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Der Spinnenkrieg

Der Spinnenkrieg

Titel: Der Spinnenkrieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Scheu mehr. Sie hatte bisher nicht mit Skudder darüber gesprochen, aber sie war sicher, daß es ihm genauso erging: Während ihres Aufenthaltes im Hyperraum war irgend etwas mit ihnen geschehen. Es war, als wären sie für einen winzigen Moment eins gewesen. Sie erinnerte sich nicht mehr daran. Sie fühlte nur noch die Erinnerung an eine Erinnerung, aber selbst dieses Gefühl war von unbeschreiblicher Wärme und Tiefe. Für einen zeitlosen Moment hatten sie mehr miteinander geteilt als Menschen jemals zuvor, der eine hatte die Gedanken des anderen, seine geheimsten Wünsche und Sehnsüchte, aber auch Ängste gespürt und geteilt. »Wie steht die Partie?« fragte sie, als Harris nach einem Bauern griff und die Hand dann wieder zurückzog, ohne die Figur zu berühren. »Nicht besonders gut, fürchte ich«, sagte Harris. Skudder winkte ab. »Glaub ihm kein Wort. Er läßt mich absichtlich gewinnen.« »Ich spiele nicht besonders konzentriert«, gestand Harris mit einem verlegenen Lächeln. »Um ehrlich zu sein – ich denke die ganze Zeit darüber nach, wie ich Governor Stone unter vier Augen sprechen könnte.« Er sah Charity fragend an. »Sie könnten mir nicht dabei helfen?« Charity nippte erneut an ihrem Kaffee und zuckte mit den Schultern. Sie verzog das Gesicht; der Kaffee schmeckte widerlich.  »Das kommt darauf an, weshalb.« »Ich habe es durchgerechnet«, antwortete Harris. »Mein Sold betrug damals rund zweihundert Pfund die Woche. Bei siebenundfünfzig Jahren macht das über den Daumen gepeilt hundertdreißigtausend Pfund, die mir die Army schuldet. Ich hätte gern gewußt, ob und wann ich sie bekomme.« Eine Sekunde lang starrte Charity Harris erstaunt an, dann bemerkte sie das spöttische Glitzern in seinen Augen und begann schallend zu lachen. Auch Skudder lachte, während Harris sich mit erstaunlicher Schauspielkunst völlig ernst hielt und sogar eine gewisse Empörung auf seine Züge zauberte. »Ich verstehe überhaupt nicht, was es da zu lachen gibt«, sagte er. »Das ist eine Menge Geld.« »Ihre Sorgen möchte ich haben«, sagte Charity kopfschüttelnd und trank wieder einen Schluck von dem ekelhaften Kaffee. Sie überlegte einen Moment, ob etwas mit dem Wasser nicht in Ordnung war. Aber wahrscheinlich lag es an ihr. Sie war auch an diesem Morgen mit hämmernden Kopfschmerzen und einem widerwärtigen Geschmack im Mund wach geworden, und im Grunde hatte sie sich den ganzen Tag über nicht besonders wohlgefühlt. Wahrscheinlich hatte sie ihrem Körper in den letzten Monaten einfach zuviel zugemutet. Selbst eine berufsmäßige Heldin brauchte vielleicht ab und zu eine Verschnaufpause. »Sie haben ganz andere Sorgen«, sagte Harris, als sie sich wieder zu ihm herumdrehte. Charity tauschte einen raschen Blick mit Skudder, ehe sie antwortete. Sie fragte sich, ob der Hopi Harris von ihrem Verdacht erzählt hatte. »Sorgen ist vielleicht zuviel gesagt«, gestand sie. »Ich …« Sie suchte einen Moment nach Worten und rettete sich dann in ein fast verlegenes Lächeln. »Es ist einfach alles zuviel«, sagte sie. »Und es ging zu schnell. Sie können das wahrscheinlich nicht verstehen, Harris. Aber es fällt mir einfach schwer, die Jared plötzlich als unsere Verbündeten zu sehen.« Harris nickte. Er nahm den kleinen Bauern, machte aber keinen Zug, sondern begann mit der kleinen Figur zu spielen. »Warum sollte ich das nicht verstehen?« fragte er. »Weil Sie erst vor wenigen Tagen aus dem Schlaftank gekommen sind«, antwortete Charity. »Für Sie muß das alles hier neu und erschreckend sein, so wie es für mich damals war, als ich aufwachte.« Harris nickte. »Ich habe einen Heidenschrecken bekommen, als ich diese Spinnengesichter das erste Mal gesehen habe«, sagte er. »So wie ich«, antwortete Charity. »Und trotzdem ist es ein Unterschied. Sehen Sie, Harris – ich kämpfe jetzt seit Monaten gegen diese Wesen. Skudder kennt sie sein Leben lang als seine Feinde. Ich habe gesehen, wie sie Menschen getötet und ganze Städte dem Erdboden gleichgemacht haben. Ich habe Geschöpfe wie Kias gejagt und bin von ihnen gejagt worden. Und ich mußte mit ansehen, wie sie meine Freunde umgebracht haben. Ich weiß, daß es falsch ist und vermutlich dumm. Aber ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut. Ich brauche Zeit, um zu begreifen, daß sie plötzlich unsere Freunde sein sollen.« Harris hörte auf, die kleine Elfenbeinfigur in den Fingern zu drehen. »Sein sollen?« fragte er. »Sind«,

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