Der Spiegel der Königin
ist Mu t terliebe. Nichts als gei s teskrankes Witwentheater.« Keuchend rang sie nach Luft. Elin strich ihr das Haar aus der Stirn.
»Versprich mir eins«, flüsterte die Königin mit g e schlossenen Augen. »Begrabe endlich deine Mutter. Du siehst, was geschieht, wenn man sich zu sehr an die T o ten klammert. Sie kehren nicht zurück. Man selbst ist es, den sie mit sich ins Grab ziehen.«
Elin schluckte und ließ es zu, dass ihr die Tränen über die Wangen rannen. Seltsamerweise tat es gut, zu we i nen. Sie kam s ich vor, als würde sie in einem Trümme r feld sitzen, und hatte unendlich Mitleid mit der Königin – und ein wenig auch mit sich selbst.
Mit einer großzügigen Apanage zog Maria Eleonora we i ter auf ihren Witwensitz nach Nyköping. Im Schloss a t mete man erleichtert auf. Nach einigen Wochen e r schien Kristina völlig abgemagert im Arbeitskabinett. Alles ging weiter wie bisher, nur Elin war nicht mehr dieselbe. Sie vergrub sich noch tiefer in ihre Bücher und betäubte i h ren Schmerz mit Wissen. Das Studium linderte die Ei n samkeit, die sie vor allem nachts spürte. Ha m pus, der sie oft mit einem verwunderten Lächeln betrachtete, bemer k te, sie wüsste bald mehr als er und die Mathematikst u denten zusammen.
»Du brauchst schon wieder ein neues Kleid«, sagte Lovisa eines Morgens, während sie die Kleidertruhe in Elins Zimmer inspizierte. »Wie wäre es mit einem bla u en? Tiefes Dekollet é e – inzwischen kannst du es tr a gen.«
»Am liebsten habe ich mein Reitkleid. Es war mir o h nehin zu groß, als ich es bekam. Und man kann die Schnürbrust weiter machen.«
»Ich kenne jemanden, der eine etwas damenhaftere Erscheinung zu schätzen weiß.« Lovisa lächelte Elin ve r schwörerisch zu. »Zumindest hat er sich schon in dein Porträt verliebt.«
Elin blickte irritiert von ihrem Brief auf, den sie ger a de an Emilia schrieb.
»Mein Porträt?«
»Was dachtest du denn, wofür ich die Miniaturen brauche?« Elin warf die Feder so heftig auf den Tisch, dass die Tinte quer über das Blatt spritzte.
»Du willst mich verschachern?«
»Ich verschaffe dir eine großartige Chance! Dein Ve r ehrer ist ein Kaufmann namens Gustav Nilsson, ein a n ständiger Mann, der vor fünfzehn Jahren Witwer gewo r den ist …«
»Vor fünfzehn Jahren ? «
»Er ist wohlhabend und hat es nicht nötig, Geld zu e r heiraten. Und mit seinem Namen würdest du …«
»Lovisa!«
»Lerne ihn doch erst einmal kennen.«
»Das brauche ich nicht.«, schrie Elin sie an. Jetzt wu r de auch Lovisa wütend.
»Aber es wäre das Beste für dich, zu heiraten«, sagte sie streng. »Sei froh, dass überhaupt jemand ein Hure n kind wie dich will.«
»Aber das Hurenkind will nicht!«
Lovisa warf das Kleid, das sie gerade begutachtet ha t te, in die Truhe zurück und knallte den Deckel zu.
»Du hörst mir jetzt zu, Elin!«, keifte sie. »Ich musste dankbar sein, dass Gustav Adolf mich nach dem Tod meines Mannes ins Schloss aufgenommen hat. Wohin hätte ich auch gehen sollen ? Und jetzt friste ich hier mein Dasein als Gänsemagd für die adligen Töchter. Willst du so enden?«
»Besser so, als wenn ich mich als Ehefrau kaufen la s se.«
Lovisas Züge verhärteten sich noch mehr.
»Du weißt nicht, wovon du sprichst. Ein Arzt kannst du als Frau nicht werden, bilde dir das nur nicht ein. Noch bist du Kristinas Spielzeug und sie lässt dich g e währen. Aber auch eine Königin kann sterben – und dann hast du an diesem Hof nur Feinde und keinen Schutz mehr. Oxe n stiernas Sohn wird dich nur zu gern wieder in den Stall zurückjagen, aus dem du gekommen bist.«
»Es reicht, Lovisa«, sagte Elin eisig. »Ich brauche kein neues Kleid und schon gar keinen Ehemann.« Wütend raffte sie ihre Unterlagen zusammen und stürmte aus i h rem Gemach.
Wie erwartet fand sie Hampus in der Bibliothek. Er schreckte hoch, als sie ihre Bücher mit Schwung auf den Tisch warf.
»Habe ich etwas verpasst?«, fragte er ruhig. »Ist der Krieg vorbei?«
»Mein Krieg hat eben erst begonnen!«, rief Elin e m pört aus. »Lovisa hat sich in den Kopf gesetzt, mich zu verheiraten!«
»Es dürfte wohl leichter sein, Enhörning über rohe E i er tanzen zu lassen. Wer ist der Glückliche?«
Gegen ihren Willen musste Elin lachen.
»Ein gewisser Gustav Nilsson.«
Hampus pfiff durch die Zähne.
»Sehr reich.« Er beugte sich wieder über sein Buch. »Und – wirst du darüber nachdenken ? «
»Was gibt es da nachzudenken?« Missmutig ließ sich
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