Der Spion der Fugger Historischer Roman
mit einem Arm zurück.
»Nicht!«, sagte er. »Sonst macht man Euch schneller den Garaus,als Ihr denkt. Und meine Bemühungen um Euer Leben waren vergebens.«
Der Fugger-Agent hielt Ausschau nach dem Kapitän, Francis Drake, ob der seinen Männern nicht Einhalt gebieten könnte. Doch Sachs entdeckte Drake in den Reihen seiner Männer; der Kapitän schien sogar derjenige zu sein, der sich am ungestümsten gebärdete und die Männer immer wilder zu ihrem grausamen Spiel antrieb.
Schon blutete Acosta aus vielen kleinen Wunden, und Sachs sah voller Ekel, wie der Geistliche vor panischer Angst die Gewalt über seine Blase verlor. Doch statt Erbarmen zu zeigen, grölte der Kapitän grausam lachend: »Er scheint leck zu sein! Holt das Pech und dichtet seine Fugen!«
Der Befehl des Kapitäns wurde sofort in die Tat umgesetzt. Und zwei Männer schafften hölzerne Eimer mit zähem schwarzem Pech herbei, mit dem normalerweise die Planken des Schiffs verstrichen wurden. Jetzt begannen die Matrosen, den Priester mit an Holzstielen befestigten Lumpen, die sie ins Pech tauchten, einzuschmieren. Nach kurzer Zeit sah der hemmungslos weinende de Acosta wie ein Stück Holzkohle aus.
Amman Sachs wandte sich an Walsingham, der ihn immer noch mit dem Arm zurückhielt: »Ihr müsst eingreifen! Ihr müsst diesem erbärmlichen Treiben ein Ende setzen, um Gottes willen!«
Der Engländer schüttelte langsam den Kopf, während er die immer grausamere Misshandlung des Paters beobachtete. »Legt Euch nie mit einer tobenden Meute an, wenn Ihr nicht selbst ganz schnell zu deren Opfer werden wollt. Das weiß jeder, der schon einmal eine Jagdgesellschaft mit wilden Hunden mitgemacht hat.«
Walsingham versuchte, zwischen den krakeelenden Männern hindurch zum Kapitän zu kommen und ihn beiseite zu nehmen. Da Drake selbst den größten Spaß an der Quälerei des Paters zu haben schien, war das gar nicht so einfach. Immer wieder stieß Drake seine Kumpane weg, um dem spanischen Priester mit seinem Säbel einen schmerzhaften Strich zu versetzen.
Schließlich gelang es Walsingham aber doch, den Kapitän aus dem mörderischen Kessel wegzuzerren und ihm ein paar eindringliche Sätze ins Ohr zu flüstern. Drakes von der erhitzten Raserei verschwitztes Gesicht wurde schlagartig ernst. Als Walsingham mit ihm fertig war, schien es für einen Moment, als wollte Drake sich wieder ins Getümmel stürzen. Dann bedachte er sich aber doch eines anderen und rief mit kräftiger Stimme seine Männer zur Ordnung.
Es dauerte eine Weile, bis die Matrosen sich beruhigt hatten und von dem armen José de Acosta abließen. Aus wie vielen Wunden der Priester mittlerweile blutete, war wegen des Pechs, mit dem er verschmiert war, nicht zu erkennen. Aber kaum hatten die Mannschaften sich in die Masten oder unter Deck zerstreut, brach der Spanier erschöpft zusammen. Amman Sachs eilte ihm zur Hilfe.
Gemeinsam mit Walsingham brachte er ihn in die Kapitänskajüte. Drake stürzte hinter ihnen her und wollte dies verhindern, doch sie beachteten ihn nicht weiter. In der Kajüte legten sie den Verletzten in Drakes Koje und versuchten ihn mit gewürztem Wein, den sie ihm einflößten, wieder zu Kräften zu bringen. Amman Sachs nahm zudem von dem Linnen, das Drake als Bettwäsche diente, um damit das zähe Pech von der Haut des Priesters abzuwischen.
Schließlich war es Drake, der aus einem Wandschrank eine ähnliche Flasche holte, wie sie auch der Kapitän drüben auf der
Aviso
hatte, und daraus dem Misshandelten kleine Schlucke einflößte. Amman Sachs roch wieder den scharfen Geruch des Armagnacs, des
aqua ardens.
Langsam kam de Acosta zu sich. Er stöhnte und jammerte. Der Fugger-Agent nahm dem Kapitän jetzt die Flasche aus der Hand und tränkte damit eines der Linnentücher. Mit dem feuchten Lappen begann er, den immer noch verschmutzten Körper abzureiben, was nun deutlich besser ging als zuvor. Doch das Stöhnen des Verletzten wurde heftiger.
»Was tut Ihr?«, protestierte Drake. »Das ist zum Trinken, nicht zum Waschen!«
Ehe Sachs etwas sagen konnte, entgegnete Walsingham an seiner Stelle: »Euer
aqua ardens
nennt man auch
aqua vitae,
das Lebenswasser, weil es Wunden mit seinem Geist ausbrennt. Ihr habt dem Mann diese Wunden beigebracht, nun werden wir sie mit Eurem Branntwein lindern.«
Amman Sachs fuhr fort, das Pech mit dem scharfen Gebräu zu entfernen. Erst jetzt stellte er fest, dass der Priester aus sehr vielen Wunden blutete.
»Was war der Anlass für
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