Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Spinnenmann

Der Spinnenmann

Titel: Der Spinnenmann Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Terje Emberland
Vom Netzwerk:
unter Journalisten und Polizisten überaus beliebt. Auch die Kriminalreporter kehrten im Justisen ein, um neue Informationen zu überprüfen, um nach Tipps zu fischen oder einfach mit Freunden bei Polizei und Rechtswesen ein Bier zu trinken. Es kam durchaus vor, alle Stars der Branche an einem Tisch sitzen zu sehen, wo sie darüber sprachen, wie ein Fall präsentiert werden sollte. Knutsen von Tidens Tegn, Kielland von Dagbladet und Jacobsen von Morgenbladet.
    Auch der überaus mäßige Mr. George musste sich regelmäßig ins Justisen begeben, um mit seinen Konkurrenten Schritt halten zu können. Nachdem der Brand Setzerei und Klischeeanstalt von Arbeiderbladet zerstört hatte, machte er dieses biergeschwängerte Lokal mehr oder weniger zu seinem festen Arbeitsplatz. Das hatte seine natürliche Erklärung. In unseren provisorischen Redaktionsräumen waren die verschiedenen Abteilungen auf viel zu kleinem Raum zusammengepfercht. Oft hatten wir nur eine Tischkante als Arbeitsfläche. Unmittelbar vor Drucklegung der Zeitung wurde die Redaktion zu einer unvorstellbaren Hexenküche.
    Als ich das Justisen betrat, war Mr. George der einzige Pressemann, der dort saß. An sich hatte ich mit so etwas gerechnet. Es war der Tag, an dem alle Osloer Zeitungen ihre Leute in alle Himmelsrichtungen aussandten, um exklusive Neuigkeiten über den Rustadmord aufzuspüren.
    Mr. George saß auf einem der hohen roten Ledersofas auf der Seite zur Ploens gate. Er winkte mich zu sich, füllte zwei Gläser mit Malzbier und schob das eine über den Tisch.
    »Wir nehmen uns zuerst die Zeitpunkte vor«, sagte er.
    Ich griff zu meinen Notizen. »Rustad wird um kurz nach halb eins in seinem Büro angerufen. Niemand weiß, von wem. Seinem Vorarbeiter auf dem Lagerplatz, Henriksrud, sagt er nur, er müsse in fünf Minuten jemanden treffen. Danach fährt er auf die andere Straßenseite und hält in der Nähe des Cafe Kielland. Hier trinkt er Kaffee, isst Brötchen und liest danach Zeitung. Frau Jensen, die das Cafe betreibt, sagt, dass er um Viertel nach eins gegangen ist, vermutlich zu seinem Wagen. Danach …«
    Mr. George fiel mir ins Wort. »Rustad war also mit diesem Mann im Cafe Kielland verabredet. Danach wollten sie mit dem Wagen des Großhändlers weiterfahren?«
    »Sieht so aus. Aber der Mann hat nicht vor, zusammen mit Rustad gesehen zu werden. Ich vermute, er hat beim Auto auf den Großhändler gewartet. Es sieht außerdem so aus, als sei der Mann nicht allein gewesen.«
    Mr. George nickte. »Das kann stimmen. Ein älterer Mann hat den Dodge A 3133 um fünf nach halb drei in Richtung Stadt über den Trondhjemsvei fahren sehen. Hinter dem Lenkrad saß ein junger Mann mit schwarzem Mantel und grauem Hut. Er war sehr blass. Neben dem Fahrer sah der Zeuge ein großes dunkles Bündel. Auf dem Rücksitz saß jemand, den der Zeuge nicht beschreiben konnte. Die beiden Verbrecher hatten Rustad vermutlich in Ostre Aker erschossen, wo es etliche einsame Stellen gibt, an denen der Mord begangen worden sein kann.«
    Ich hatte dazu einen Trumpf im Ärmel: »Rustad wurde irgendwo im Süden von Alnabru ermordet«, sagte ich. »Und hör dir das an. Ich war in der Nähe, als es passiert ist. In Tveten.«
    »Das kannst du nicht wissen.«
    »Rustad wurde von vier Kugeln aus einer Automatikpistole getötet. Und ich habe ungefähr um Viertel nach zwei vier Schüsse gehört. Ungefähr so: Peng-Peng. Peng. Peng. Ich habe einen Vorschlag, Svendsen. Lass mich zurückfahren und den Tatort suchen.«
    »Du weißt sehr gut, wie ich das sehe: Wenn du der Polizei ins Handwerk pfuschst, legst du dich mit deinem besten Freund und deiner Quelle an. Wie oft soll ich dir noch sagen, dass ein Kriminalreporter niemals den Detektiv spielen darf?«
    Ich hatte natürlich gewusst, dass er so reagieren würde. Ich hörte mich wirklich an wie ein Anfänger. Nur gut, dass Mr. George nicht wusste, dass ich mich auch wie einer verhielt - und das immer häufiger. Gott weiß, warum. Vielleicht versuchte ich unbewusst, Mr. George herauszufordern? Oder vielleicht lag es daran, dass ich die Kriminalberichterstattung satt hatte?
    »Aftenposten schreibt, Zeugen beim Bahnhof Alnabru hätten der Polizei von den Schüssen erzählt«, sagte ich kleinlaut. »Die Gegend ist bestimmt schon durchsucht worden.«
    Aber das versetzte Mr. George nur in noch üblere Laune.
    »Erwähne diese Reportage nicht vor meinen Ohren«, sagte er.
    »Tut mir leid«, sagte ich.
    Mr. George beruhigte sich. »Du hast sie

Weitere Kostenlose Bücher