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Der Spiegel im Spiegel

Der Spiegel im Spiegel

Titel: Der Spiegel im Spiegel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ende
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oder Mammuts, von Schafen jedenfalls nicht.
    Dennoch, der Anblick entsetzte uns, und das um so mehr, als wir sahen, daß die Metzger sich anschickten, ihre blutigen Lasten geradewegs in unsere Halle zu schleppen. Aus dem regelmäßigen Hooo-hupp war bald eine Art monotonen Singsangs geworden, zwei Zeilen, die immerfort wiederkehrten und in deren Rhythmus sich die Männer bewegten:
    Hol' das Opfer! Trag das Opfer! Wer kein Opfer bringt, wird Opfer... Wir alle fielen nach und nach in diesen Singsang ein, wohl in der törichten Hoffnung, den Metzgern auf diese Weise unsere Harmlosigkeit und unser gutes Gewissen zu beweisen, was die Befolgung der allgemeinen Anordnung betraf. Dabei zitterte jeder von uns vor der Möglichkeit, daß eines der in den Verschlagen versteckten Schafe anfangen würde zu blöken. Wir sangen immer lauter, um ein etwaiges verräterisches Geräusch unserer Tiere zu übertönen, aber glücklicherweise hielten diese sich erstaunlich still, ganz als ob sie die Gefährlichkeit der Lage begriffen hätten, was ja freilich nicht sein konnte.
    Der Zug der fleischbeladenen Metzger - inzwischen waren es übrigens viel mehr geworden, als überhaupt auf dem Lastwagen gekommen sein konnten - bewegte sich mit langsamen, prozessionsartigen Schritten genau auf die Stelle zu, wo ich mit Hanna, meiner Frau, stand. Ich zog sie beiseite, und während ich mich halb abwandte, bemerkte ich in der Wand hinter uns, zwischen zwei Verschlagen, eine Tür, die offenstand und in einen Keller hinunter zu führen schien. Die Metzger marschierten auf diese Tür zu und verschwanden, einer hinter dem anderen, mit ihren Lasten in der Tiefe.
    Merkwürdig war mir, daß keiner zurückkam. Der Zug bewegte sich, allem Anschein nach, nur in einer Richtung, nur vom Lastauto vor der Halle zu der Kellertür. Diese Tatsache faszinierte mich so sehr, daß ich meinen Blick lange Zeit nicht von den vorüberziehenden Gestalten abwenden konnte. Ich sagte mir, daß sie wohl durch eine andere Tür ans Tageslicht zurückkehren müßten, aber sobald ich versuchte, mir eines der Gesichter einzuprägen, um es beim nächsten Gang wiederzuerkennen, machte mir ärgerlicherweise meine Kurzsichtigkeit zu schaffen, und das Gesicht verschwamm, obwohl ich meine Brille aufhatte und die Augen zusammenkniff. Ich konnte mir das nicht recht erklären. Ich war, wie man das bei uns nennt, plötzlich schafssichtig geworden, denn wie man weiß, sehen Schafe ja, vor allem, wenn sie in Angst geraten, undeutlich oder auch doppelt.
    Eine unerträgliche Spannung hatte mich ergriffen, und ich drehte mich nach Hanna um, in der Hoffnung, aus ihrer Miene irgendeine Beruhigung oder Aufmunterung herauszulesen. Aber sie war inzwischen fortgegangen, sie hatte wohl den Anblick der Metzger nicht länger ertragen.
    Ich zwang mich zu äußerlicher Gelassenheit und schlenderte, laut das Lied der Metzger mitsingend, zwischen unseren Leuten umher. Die Halle hatte eine Art Seitenschiff, und dort drüben sah ich endlich für einen Augenblick die braun-weißen Karos von Hannas Kleid aufleuchten. Ich eilte zu ihr hinüber und sah, daß sie mit meiner alten Mutter sprach, die auf einem kleinen Klappstühlchen vor ihr saß.
    «Da bist du ja!» sagte ich etwas atemlos.
    Sie blickte kurz auf, nickte mir lächelnd zu, beugte sich wieder zu meiner Mutter herunter und redete halblaut mit ihr.
    Ich schaute über die Schulter zurück. Noch immer zogen die Metzger in ununterbrochener Reihe ein, noch immer sangen sie ihr Lied und schleppten ihre fürchterlichen Lasten. Und dort drüben, bei der Tür, neben der ich vorher mit ihr gestanden hatte, stand Hanna, stand dort noch immer! Zwar hatte sie mir den Rücken zugewendet, aber ich erkannte sie an den großen braunweißen Karos ihres Kleides, an dem roten Schimmer ihres Haars, an ihrer Gestalt, ihren Bewegungen. Sie hatte beide Arme wie zum Tanz seitwärts erhoben, schnippte mit den Fingern und wiegte sich leicht im Takt des Singsangs.
    Ich fuhr herum. Vor mir stand ebenfalls Hanna, noch immer im Gespräch über meine Mutter gebeugt!
    Ich packte sie hart am Arm und riß sie hoch.
    «Du tust mir weh!» sagte sie. «Was soll das?»
    Ich konnte vor Erregung nicht sprechen. Mit ausgestrecktem Arm zeigte ich zu der anderen Hanna hinüber. Aber die, deren Handgelenk ich umklammert hielt, schien nicht zu begreifen, was mich erschreckte. Sie sah mich an und schüttelte ein wenig irritiert den Kopf. Ihr Gesicht erschien mir wie ein weißer Fleck.
    «Ja,

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