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Der Spiegel der Königin

Der Spiegel der Königin

Titel: Der Spiegel der Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: balzon
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hingen von der Decke. Die Sitze waren mit Teppichen belegt. Die Sitzreihen selbst teilten sich in zwei Bereiche – für Adlige und Nichtadlige. No r malerweise wäre Elin zu ihrem Ehrenplatz in der Nähe von Kristina gegangen, heute aber wollte sie bei Hampus und seiner Tante sein. Helga begrüßte sie mit einer her z lichen Umarmung. »Mein liebes Kind!«, rief sie. »Ich freue mich, dich zu sehen – du warst lange nicht mehr bei mir in den Küchenräumen!«
    Elin lächelte und nahm neben Hampus Platz. Die M u siker stimmten ihre Instrumente. Alle Augen waren auf den Vorhang aus glänzender weißer Atlasseide gerichtet. Es roch nach Farbe, nach schwerem Parfüm und Puder. Fächer e r weckten den Eindruck, als säße ein ganzer Schwarm fla t ternder Vögel mitten im Publikum. Kristina hatte bereits in ihrem Sessel in der ersten Reihe Platz genommen und ließ ihren Blick über das Publikum schweifen. Als sie Elin entdeckte, lächelte sie und nickte ihr zu. Elin erw i derte ihren Gruß. Mit Unbehagen sah sie, dass Monsieur Tervué ganz in Kristinas Nähe saß und mit dem Bo t schafter Monsieur Chanut plauderte.
    Wenig später wurden die Kerzen der Lüster im hint e ren Teil des Raumes gelöscht und der Vorhang schwang wie von Geisterhand auf. Ein Schleiervorhang in Blau und Gelb erschien, dann wurde auch er weggezogen. Elin hielt sich unwillkürlich an ihrem Fächer fest. Das G e mälde des rosenfarbenen Frühlings war lebendig gewo r den! Zarte Wolken bewegten sich vor einer gemalten Landschaft. Blütenblätter aus Seide rieselten auf die Bühne und der Duft von Rosen verbreitete sich im ga n zen Raum. Es war eine kleine, abgeschlossene Welt für sich, so entrückt und doch so real wie die Lehne, die g e gen Elins Schulterblätter drückte. In diesem Augenblick, als sie in das rosenfarbene Land blickte, sah sie ihr Leben an sich vorbeiziehen. Sie sah sich in vielen Jahren – mit Hampus, der sein scherzhaftes Versprechen wahr g e macht hatte. In dieser Zukunft war sie die angesehene Frau und Gehilfin des Leibarztes Hampus Lundell. Sie würden sich küssen und das Bett teilen und sie würde gerne in seiner Nähe sein. Verstohlen blickte sie nach links und betrachtete sein Profil. War so die Liebe?
    Ein Schauspieler trat auf die Bühne und begann in g e stochenem Französisch ein langes Gedicht zu rezitieren. Er lobte den Frieden und die Weisheit und Güte der K ö nigin, ihre Liebe für ihr Land und für die Menschen. Dann spie l ten die Geigen auf – und eine weitere Gestalt erschien.
    Seidene Rosen zierten ihr Kleid, Schleier wehten. Die Venus! Elin blinzelte und erkannte Fräulein Ebba. Mit eleganten, grazilen Bewegungen begann sie zu tanzen. Anmutig schwang sie ihre Arme und setzte die Füße zu zierlichen Schritten im Takt der Musik voreinander. Elin starrte auf das rosenfarbene Land, bis sie ganz darin ve r schwunden war, bis die Venus sie umarmte und küsste, bis sich die aufgesteckte Frisur der Göttin löste und weißblondes Haar ihr über den Rücken fiel. Dann ve r blasste das Gespenst ihrer Mutter allmählich, drehte sich anmutig ein letztes Mal zum Publikum um und löste sich schließlich auf.
    Erst der Applaus holte Elin wieder in die Wirklichkeit zurück. Fräulein Ebba verbeugte sich und Kristina war so begeistert, dass sie zu der Tänzerin rannte und sie, kaum dass sie die Bühne verlassen hatte, umarmte. Monsieur Tervué betrachtete diese vertraute Geste so angewidert, dass Elin schauderte.

 
     
     
    TEIL IV

 
    Kristinas Kuss
     
     
     
    Ire Kronor, XXI. März 1649
     
    Liebe Emilia,
    w ie sehr hoffe ich, dass es Dir besser geht und die Med i zin von Doktor van Wullen Dir geholfen hat. Ich schicke Dir diesmal sieben Riksdaler. Von Erik Gy l lenhielm hörte ich, dass Du nicht mehr in der Küche arbeitest und in ein Dorf außerhalb von Uppsala g e zogen bist. Ich wü n sche Dir das Beste und freue mich so sehr auf den Tag, an dem wir uns endlich wieder sehen! Stell Dir vor: S o bald die Kunstschätze aus Prag da sind, darf ich die Königin nach Uppsala b e gleiten. Alle warten seh n süchtig auf das Schiff, das die Kunstwerke bringt. Im Schloss drücken sich die Laka i en ständig in der Nähe der Fenster herum, um einen Blick auf die ankommenden Schiffe we r fen zu können. Seit sich herumgesprochen hat, wie großzügig die K ö nigin den Friedensboten b e lohnt hat, ist hier jeder versessen darauf, ihr als Erster die Nachricht von dem Schiff aus Prag überbringen zu können. Selbst J o han

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