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Der Spieler (German Edition)

Der Spieler (German Edition)

Titel: Der Spieler (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paolo Pacigalupi
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fa’ gan -Wucherung oder riesig wie die Megodonten – nichts davon lässt sich aufhalten. Und während das Königreich darum ringt sich anzupassen, schleicht Tranh einem Aufziehmädchen hinterher, sie beide so invasiv wie Rostwelke auf einer Durianfrucht und ebenso willkommen.
    Die Bewegungen des Mädchens mögen unregelmäßig sein, doch sie kommt schnell vorwärts. Tranh hat Schwierigkeiten, mit ihr Schritt zu halten. Seine Knie knirschen und mahlen, und immer wieder beißt er vor Schmerzen die Zähne zusammen. Manchmal fällt er und stößt dann ein gedämpftes Ächzen aus, aber er bleibt ihr auf den Fersen. Das Aufziehmädchen, ihm stets ein Stück voraus, huscht von Schatten zu Schatten. Ihr abgehackter Gang zeigt überdeutlich, dass sie, wie schön sie auch sein mag, kein Mensch ist. Ganz gleich, wie intelligent sie ist oder wie stark, wie glatt ihre Haut, sie ist ein Aufziehmädchen und damit die geborene Dienerin – und als solche gekennzeichnet durch eine genetische Spezifikation, die sie mit jedem unnatürlichen Schritt verrät.
    Schließlich, als Tranh glaubt, dass ihm seine Beine ein für alle Mal den Dienst versagen und dass er nicht mehr weiter kann, hält das Aufziehmädchen inne. Sie steht im dunklen Eingang eines zerfallenden Hochhauses, ein Turm so riesig und erbärmlich wie der, in dem Tranh wohnt, ein weiterer Kadaver, der nach der Expansion zurückgeblieben ist. Von hoch oben hallt Gelächter und Musik zu ihnen herab. An den Fenstern in den obersten Stockwerken schweben, in rotes Licht getaucht, die Umrisse von Menschen vorbei, die Silhouetten tanzender Frauen. Männerstimmen und das Wummern von Trommeln. Das Aufziehmädchen verschwindet in dem Eingang.
    Wie wäre es, ein solches Gebäude zu betreten? Baht wie Wasser auszugeben, während Frauen tanzen und lüsterne Lieder singen? Jetzt bereut Tranh, dass er sein letztes Geld für Whisky ausgegeben hat. Hier hätte er sterben sollen. Umgeben von fleischlichen Gelüsten, die ihm verwehrt sind, seit er sein Land und sein Leben verloren hat. Er schürzt die Lippen und denkt nach. Vielleicht kann er sich hineinmogeln. Immerhin trägt er einen Anzug der Brüder Hwang. Vielleicht wirkt er noch wie ein vornehmer Herr. Ja. Er wird es versuchen, und sollte er hinausgeworfen werden und ein letztes Mal das Gesicht verlieren – was soll’s? Bald wird er sowieso tot im Fluss treiben, dem Meer entgegen, wo seine Söhne ruhen.
    Er will die Straße überqueren, doch sein Knie gibt nach und er fällt erneut hin. Es gelingt ihm, die Whiskyflasche zu retten, eher mit Glück denn Geschicklichkeit. Der Rest der bernsteinfarbenen Flüssigkeit schimmert im Licht der Methanlampen. Er zieht eine Grimasse und setzt sich auf. Mühsam schleppt er sich in einen Hauseingang. Erst ein wenig ausruhen und die Flasche leertrinken. Das Aufziehmädchen wird sehr wahrscheinlich länger dort sein. Ihm bleibt Zeit sich zu erholen. Und wenn er dann noch einmal stürzt, wird er wenigstens keinen guten Schnaps vergeuden. Er setzt die Flasche an die Lippen und lässt seinen müden Kopf gegen die Mauer sinken. Erst mal in Ruhe durchatmen.
    Gelächter schreckt ihn aus seinen Gedanken. Ein Mann kommt, sichtlich betrunken, aus dem dunklen Eingang des Hochhauses gestolpert. Weitere Männer folgen ihm dichtauf. Sie lachen und schubsen einander herum. Zerren kichernde Frauen hinter sich her. Winken Rikschas heran, die in dunklen Gassen auf Fahrgäste warten. Langsam gehen sie auseinander. Tranh hebt seine Whiskyflasche. Sie ist leer.
    Zwei weitere Männer treten aus dem Maul des Hochhauses. Einer von ihnen ist Ma Ping. Der andere ein Farang , bei dem es sich nur um Mas Boss handeln kann. Der fremde Teufel winkt einer Rikscha. Steigt hinein und verabschiedet sich. Ma hebt die Hand, und seine goldene, mit Diamanten besetzte Armbanduhr funkelt im grünen Licht. Tranhs Armbanduhr. Tranhs Vergangenheit. Tranhs Erbstück, unübersehbar. Tranh beißt sich auf die Unterlippe. Wenn er sie dem jungen Kerl doch nur vom Handgelenk reißen könnte!
    Die Rikscha des Farang setzt sich quietschend in Bewegung. Ma bleibt alleine zurück. Er steht mitten auf der Straße, ein breites Grinsen im Gesicht. Offenbar überlegt er, ob er in die Bar zurückkehren soll, aber dann lacht er, dreht sich um und kommt über die Straße gelaufen, direkt auf Tranh zu.
    Tranh drückt sich in den Hauseingang – er möchte nicht, dass Ma ihn in einem solchen Zustand sieht. Diese Demütigung könnte er nicht ertragen. Ma

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