Der Spieler
deutlich, bewußt zur Schau getragenen ironischen Miene. Überhaupt gab er sich äußerst herablassend. Ich meinerseits gab mir alle Mühe, den Eindruck zu erwecken, daß ich die Angelegenheit mit äußerstem Ernst betrachtete. Ich erklärte, daß, da der Baron sich an den General mit einer Klage über meine Person gewandt hätte, als wäre ich ein Diener aus dem Gefolge des Generals, er erstens mich um meine Stellung gebracht und zweitens mich als eine Person behandelt hätte, die, außerstande, eine eigene Antwort zu geben, einer Unterhaltung weder wert noch würdig ist. Natürlich fühlte ich mich mit Recht gekränkt, aber des Altersunterschiedes, der Gesellschaftsstellung eingedenk und so weiter und so weiter (hier konnte ich das Lachen kaum verbeißen), möchte ich jede weitere Unbedachtsamkeit vermeiden, das heißt weder eine Satisfaktion von dem Baron persönlich fordern noch auch nur den bloßen Vorschlag einer Satisfaktion an ihn schicken. Nichtsdestoweniger halte ich mich für berechtigt, ihm und ganz besonders der Frau Baronin meine Entschuldigung persönlich darzubringen, zumal ich mich tatsächlich in letzter Zeit nicht ganz gesund fühlte, angegriffen und sozusagen verträumt, und so weiter und so weiter. Allerdings hätte der Baron persönlich durch seine gestrige mich dermaßen kränkende Bitte an den General und das ausdrückliche Verlangen, der General möge mich entlassen, mich in eine so mißliche Lage gebracht, daß es nun für mich unmöglich geworden sei, ihm und der Frau Baronin meine Entschuldigung zu unterbreiten, weil sowohl er als auch die Frau Baronin, als auch die ganze Welt mit Sicherheit denken müßten, daß ich mit meinen Entschuldigungen vor lauter Sorge erschiene, weil ich meine verlorengegangene Stellung wiedererlangen möchte. Aus alledem folge, daß ich mich nun gezwungen sähe, den Baron zu bitten, er möge sich als erster bei mir entschuldigen, in den gemäßigtsten Ausdrücken – zum Beispiel, daß er nicht vorgehabt hätte, mich zu kränken. Und sobald der Baron dies ausspräche, würde ich frei, offenherzig und aufrichtig ihm meine Entschuldigung darbringen. »Mit einem Wort«, schloß ich, »ich bäte nur, daß der Baron mir diese Freiheit vergönne.«
» Fi donc , welch eine Korrektheit und welches Raffinement! Und wozu müssen Sie sich entschuldigen? Aber geben Sie doch zu, Monsieur … Monsieur …, daß Sie das alles mit Bedacht inszenieren, um den General zu ärgern … vielleicht verfolgen Sie auch irgendwelche besondere Absichten … mon cher monsieur … pardon, j’ai oublié votre nom, monsieur Alexis? … N’est-ce pas? «
»Aber gestatten Sie, mon cher marquis , was geht Sie das alles an?«
» Mais le général …«
»Und was geht es den General an? Gestern hat er davon geredet, er müsse auf sich ganz besonders achtgeben … und war darum so besorgt … aber ich habe rein gar nichts verstanden …«
»Gerade hier, gerade hier liegt der besondere Umstand, der …«, fiel des Grieux in bittendem Ton ein, aus dem der wachsende Verdruß nicht zu überhören war. »Sie kennen doch Mademoiselle de Cominges? …«
»Das heißt Mademoiselle Blanche?«
»Nun ja, Mademoiselle Blanche de Cominges … et madame sa mère … Sie müssen das doch zugeben, daß der General … kurz, der General ist verliebt und sogar bereit … es könnte durchaus sein, daß es hier sogar zur einer Heirat kommt. Und nun stellen Sie sich dabei die verschiedenen Skandale und Geschichten vor …«
»Ich sehe hier weder irgendwelche Skandale noch Geschichten, die etwas mit einer Heirat zu tun hätten.«
»Aber le baron est si irascible, un caractère prussien, vous savez, enfin il fera une querelle d’Allemand .«
»Das betrifft doch mich und nicht Sie, da ich nicht mehr zum Haus gehöre …« (Ich gab mir alle Mühe, mich möglichst dumm anzustellen.) »Aber erlauben Sie, ist es denn bereits entschieden, daß Mademoiselle Blanche den General heiraten wird? Worauf wird denn immer noch gewartet? Ich meine – warum wird denn daraus ein Geheimnis gemacht, jedenfalls uns gegenüber, der Familie?«
»Das kann ich Ihnen nicht … übrigens ist es noch nicht ganz … allerdings … es wird, wie Sie wissen, noch eine Nachricht aus Rußland erwartet; der General muß seine Verhältnisse ordnen …«
»Ah, ah! La baboulenka !«
Des Grieux warf mir einen haßerfüllten Blick zu.
»Kurz«, er fiel mir ins Wort, »ich verlasse mich uneingeschränkt auf die Ihnen
Weitere Kostenlose Bücher