovisa. »Schau lieber dorthin, da kommt das Westtor des Schlosses!« Unmerklich war der Weg steiler geworden. Als Elin g e nauer hinsah, erkannte sie Wallgräben, eine hohe Fe s tungsmauer und dahinter prächtige, helle Steingebäude, Türme und Spitzen. Das Schloss befand sich am Nor d ostrand der Insel – zum Teil sah es sogar so aus, als wäre das Gebäude ein Teil der Insel. Zwischen den kupferg e deckten Zinnen und Gebäudedächern r agte ein runder Verteidigungsturm hervor. Nur bei genauem Hinsehen erkannte Elin auf seiner Spitze die drei goldenen Kronen.
    Die Kutsche fuhr durch das von zwei Rundtürmen flankierte Tor und dann scharf nach links in den rech t

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