Der Spiegel der Königin
wertvoll.«
Elin starrte immer noch die Kette an. Schwer wie ein Mühlstein lag sie in ihrer Hand. Frau Gudmund leckte sich wohl schon zum hundertsten Mal über die Lippen. Tränen standen in ihren Augen.
»Emilia hatte ein Schriftstück an sich genommen. Nach dem Tod deiner … Ihrer Tante. Das ist alles, was wir wissen.«
»Wirklich alles?«
Die Gudmunds nickten wie Kinder, die froh waren, den Schlägen entronnen zu sein. Es kostete Elin viel B e herrschung, s ich umzudrehen und die Hütte würdevoll zu verla s sen. Der Rosenkranz hatte sich in ihrem festen Griff e r wärmt und glühte in ihrer Hand. Hampus sprang herbei und begleitete sie zu ihrem Pferd. Mit unbewe g tem G e sicht sah Henri zu, wie der Student ihr tröstend den Arm um die Schulter legte und wie Elin die Uma r mung ihres Freundes erwiderte, bevor sie auf das Pferd stieg.
Kristina starrte sie an, als hätte sie verkündet, dass sie Kester Leven heiraten wolle.
»Bist du sicher?«, rief sie.
»Nein«, antwortete Elin. »Aber es sieht ganz danach aus, als wäre mein Vater in Deutschland heimlich ko n vertiert. Wenn meine Vermutung richtig ist, starb er als Katholik. Seine Schwester hat versucht, es zu verheiml i chen. Emilia war die Einzige, die davon wusste.«
Kristina holte Luft und stützte sich auf dem Schrei b tisch auf.
»Der Rosenkranz beweist gar nichts. Er kann auch Kriegsbeute sein. Für einen einfachen Soldaten ist er e i niges wert.«
»Warum hat er ihn dann nicht zu Geld gemacht?«
»Er könnte auch deiner Mutter gehört haben. Es ist gut möglich, dass sie katholisch war.«
»Und warum hüten die Gudmunds das Geheimnis um meinen Vater um jeden Preis? Was ist mit dem Dok u ment?«
»Weißt du, was es bedeutet, wenn ein schwedischer Bürger katholisch wird?«, sagte Kristina. »Hochverrat. Wäre dein Vater nicht gestorben, hätte man ihn in Stoc k holm hingerich t et. Bei der Religion verstehen unsere h o hen Herren keinen Spaß. Und wie bringst du jetzt Kester Leven ins Spiel?«
»Er nannte mich Papistenkind. Das … könnte bede u ten, dass … ich ebenfalls katholisch getauft wurde. Wie meine Eltern. Emilia hat das Geheimnis bewahrt – sie war die Freundin meiner Tante. Ich bin überzeugt, dass sie sich vor ihrem Tod Kester Leven anvertraut hat. Er hat jetzt alle Unterlagen.«
Kristina stöhnte und vergrub ihre kräftigen Finger in ihrem Haar. »Guter Gott«, sagte sie.
»Was werden Sie tun, Kristina ? «
Die Königin zog überrascht die Brauen hoch.
»Tun? Gar nichts. Sollen wir das zu einem Skandal hochspielen? Soll ich einen Bediensteten des Bischofs beschuldigen, Dokumente zu unterschlagen ? Emilia hat sie ihm gegeben, alles andere zählt nicht.«
»Aber es sind meine Dokumente, was auch immer da r in steht! Es geht um meine Eltern!«
»Deine Eltern sind unwichtig«, sagte Kristina hart. »Es geht um dich. Wenn ich Kester Leven richtig ei n schätze, wird er Emilias Geheimnis hüten – er mag eitel und dünkelhaft sein, aber er ist mit Herz und Seele Geis t licher und hat hohe moralische Prinzipien. Und du bist heute eine Lutheranerin wie wir alle, gleichgültig, wie deine Eltern dich auf dem Schlachtfeld getauft haben mögen.«
»Aber Kristina!«
»Leven untersteht direkt dem Bischof. Ich kann ihm nicht befehlen, seine Schubladen vor uns auszuleeren.«
Als sie sah, wie Elin mit den Tränen kämpfte, wurde ihr Gesicht ein wenig weicher.
»Versteh mich doch, Elin«, bat sie sanft. »Ich werde versuchen, etwas darüber in Erfahrung zu bringen, das verspreche ich dir. Aber der direkte Weg ist zu gefäh r lich. Nehmen wir an, jemand zettelt eine Intrige gegen dich an und behauptet, du seist schon immer katholisch gewesen und hättest dich bei Hof eingeschlichen, um deinen Glauben zu verbreiten. Oder du seist eine Spionin der Papisten. Nehmen wir an, die Gudmunds lassen sich bestechen, jeden Eid zu schwören, dass deine Feinde die Wahrheit sprechen. Dann könnte selbst ich dich nicht davor schützen, dass dein Kopf eines Tages am Südtor aufgespießt wird.«
Elin fröstelte. Kristina hatte Recht. Trotzdem brannten Wut und Enttäuschung in ihrer Brust. Die Königin griff zur Feder – ein Zeichen dafür, dass die Unterredung für sie beendet war. »Und nun zu eurer › Delegation ‹ «, sagte sie. »Solche Dinge dulde ich auf gar keinen Fall. Du wirst die Gudmunds mit einem angemessenen Betrag aus deinem Privatvermögen großzügig für den Schreck en t schädigen. Und Henri de Vaincourt und seine Freunde
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